Asyl bezeichnet Schutz vor Verfolgung an einem bestimmten Ort. Beim sakralen Asyl und seiner weltlichen Parallele, der Freistätte, wurde dieser Schutz in einem Gebäude (Kirche, Kloster, Gasthaus, Rathaus, Kanzlei, Spital, als Freihof bezeichnetes Haus usw.) oder auf einem Marktplatz gewährt, um den Geflüchteten vor gewaltsamer Selbstjustiz durch Private bzw. vor Blutrache und Fehde zu schützen und ihn der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu überstellen. Im Mittelalter waren kirchliches Asyl und Asyl in weltlichen Freistätten, die durch Stadtrechte, Freiheitsbriefe und Urbare begründet wurden, weit verbreitet. Die reformierten Orte der Eidgenossenschaft lehnten das Kirchenasyl immer ab, obwohl Huldrych Zwingli die Asylgewährung befürwortet hatte. Das Erstarken der Justiz führte vor allem ab dem 18. Jahrhundert zur Eindämmung und Aufhebung der Asylorte. Die katholischen Stände wollten in der Tagsatzung (z.B. 1770-1774, 1785) zwar der Aufhebung des Kirchenasyls ohne Einverständnis Roms nicht zustimmen, suchten aber in der Praxis die Asylgewährung einzuengen. Die letzten kirchlichen Asyle und weltlichen Freistätten wurden zur Zeit der Helvetik aufgehoben. Artikel 8 der Mediationsverfassung 1803 verbot den Kantonen, Verbrechern eine Freistatt zu geben. In den 1980er Jahren gelangte die Idee des Kirchenasyls, das 1983 aus dem «Codex Iuris Canonici» gestrichen wurde, im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen die Ausschaffung abgewiesener Asylbewerber erneut in die politische Diskussion.
Das territoriale Asyl spielt zwischen Gebietskörperschaften und schützt Personen, die aus fremden Gebieten flüchten. Zwischen den Orten der Eidgenossenschaft wurden wiederholt Asylverbote vereinbart (Verbot der Aufnahme von Straftätern durch Private; Versprechen der Orte, Übeltätern die Aufnahme zu verweigern und sie auszuliefern), so zum Beispiel im Bundesbrief 1291, im Pfaffenbrief 1370 sowie im Bund der sieben katholischen Orte mit dem Bischof von Basel 1655. Solche Verbote trafen auch Opfer der Konflikte während der Reformation und des Bauernkriegs von 1653. Aufnahmeverbote und Auslieferungspflichten (allerdings nur gegen Kostenersatz) wurden auch mit benachbarten Mächten, vor allem Mailand, Savoyen und Frankreich, vereinbart. Trotzdem fanden immer wieder religiös oder politisch Verfolgte Aufnahme im Gebiet der heutigen Schweiz (z.B. drei am Todesurteil gegen König Karl I. beteiligte englische Richter 1662 in Bern). Vom Grundsatz der Auslieferung wurden punktuell auch Ausnahmen gemacht (z.B. Nichtauslieferung eigener Landsleute im Kapitulat von 1552 mit dem Herzogtum Mailand; Nichtauslieferung von Deserteuren in Abschieden der Tagsatzung 1682, 1694, 1734). In den reformierten Orten fanden im 16. und 17. Jahrhundert viele protestantische Glaubensflüchtlinge grosszügig Aufnahme (Hugenotten nach der Bartholomäusnacht 1572 und der Aufhebung des Ediktes von Nantes 1685; Waldenser). Die Tagsatzung erklärte 1685, dass sich die Auslieferungspflicht gegenüber Frankreich nicht auf religiöse Flüchtlinge erstrecke. Im Gefolge der Französische Revolution von 1789 fanden Tausende von Royalisten und verbannten Priestern Aufnahme. Frankreich protestierte heftig dagegen. Nach dem französischen Einfall 1798 ergriff das Direktorium der Helvetischen Republik Massnahmen zur Entfernung dieser Personen. In der sogenannten Offensiv-Allianz vom 19. August 1798 verlor sie auch formell das Recht, Asyl zu gewähren.
Der Bundesvertrag von 1815 gab den Kantonen die Asylkompetenz zurück. Die liberalen Stände gewährten im Gefolge der Unterdrückung der liberalen Bewegungen nach dem Wiener Kongress und nach den Revolutionen von 1830 Flüchtlingen vor allem aus Frankreich, dem Piemont, Deutschland und Polen Asyl. Die Grossmächte reagierten mit Drohungen (nach 1820 und nach dem Savoyerzug 1834). Sie forderten eine Beschränkung der Asylgewährung und die Auslieferung agitatorischer Flüchtlinge. Die Tagsatzung reagierte im Ersten und Zweiten Fremdenkonklusum von 1823 bzw. 1836 mit restriktiven Massnahmen (inklusive Ausweisungen). Ab 1833 – in einer Revision des Auslieferungsvertrages mit Frankreich von 1828 – konnte in verschiedenen bilateralen Auslieferungsverträgen die Nichtauslieferung von Flüchtlingen, die wegen politischer Delikte geflohen waren, vereinbart werden.
