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Genossenschaft

Der Begriff der Genossenschaft wurde vor allem ab den 1950er Jahren durch die intensive Rezeption von Otto Gierkes Schriften grundlegend für die Geschichtswissenschaft. Dessen weit gespannter Genossenschaftsbegriff umfasst jede auf freier Vereinigung beruhende deutschrechtliche Körperschaft, von der Familie bis zum Staat, wobei Genossenschaft und Herrschaft in einer dialektischen Beziehung stehen. Peter Blickle zufolge trug Gierkes Werk entscheidend dazu bei, dass die ständische Gesellschaft, die Gemeinden der Stadt und des Dorfes und die sie prägenden oder ihnen vorausgehenden Zünfte und Bruderschaften in der Forschung als integrale Elemente der Verfassung und selbstständige Formen politischer Organisation allmählich Konturen gewannen. Dieser Genossenschaftsbegriff ist auch für die verfassungsgeschichtliche Betrachtung der schweizerischen Eidgenossenschaft von Bedeutung.

Im vorliegenden Artikel wird der Begriff der Genossenschaft enger gefasst. Er meint hier eine Gesamtheit von Personen, die als juristische Verbandsperson mit Organen konstituiert und Eigentümerin einer gemeinsamen Sache ist, des Gesamteigentums. Dieses kommt dem Personenverband und den einzelnen Genossen zu. Der Zweck der Genossenschaft besteht in der für alle Glieder wie für den Verband optimalen Nutzung der gemeinsamen Sache, die sich aus Weiden, Wald, Alpen, Gewässern und anderem mehr zusammensetzt, die meist von einer mittelalterlichen Gemeinmark herrühren. Die Genossenschaft ist also aus der mittelalterlichen Flurverfassung hervorgegangen. Andere Formen mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Genossenschaften werden hier ebenso wenig wie die neuzeitliche Genossenschaftsbewegung berücksichtigt. Von der Genossenschaft als Eigentumsstruktur müssen ihre Nutzungsformen unterschieden werden. Diese können genossenschaftlich wie individuell ausgestaltet sein; auch Mischformen kommen vor.

Theorien

Die Theorie der freien Markgenossenschaft beanspruchte vom 19. Jahrhundert bis um 1950 Gültigkeit für die Erklärung des Ursprungs der Genossenschaften. Die Landnahme der germanischen Völker in den eroberten Gebieten sei durch Sippen, sogenannte Hundertschaften, in den ihnen vom Fürsten zugewiesenen Gebieten erfolgt, den Marken, wobei die Bewirtschaftung des Bodens auf genossenschaftliche Weise geleistet worden sei. Ferner bildete dieser Theorie zufolge die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft der Sippe, die auch eine politisch-staatliche Einheit darstellte, die freie Markgenossenschaft. Durch die fränkische Reichsverfassung und das Lehenswesen sei diese frühmittelalterliche Ordnungsform überlagert oder gar verdrängt worden. Sie lebe aber in den bis heute bestehenden Allmendgenossenschaften (Allmend), Alp- und Waldgenossenschaften in Reliktform weiter.

Neuere Ansichten weisen demgegenüber darauf hin, dass die Markgenossenschaften erst im Hoch- und Spätmittelalter als Zusammenschlüsse bereits bestehender Dorfgenossenschaften oder durch Verdichtung nachbarschaftlicher Verbände geschaffen wurden, um die Nutzung der Gemeinmark in einem grösseren Rahmen zu regeln. Zentral für die Entstehung der meisten Genossenschaften waren demnach nicht die – quellenmässig nicht nachgewiesenen – frühmittelalterlichen Markgenossenschaften, sondern vor allem dörfliche Siedlungen und Nachbarschaftsverbände (Nachbarschaft).

