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Weibel

Während der Landsgemeinde von Glarus, 1940 (Schweizerisches Nationalmuseum, Actualités suisses Lausanne).
Während der Landsgemeinde von Glarus, 1940 (Schweizerisches Nationalmuseum, Actualités suisses Lausanne). […]

Der Weibel (französisch huissier, sautier; italienisch servitore, usciere, saltaro) nahm als häufig hauptzeitlich beschäftigter, untergeordneter Amtsträger einer Obrigkeit oder Herrschaft vielfältige Aufgaben in der Verwaltung und im Gerichtswesen wahr. Nach Wirkungsbereich (Bundes-, Dorf-, Flecken-, Hof-, Kantons-, Kirchen-, Land-, Stadt-, Standes-, Tal-, Zunftweibel), vorgesetzter Behörde beziehungsweise Institution (Chor-, Kammer-, Vennersweibel) oder Aufgabe (Bettel-, Holz-, Richter-, Turm-, Verlesweibel) lassen sich die Weibeldienste unterscheiden. Die Weibel wurden von ihren vorgesetzten Dienstherren (Obrigkeit, Grundherr, Landsgemeinde, Räte, Gemeindebehörden) gewählt. In einigen Landsgemeindeorten musste der Landweibel sein Amt jährlich von der Landsgemeinde neu erbitten, der Landweibel zählte dort neben dem Landammann zu den ältesten Landesämtern. Die Weibel trugen häufig Rock oder Mantel in den obrigkeitlichen Farben, erhielten ihren Lohn in Geld, Naturalien und Kleidung, Nutzungen (Weibelhube, Amtswohnung), Bussenanteilen und Gebühren für Amtsverrichtungen. Als Gerichts- und Ratsdiener zitierte der Weibel die Parteien, bannte das Gericht und verkündete Termine und Urteile; daneben war er Pfändungsbeamter, Urkundsperson, Versteigerer bei Ganten und Gefangenenwärter. Bisweilen nahm er im erstinstanzlichen Zivilgericht den Vorsitz ein (Grossweibel, Landweibel), war Kläger im Malefizgericht und Stimmenzähler an der Landsgemeinde und im Landrat (Landweibel). Allgemeine Ordnungs- und Polizeifunktionen von Weibeln waren die Aufsicht über die Befolgung von Befehlen mit einer besonderen Pflicht zur Anzeige von Ordnungsvergehen, die Fahndung nach Delinquenten, die Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Einzug von öffentlichen Geldern und Bussen. Auch Botengänge und das Ehrengeleit beziehungsweise die Begleitung von Magistrats- und Standespersonen gehörten zu ihren Aufgaben. Je nach Funktion und Stellung war das Amt des Weibels mit hohem Sozialprestige (Freiweibel in den vier bernischen Landgerichten) und mit einem Sitz im Rat verknüpft (Grossweibel in Bern, Landweibel). Das Weibelamt hat sich in den Kantonen (Standesweibel) und beim Bund (Bundesweibel), ebenso in zahlreichen Gemeinden (etwa für die amtliche Zustellung von Vorladungen, Gerichtsbefehlen usw.) bis heute erhalten. Die Standes- und Bundesweibel sind seit 1946 in einer Vereinigung zusammengeschlossen.

Quellen und Literatur

  • Idiotikon 15, 109-134
  • H. Foerster, «Der Grossweibel in Freiburg 1803-1848», in FGB 80, 2003, 91-109
Weblinks

Zitiervorschlag

André Holenstein: "Weibel", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 06.08.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010088/2012-08-06/, konsultiert am 12.02.2025.