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Ursus und Victor

Märtyrer, Hauptpatrone Solothurns. Heiligentag ist der 30. September. Ursus und Victor werden in Waffen dargestellt, oft mit dem Kopf unter dem Arm. Sie gelten als Soldaten der Thebäischen Legion, die um 300 wegen ihres christlichen Bekenntnisses bei Acaunum (Saint-Maurice) niedergemetzelt wurde. Bischof Eucherius von Lyon, der mündliche Berichte über das Martyrium als Erster schriftlich festhielt, erwähnt als Gerücht, Ursus und Victor hätten den Tod in Solothurn erlitten. Zu seiner Zeit mag es in Solothurn schon eine christliche Gemeinde gegeben haben, die Märtyrer verehrte. Ein Gedenk- oder Grabbau unter St. Peter wird ins 5. Jahrhundert datiert. Bis zum 7. Jahrhundert finden Ursus und Victor danach keine Erwähnung mehr. Die sogenannte Fredegar-Chronik (ca. 660) nennt die Erbauung einer Victor-Kirche vor Genf durch die burgundische Prinzessin Sedeleuba (ca. 500, abgerissen 1534) und das Wiederauffinden von Victor-Reliquien in Genf unter Theuderich II. (602). Eine erste "Passio" aus dem 7. Jahrhundert schildert die Überführung von Victors Gebeinen aus Solothurn nach Genf. Das Dokument über die Reichsteilung der Karolinger von 870 (Vertrag von Meerssen) nennt ein Kloster des heiligen Ursus in Solothurn. Um diese Zeit tauchen die Namen Ursus und Victor in Martyrologien auf. Eine Förderung des Ursus-Kults in Solothurn durch die Burgunderkönigin Bertha scheint rein legendär zu sein; der Besuch des Victor-Grabes in Genf 999 durch Berthas Tochter, Kaiserin Adelheid, ist dagegen historisch belegt. Eine zweite "Passio", die wohl aus dem 10. Jahrhundert stammt, wurde der Leidensgeschichte von Felix und Regula nachgebildet und später vielfach erweitert. Ab dem 11. Jahrhundert, in das der romanische Bau von St. Ursen datiert ist, wurden zahlreiche Reliquienpartikel von Ursus und Victor an Kirchen und Klöster ausgeteilt. Die Auffindung weiterer Thebäer 1473 in Solothurn verlieh dem Ursus-Kult neuen Aufschwung, teils im politischen Wettstreit mit Bern, das den Kult der 10'000 Ritter pflegte. 1519 wurde der Ursus-Sarg mit zwei Skeletten unter dem Choraltar von St. Ursen entdeckt. Die Reformation hemmte den Ursus-Kult nur vorübergehend.

Quellen und Literatur

  • H.R. Sennhauser, «St. Ursen, St. Stephan, St. Peter», in Solothurn, 1990, 83-219
  • B. Widmer, «Der Ursus- und Victorkult in Solothurn», in Solothurn, 1990, 33-81
  • B. Schubiger, «Der hl. Ursus von Solothurn», in ZAK 49, 1992, 19-38
Von der Redaktion ergänzt
  • Freddi, Silvan; Hankeln, Roman: Zwei Historiae zu Ehren der Solothurner Heiligen Urs, Victor und ihrer Gefährten, Märtyrer der Thebäischen Legion (11. / 15. Jh.), 2023 (= Musicological Studies 65,35).
Weblinks

Zitiervorschlag

Berthe Widmer: "Ursus und Victor", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.02.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010199/2013-02-19/, konsultiert am 28.03.2024.