
1.10.1897 Zürich, 30.9.1977 Zürich, reformiert, von Zürich. Sohn des Heinrich, eines Angestellten am kantonalen Chemielabor, und der Verena geborene Hirt. 1943 Marion Wünsche, Schauspielerin, die 1938 aus dem Sudetenland nach Zürich emigriert war. Besuch des Lehrerseminars in Küsnacht (ZH), 1918-1926 Tenor Buffo am Zürcher Stadttheater, Schauspielunterricht bei Josef Danegger, erste Rollen als Sänger in Opern und Operetten an der Pfauenbühne Zürich. 1929-1932 spielte Heinrich Gretler in Berlin bei Max Reinhardt am Deutschen Theater, bei Erwin Piscator im Theater am Schiffbauerdamm sowie im Kabarett Tingeltangel. Er übernahm Filmrollen in Phil Jutzis «Berlin Alexanderplatz» (1931) und Fritz Langs «Das Testament des Dr. Mabuse» (1933) und ging mit Bertolt Brecht auf eine Theatertournee nach Frankreich und England. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung kehrte er in die Schweiz zurück und wurde 1935 Mitglied des Cabarets Cornichon. Als Ensemblemitglied des Zürcher Schauspielhauses (1938-1952 und 1964-1975) wirkte er an zahlreichen Epoche machenden Stücken mit, unter anderem als Wilhelm Tell und als Götz von Berlichingen.
Seinen Beitrag zur Geistigen Landesverteidigung leistete er als väterlicher Soldat im Film «Füsilier Wipf» (1938) und als besonnener Organisator des Widerstands in «Landammann Stauffacher» (1941). Nuancierter gerieten Gretlers Hauptrollen in den Glauser-Verfilmungen «Wachtmeister Studer» (1939) und «Matto regiert» (1947). Geradezu untypisch war die Aussenseiterrolle als Ex-Zuchthäusler und Amerika-Rückkehrer in der Adaption von Albert Jakob Weltis Mundartstück «Steibruch» (1942). Die nachfolgenden Filmprojekte scheint Gretler hauptsächlich als Broterwerb verstanden zu haben. Stereotyp mimte er in über hundert deutschen und österreichischen Heimatfilmen den verstockten, störrischen Bauern oder Bergler. Auch seine Darstellung des «Alpöhis» in den beiden Schweizer Produktionen «Heidi» bzw. «Heidi und Peter» (1952 und 1955) erreichte nicht die Vielschichtigkeit der Theaterinterpretationen, für die Gretler 1962 mit dem Hans-Reinhart-Ring ausgezeichnet wurde. Ausserdem arbeitete Gretler für das Schweizer Fernsehen («Der Tod auf dem Apfelbaum» 1966) sowie für den Westdeutschen und den Hessischen Rundfunk. Seine letzte Rolle am Schauspielhaus spielte er in der Saison 1973-1974 in Joao Bethencourts «Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde». Gretler, der zu den populärsten Schweizer Film- und Theaterschauspielern des 20. Jahrhunderts gehörte, wehrte sich zeitlebens, als helvetisches Monument vereinnahmt zu werden. Selbst nach seinem Tod wies seine ihn überlebende Gattin die Bürde nationaler Bedeutung von sich, als sie im Namen des Ehepaares Gretler testamentarisch der Zürcher Jugendbewegung von 1980-1982 mehrere hunderttausend Franken vermachte.