Ausgestaltung im Mittelalter

Für die allgemeine Verbreitung und Ausgestaltung der Genossenschaft war die vor allem im Mittelalter und Hochmittelalter erfolgende rechtliche, besonders die lehensrechtliche Durchdringung der Allmenden, also der ausserhalb von Sondernutzung und vorerst allen offen stehenden Weide-, Wald- und Ödlandflächen, eine wichtige Voraussetzung. Seit fränkischer Zeit beanspruchten die Könige die herrenlosen Wälder und die ungenutzte Einöde als königliches Eigentum (Regalien). Nach und nach wurden auch die Allmendwälder in den Forstbann einbezogen, der dadurch zum Allmendregal ausgeweitet wurde. Weltliche und geistliche Herren wurden mit Forsten ausgestattet, die in ottonisch-salischer Zeit den Kern der materiellen Ausstattung der Reichskirche bildeten (Lehen). So bestätigte Kaiser Heinrich II. dem Kloster Einsiedeln 1018 den Besitz des unwegsamen Waldgebiets, das bis hinauf zum Gebirgskamm der Mythen reichte. Die Grundherren – Klöster und Adelige – verliehen Wälder und Einöden zum Teil weiter, im Spätmittelalter meist als Erblehen. Als Lehensnehmer fungierten Dorfgenossenschaften, Hofgruppen, Nachbarschaften, ganze Talschaften und Private (Feudalgesellschaft). Forstbann und Allmendregal gestatteten dem Adel, die Allmendverfassung zu bestimmen oder mindestens zu beeinflussen. Die Art der grundherrschaftlichen Durchdringung der verschiedenen Regionen sowie die vielfältige Gestaltung der lehensrechtlichen Verhältnisse trugen zur Entstehung verschiedener Formen von Genossenschaften bei.

Nicht weniger zentral waren die siedlungsgeschichtlichen Voraussetzungen. Im Mittelland, wo sich die Wohnstätten zu Dörfern verdichteten, war nebst Haus, Garten und Ackerflur die Gemeinmark für alle Dorfbewohner lebensnotwendig. Deshalb drängten sich Regelungen für die Nutzung der Gemeinmark und für die Bewirtschaftung der Ackerflur auf (Zelgensysteme). Daraus bildeten sich Dorfgenossenschaften, deren Nutzungsordnungen ab dem 10. Jahrhundert erhalten sind (Nutzungsrechte). Auch die Städte verfügten über eine Gemeinmark und erliessen entsprechende Vorschriften. Wo im hügeligen Alpenvorland Einzelhofsiedlungen vorherrschend waren wie im Emmental, schlossen sich die Höfe zu einfach ausgestalteten Allmendgenossenschaften zusammen. Wo in den Alpen Einzelhöfe und Weiler dominierten, bildeten sich vielerorts Talgenossenschaften, so in Uri, Ursern, Schwyz, Glarus, im Entlebuch, in Graubünden, besonders ausgeprägt in verschiedenen Walsersiedlungen, und in den Tessiner Tälern. Bisweilen deckten sich wie in Unterwalden die Allmendgenossenschaften räumlich mit den Kirchhören oder – wie in Einsiedeln und Gersau – mit grundherrschaftlichen Höfen.

Daneben entstanden besondere Genossenschaften, die bestimmten Zwecken dienten. Die wichtigsten sind die Alpgenossenschaften, die zahlreich im Alpengebiet und im Jura vorkommen. Aufgrund archäologischer, sprachlicher und namenkundlicher Belege ist eine alpwirtschaftliche Kontinuität von der vorrömischen Zeit über die provinzialrömische Epoche und das Auftreten germanischer Wander- und Siedlergruppen bis in die Gegenwart anzunehmen. Die "Lex Romana Burgundionum" (um 500) und das churrätische Tellotestament (765) bezeugen ein genossenschaftlich organisiertes, aber nach Einzelrechten betriebenes Alpen für romanisch besiedeltes Gebiet. Die Alemannen übernahmen bei ihrer Einwanderung viele der Rechts- und Wirtschaftsformen der einheimischen Bevölkerung. In der Sennerei finden sich im alemannischen Raum mehr vordeutsche Lehnwörter und genossenschaftliche, von männlichem Personal betriebene Wirtschaftsformen als im bayerisch-österreichischen Raum. Der alpwirtschaftliche Teil der Acta Murensia (1160) schildert auf alter Gewohnheit beruhende genossenschaftliche Alpwirtschaft in der Innerschweiz (Alprechte).

Die Alpweiden waren meist in die Nutzungsorganisation der Talgüter integriert. Wenn die Weiden in grundherrlichem Eigen standen, wurden sie oft als gesonderte Lehen ausgegeben, so bei den Klöstern Disentis, St. Gallen und Engelberg. Die Ausgestaltung der Lehensbriefe war entscheidend für die Herausbildung unterschiedlicher Formen von Alpgenossenschaften. Entlang den Flüssen und neben Bächen, zum Beispiel der Emme, bildeten sich Wuhrgenossenschaften. Zur Bewässerung von Wiesen entstanden Bewässerungsgenossenschaften. Bestand und Umfang der Genossenschaften waren einem regen Wandel unterworfen. Illustrativ hierfür sind die im 12. und 13. Jahrhundert entstandenen Genossenschaften der Walser im Alpengebiet, im Vorarlberg und Jura, die grosse Zahl von meist im Spätmittelalter durch Rodung und Kauf entstandenen Genossenschaften in der March oder die sogenannten Stierenberge im Solothurner Jura.

