15.6.1771 Bern, 21.11.1844 Bern, reformiert, von Bern. Sohn des Daniel von Fellenberg und der Maria Philippine de Suarz. 1796 Margaretha Tscharner, Tochter des Beat Emanuel, Dragonerhauptmanns und Vogts von Aigle, Enkelin des Niklaus Emanuel Tscharner. 1779 zog die Familie Fellenberg auf Schloss Wildenstein im Aargau. 1784 machte Fellenberg die folgenreiche Bekanntschaft von Johann Heinrich Pestalozzi. Nachdem er von Albrecht Rengger, dem nachmaligen Innenminister der Helvetischen Republik, Privatunterricht erhalten hatte, trat Fellenberg 1785 in das Pfeffel'sche Erziehungsinstitut in Colmar ein. 1790 immatrikulierte er sich für das Studium der Rechte in Tübingen, doch er wandte sich bald der Philosophie zu. Darauf bildete er sich autodidaktisch auf ausgedehnten Reisen im In- und Ausland. In Paris bekleidete er 1799 für kurze Zeit das Amt eines Sekretärs des helvetischen Gesandten.
Nach der Rückkehr in die Schweiz bezog er das Schlösschen Wilhof bei Münchenbuchsee, das er in Hofwil umbenannte. Gemeinsam mit seiner Frau richtete er ein Mustergut mit speziellen Bildungsanstalten für die Erziehung der Angehörigen aller Stände ein. Das Zusammenleben in der sogenannten Erziehungsrepublik sollte die gegenseitige Entfremdung der Volksschichten überwinden helfen. Fellenberg gründete zahlreiche Schulen: den landwirtschaftlichen Musterbetrieb und das landwirtschaftliche Institut (1807-1848), das wissenschaftliche Institut (1808-1848) und die Erziehungsanstalt für Söhne höherer Stände (1808-1848), die Mädchenerziehungsanstalt (1824-1839), die Realschule (1830-1846), die Kleinkinderschule (1841-1844) und daneben auch die landwirtschaftlichen Schulen von Rütti (1844). Die Wehrlischule (1810-1848) und die Meikirch-Kolonie (1826-1835) waren die beiden radikalsten Ansätze in Bezug auf die Selbstständigkeit der zu unterrichtenden Kinder und Jugendlichen. 1808, 1809, 1831 und 1836 wurden in Hofwil Normalkurse für angehende Lehrer gehalten. Die Bestandteile des sogenannten Erziehungsstaats waren ihren unterschiedlichen Zwecken entsprechend aufgebaut und didaktisch-methodisch konzipiert. Das Neue an der Hofwiler Erziehung bestand in der Kombination der pädagogisch einsichtig angeordneten körperlich-landwirtschaftlichen Arbeit der Zöglinge mit einem anspruchsvollen christlichen Unterricht. Fellenberg versuchte, alle Kräfte der Heranwachsenden zu fördern, dem Zögling als Individuum gerecht zu werden und auf die Macht des Vorbildes sowie auf Freiheit statt auf Zwang zu bauen. Bildung bedeutete für ihn die anzustrebende Einheit von Körper, Seele und Geist sowie das Bewältigen der in einer bestimmten Situation gestellten Aufgabe.
Fellenbergs Schulgründungen sind bis heute bekannter als seine Arbeit als Mitglied des Grossen Rates (ab 1825), des Verfassungsrates (ab 1830) und des Erziehungsrates des Kantons Bern sowie als Berner Landammann (1834, Präsident des Grossen Rates). Als Bildungspolitiker war er massgeblich am Aufbau des kantonalen Schulwesens beteiligt. Das Seminargesetz (1832), das Hochschulgesetz (1834) und das Primarschulgesetz (1835) waren zu einem guten Teil sein Werk. 1838 lehnte der Staat Bern die Übernahme des Fellenberg'schen Unternehmens ab. 1848 beschlossen seine Nachkommen, den Besitz aufzulösen. Dagegen gedieh das 1833 gegründete staatliche Lehrerseminar (heute ein Gymnasium) trotz Schwierigkeiten und mehrfacher Reorganisation und siedelte 1884 in die leeren Gebäude von Hofwil über.