Die Welfen, ursprünglich wohl fränkischer Herkunft, wurden in den Gebieten der Ostschweiz während des frühen und hohen Mittelalters im Dienst des Königtums oder im Interesse eigener Herrschaftsbildung tätig. Beauftragt von Pippin dem Jüngeren reorganisierte der später als «Reichsaristokrat» bezeichnete Ruthard (Ruthard und Warin) Mitte des 8. Jahrhunderts Fiskalbezirke und Grafschaften zwischen dem Boden- und dem Zürichsee. Davon war auch das Kloster St. Gallen betroffen, dessen Abt Otmar 759 in den Tod getrieben wurde. Auf Ruthard gehen wohl Besitzungen in Andelfingen zurück, die später der Welfe Bischof Konrad von Konstanz (934-975) seiner Kirche schenkte. Als Graf amtierte Ruthard im Argengau, also nördlich des Bodensees, wo die Welfen mit Unterstützung Kaiser Ludwigs des Frommen ihren Comitat ausbauten und begannen, Hausgut zu bilden. 858/859 gingen mehrere Welfen von König Ludwig dem Deutschen zu ihrem Vetter Karl dem Kahlen im westfränkischen Reich über (Sohn Ludwigs des Frommen und der Welfin Judith). Dadurch entwickelte sich neben dem süddeutschen ein burgundischer Zweig der Sippe (Zweites Königreich Burgund). In den 870er und 880er Jahren ist der Welfe Rudolf als Graf im Zürichgau belegt. Er war wohl identisch mit dem gleichnamigen dux Raetianorum von 890, dem auch das Erschlagen Bernhards, des aufständischen Sohnes Kaiser Karls III., zugeschrieben wird. In dieser Zeit – wenn nicht schon früher – dürften die Welfen Hausgüter in Rätien erworben haben, die später zum Teil an ihr Hauskloster Altdorf-Weingarten (Württemberg) übergingen. Auch in den Vinschgau, ins Inntal und nach Bayern dehnten die Welfen ihre Besitzungen aus. Die mutmasslichen Gründer des Klosters Altdorf (um 1000), Rudolf und seine Söhne, entrichteten an St. Gallen als Verwandte Ruthards einen jährlichen Sühnezins aus den Erträgen des Eisenbergwerks in Füssen (Schwaben). Welf IV., der 1070 das Herzogtum der Welfen in Bayern begründete, fiel nach seiner Ächtung als Anhänger des Gegenkönigs Rudolf 1079 in Churrätien ein, um es zu verwüsten. Bald darauf gewann er die Herrschaft der Grafen von Buchhorn, die ebenfalls nach Unterrätien hineingereicht haben dürfte. Sein Enkel Welf VI., Markgraf von Tuszien und Herzog von Spoleto, schloss nach dem Tod seines einzigen Sohnes mit Kaiser Friedrich I. 1179 einen Erbvertrag, durch den die Güter der süddeutschen Welfen an die Staufer fielen.
Quellen und Literatur
- GHS 1, 73-82; 3, 406, (mit Stammtaf.)
- B. Bilgeri, Gesch. Vorarlbergs 1, 21976
- M. Borgolte, Gesch. der Grafschaften Alemanniens in fränk. Zeit, 1984
- G. Althoff, Amicitiae und Pacta, 1992, 283-294
- LexMA 8, 2143-2151
- B. Schneidmüller, Die Welfen, 2000