Die innere Organisation der Genossenschaften entfaltete sich auf gewohnheitsrechtlicher Basis. Schriftliche Satzungen setzten erst im 13. Jahrhundert ein, so zum Beispiel 1240 für die Eginenalp im Wallis. Die Einflussnahme der Grund- und Landesherrschaften war unterschiedlich. Wo diese dominierten – wie zum Beispiel der Bischöfe von Basel im Jura –, beanspruchten sie das Eigentum und die Verfügungsgewalt über die Gemeinmark, bestimmten die Nutzungsregelungen und waren als sogenannte Obermerker Hauptnutzniesser. Wo hingegen die herrschaftliche Durchdringung schwach war wie etwa in Uri und Schwyz, verfügten die Genossenschaften über die Allmend und gestalteten die Nutzung ohne fremde Beeinflussung.

Für diese Zeit ist allgemein eine zunehmende Verdichtung der Nutzungsregelung zu beobachten. Dies erfolgte durch den Zusammenschluss mehrerer Dorfschaften zu einer Markgenossenschaft. Häufiger aber wurde die Gemeinmark auf die einzelnen Dörfer, Weiler oder Nachbarschaften aufgeteilt. So entstanden in den Tessiner Tälern die Nachbarschaften (Degagna) und in Glarus die Tagwen; die Kirchhören gliederten sich in Obwalden in Teilsamen, in Nidwalden in Ürten und in Grindelwald in Bergschaften. Meist wurden derartige Entwicklungen durch häufig auftretende Nutzungskonflikte ausgelöst (Marchenstreit). In Uri und Schwyz sind die grossen Talgenossenschaften – die Korporationen Uri und Ursern bzw. Oberallmeind und Unterallmeind – gleichsam monolithisch erhalten geblieben. Die Versammlungsorgane der Genossen traten unter wechselnden Bezeichnungen wie etwa Genossame, Bäuert, Bergschaft, vicinantie und consortage als oberste Instanz der Genossenschaften hervor. Als Vorsitzende wurden Vögte, Bannwarte und Alpmeister bestellt; sie hatten auch die Beschlüsse zu vollziehen und Kontrollen durchzuführen. In ihrer ausgebildeten Form vermochten die Genossenschaften Mehrheitsbeschlüsse zu fassen. Sie waren aber in ihrer Beschlussfassung und Weiterentwicklung aus Rücksicht auf den einzelnen Genossen eingeschränkt. Ihr Recht über die Gemeinmark glich dem Gesamteigentum.

Die Gemeinmark in Siedlungsnähe, also Weiden, Bodenallmend und Wälder, wurde meistens von jedem Genossen einzeln genutzt. Genossenschaftlichen Charakter hatten die verschiedenenorts auf Allmenden angelegten Obstkulturen. Die Hütung des Viehs während der Frühlings- und Herbstweide und die Hütung der Heimkühe und Heimziegen in der Sommerzeit erfolgte meist gemeinsam durch einen von der Genossenschaft angestellten Tal- bzw. Ziegenhirten. Die Arbeiten des Gemeinwerkes wurden im genossenschaftlichen Verband vollzogen. Die Bewirtschaftung der Alpen erfolgte unabhängig von den Eigentumsverhältnissen schon ab dem Mittelalter in zwei unterschiedlichen Systemen: dem genossenschaftlichen Betrieb mit angestelltem Personal und der Einzelsennerei. Beide Arten sind im gesamten Alpenraum verbreitet. In Graubünden findet sich die Einzelsennerei auffällig häufig in den Walserkolonien.

Die Genossenschaften entwickelten eine gemeinschaftsbildende Kraft und hatten deshalb eine grosse politische Bedeutung inne. Wo mehrere Grundherrschaften und gar verschiedene Stände wie Freie und Unfreie vorhanden waren, bildeten sie das verbindende Element. Indem die Dorf- oder Talgenossenschaften über die Regelung der Gemeinmarknutzung und die Flurordnung hinaus zunehmend weitere Aufgaben des Gemeinwerks wie Bestellung von Weg und Steg, Wasserbau, Wasserversorgung, kirchlichen Bauten, Seelsorgepfründen und Rechtssprechung übernahmen, entwickelten sie sich zu Dorf- und Talgemeinden und damit zu Brennpunkten von Staatswerdung und Staatsentwicklung.

Umformung in der frühen Neuzeit

Der Nutzungsdruck auf die Gemeinmark steigerte sich in der frühen Neuzeit. Das Genossengut wurde auch für das Armen- und Fürsorgewesen, aber auch im Kirchen-, Schul- und Schützenwesen beansprucht. Die Genossen mussten meist unter herrschaftlichem Druck den unteren sozialen Schichten wie Taglöhnern, Taunern und Handwerkern sowie Neusiedlungen – "Steckhöfe" genannt – einen minimalen Nutzen an der Gemeinmark zugestehen. Dieser umfasste ein knapp bemessenes Weide- und Holzbezugsrecht sowie Pflanzland für Arme. Ab dem 16. und besonders dem 17. Jahrhundert wurden in vielen Orten die Dorf- oder Kirchgenossenschaften von der Obrigkeit mit der Fürsorgepflicht für die Armen beauftragt. Die Genossen wurden zu Dorfbürgern und die bisherigen Dorfgenossenschaften bzw. Gütergemeinden entwickelten sich zu öffentlichen Dorfgemeinden, was zu einer definitiven Umformung der Genossenschaften führte (Bürgergemeinde). Sie suchten nach Wegen, um die Nutzung der Gemeinmark für die alteingesessenen Genossen zu reservieren. Die Tendenz, klare Grenzen zu ziehen und kleinere Nutzungseinheiten zu schaffen, hielt an. Das Ausmass der Nutzung wurde etwa durch die Festsetzung der Holzmenge pro Genosse eingeengt, die Nutzung selbst an verschiedene Bedingungen wie den Besitz von eigenem Feuer und Licht und dem Wohnsitz im Genossenkreis geknüpft.

Die Reaktionen der Genossenschaften auf diese Entwicklungen fielen unterschiedlich aus. Erstens erfolgte durch die personelle Abschliessung die Bildung von Personalkorporationen. Der Zuzug neuer Siedler wurde vorerst durch Einzugsgelder erschwert, später gar die Erteilung des die Güternutzung begründenden Bürger-, Land- oder Talrechtes eingestellt. Zweitens führte die güterrechtliche Abschliessung zur Entstehung von sogenannten Realkorporationen. Die Nutzung der Gemeinmark wurde als Zubehör (Pertinenz) der alten Hofstätten verteidigt bzw. durchgesetzt. Drittens wurden Teilrechtsgenossamen gebildet: Die Nutzungsrechte an der Gemeinmark entwickelten sich zu privaten Teilrechten, deren Besitz unabhängig von Person und Grundbesitz wurde. Diese Rechte zirkulierten im Verkehr und wurden von Person zu Person übertragbar. Viele Teilrechtsgenossenschaften beschränkten allerdings den freien Handel der Rechte, um die Verwurzelung des Gemeinmarknutzens in der näheren Umgebung zu erhalten.

Schon der mittelalterliche Landesausbau hatte sich zum grossen Teil auf Kosten der Gemeinmark und vor allem der Hochwälder durch das Einschlagsrecht vollzogen. Die Auflösung der Gemeinmark und der Zerfall der Genossenrechte setzten sich so in der frühen Neuzeit fort. Zuerst verschwanden vielerorts die Frühlings- und Herbstweiderechte in den Sondereigen. Dann gingen die siedlungsnahen Allmendweiden, teils auch die Wälder, in Sondernutzen über, zuerst als langfristige Pachten, bis sie durch endgültige Aufteilung auf die Genossen zu Privateigentum wurden. Die physiokratische Bewegung förderte diese Entwicklung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stark. Radikal vollzog sich die Allmendauflösung im Waadtland und bereits vom 16. Jahrhundert an im Emmental.

Fortdauer und Auflösung im 19. und 20. Jahrhundert

Die von der Helvetik geschaffene Teilung in Einwohner- und Bürgergemeinde bewirkte die sukzessive Ausscheidung der Gemeinmark aus dem Gemeinde- und Staatsverband. Die Tendenz zur Verteilung der Allmend auf die Genossen hielt an. Das unverteilte Land ging in der Westschweiz und der stark industrialisierten Ostschweiz fast vollständig an die Einwohnergemeinden über. In Zürich allerdings entstanden auch viele privatrechtliche Holzkorporationen. Weil in Graubünden die alten Dorfgenossenschaften in ungebrochener Kontinuität in den Einwohnergemeinden weiterleben, sind diese die Besitzer der meisten Gemeingüter. Im bernisch-zentralschweizerischen Gebiet besitzen die Bürgergemeinden als Nachfolgerinnen der ursprünglichen Dorfgenossenschaften das Gemeingut und verwalten es, wie auch im Wallis. Schliesslich finden sich im nordalpinen Raum – von der Innerschweiz über das Berner Oberland bis ins Pays-d'Enhaut – und im Tessin die Korporationen oder Korporationsbürgergemeinde als Eigentümer und Verwalter der Gemeinmark.

Der rechtliche Charakter der Burgerkorporationen (Bern, Luzern), Tagwen (Glarus), Allmendkorporationen (Uri, Schwyz), Teilsamen (Obwalden), Ürten (Nidwalden), Alpengenossenschaften, Berggemeinden, Bäuerten, consortages (alpines Gebiet, Jura), vicinati (Tessin) ist sehr verschiedenartig. Deshalb blieb ihre rechtliche Regelung sowohl nach dem schweizerischen Obligationenrecht von 1881 (Artikel 719) wie nach dem Zivilgesetzbuch von 1907 (Artikel 59, Absatz 3) den Kantonen vorbehalten. Hauptaufgabe dieser Institutionen, die im Tessin seit der Entstehung der politischen Gemeinden patriziati genannt werden, ist weiterhin die Verwaltung und Nutzung der ihnen gehörenden Allmenden, Wälder und Alpen. Mancherorts weitete sich ihr Geschäftskreis auf neuzeitliche, gewinnorientierte Zweige wie die Bewirtschaftung von Steinbrüchen, Sand- und Kiesgruben und Immobilien aus und kamen kulturelle Aufgaben wie zum Beispiel die Erhaltung von Baudenkmälern und die Führung von Bibliotheken und Museen sowie von fürsorgerischen Einrichtungen – etwa Altersheimen und Spitälern – dazu. Einzelne Arten von Genossenschaften, zum Beispiel die Wuhr- und Bewässerungsgenossenschaften, gelten heute als überholt. Sie haben ihre einstige Bedeutung verloren, und viele von ihnen sind aufgehoben worden.

Die Korporationen und Bürgergemeinden bilden einen Teil der schweizerischen Eigenart. Zur Selbsterhaltung und aus administrativen Gründen schlossen sie sich 1945 zu einem nationalen Verband zusammen, der 1995 zehn Kantonalverbände und über 70 Einzelinstitutionen, insgesamt gegen 1500 Bürgergemeinden, Korporationen und patriziati, zählte.

Quellen und Literatur

  • O. Gierke, Das dt. Genossenschaftsrecht 1, 1868
  • J. Faesch, Die Waldrechte der Hubengenossenschaft Schwamendingen, 1931
  • R. Weiss, Das Alpwesen Graubündens, 1941
  • W. Escher, «Alpgenossenschaften in St. Antönien», in Bündner Monatsbl. 1946, 300-316, 325-347
  • K.S. Bader, Stud. zur Rechtsgesch. des ma. Dorfes, 3 Bde., 1957-73
  • F. Häusler, Das Emmental im Staate Bern bis 1798, 2 Bde., 1958-68
  • P. Caroni, Le origini del dualismo comunale svizzero, 1964
  • HRG 1, 1522-1527
  • H. Stadler, «Die Ausscheidung der Bez. Uri und Ursern aus dem Staatsverbande anlässl. der Kantonsverfassungs-Revision 1887/1888», in Gfr. 124, 1971, 358-372
  • L. Odermatt, Die Alpwirtschaft in Nidwalden, 1981
  • ASV, Tl. 1, 2. Halbbd., 433-467, 524-569
  • LexMA 4, 1234-1236
  • P. Blickle, «Otto Gierke als Referenz. Rechtswiss. und Geschichtswiss. auf der Suche nach dem Alten Europa», in Zs.f. Neuere Rechtsgesch. 17, 1994, 245-263
  • R. Göpfert, Fs. zur 50. Generalversammlung des Schweiz. Verbandes der Bürgergem. und Korporationen, 1994
  • J. Petermann, Die luzern. Korporationsgem., Diss. Freiburg, Ms., 1994
  • A. Hubli, Die Genossamen Schillingsrüti und Sattelegg, 1995
  • H. Stadler-Planzer, «Die "Einbeschlossene Allmend" von Altdorf», in HNU NF 57/58, 2002/03, 133-151
Weblinks

Zitiervorschlag

Hans Stadler: "Genossenschaft", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 17.02.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008970/2015-02-17/, konsultiert am 28.03.2024.