Die Bundesverfassung (BV) von 1848 gab den Kantonen das Recht, bei politischen Delikten die Auslieferung von Angeklagten an andere Kantone zu verweigern. Im Verhältnis zum Ausland behielten sie die Kompetenz, Asyl zu gewähren, während im Artikel 57 (bzw. Artikel 70 der BV von 1874) das Recht, «Fremde, welche die innere und äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft gefährden», auszuweisen, der Verantwortung des Bundesrates unterstellt wurde. Der Zustrom von italienischen und deutschen Flüchtlingen 1848-1849 wurde mit humanitärer Hilfe, aber auch mit Internierung und Druck zur Ausreise beantwortet. Aufnahme fanden nach dem Freiheitskampf von 1864-1865 polnische Flüchtlinge und 1871 im Zusammenhang mit dem Deutsch-Französischen Krieg die französische Bourbakiarmee. Nach 1874 wies der Bundesrat, oft unter Druck von aussen, wiederholt Flüchtlinge wegen revolutionärer oder anarchistischer Umtriebe aus. Im Ersten Weltkrieg wurden viele Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und entflohene Kriegsgefangene aufgenommen. Historisch bedeutsam war die Beherbergung russischer Revolutionäre (z.B. Lenin, Leo Trotzki). Nach 1922 flohen zahlreiche italienische Antifaschisten in die Schweiz. 1925 machte der neue Artikel 69ter BV die Asylpolitik zur Bundessache.
Zwischen 1933 und 1945 suchten tausende bedrohter Juden und anderer politischer Flüchtlinge Schutz in der Schweiz. In einem Kreisschreiben vom 13. August 1942 ordnete die Eidgenössische Polizeiabteilung an, dass «Flüchtlinge nur aus Rassegründen, zum Beispiel Juden, nicht als politische Flüchtlinge gelten.» Zwischen 1940 und Mai 1945 wurden mindestens 24'000 oft vom Tod bedrohte Menschen an der Grenze zurückgewiesen bzw. abgeschoben. Unter dem Druck der öffentlichen Meinung wurde die Aufnahmepraxis gegen Ende des Zweiten Weltkriegs etwas grosszügiger. Im Zusammenhang mit den grossen Fluchtbewegungen (Zusammenbruch Frankreichs 1940, Kapitulation Italiens 1943, Errichtung der zweiten Front in Frankreich 1944, Ende des Dritten Reichs 1945) fanden während des Kriegs rund 300'000 Ausländer wenigstens vorübergehend Schutz.
In den 1950er Jahren suchte man die restriktive Haltung während der Kriegszeit zu bewältigen (Ludwig-Bericht, 1957). Die Schweiz ratifizierte 1955 die Flüchtlingskonvention von 1951 und gab den während Jahrhunderten befolgten Grundsatz auf, dass die Asylgewährung temporär sei. Ab Mitte der 1950er Jahre kam es zu mehreren Aufnahmeaktionen (1956 Ungarn, 1963 Tibeter, 1968-1969 Tschechoslowaken, 1972 Inder aus Uganda, 1979-1982 Flüchtlinge aus Südostasien, 1982 Polen). Daneben erhielten in den 1960er und 1970er Jahren jährlich bis zu 1000 Personen (v.a. aus Osteuropa und Lateinamerika) individuell Asyl. 1979 trat das Asylgesetz an die Stelle der bisherigen rudimentären gesetzlichen Regelung in Artikel 49 des «Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer» (ANAG). Ab Mitte der 1980er Jahre stieg die Zahl der jährlichen Asylgesuche stark an (1987 mehr als 10'000, 1991 mehr als 40'000 Gesuche, seither Rückgang auf unter 20'000 Gesuche). Gleichzeitig fiel die Anerkennungsquote von über 80% in den 1970er Jahren auf 5-15% Mitte der 1990er Jahre. Gründe waren die Verschärfung der Praxis und die starke Zunahme nicht asylberechtigter Flüchtlinge aus Kriegs- und Spannungsgebieten (Gewaltflüchtlinge). Zahlreiche der abgewiesenen Asylsuchenden konnten jeweils wegen Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Rückkehr oder aus humanitären Gründen legal in der Schweiz bleiben. Die starke Zunahme von Asylgesuchen provozierte Gesetzesänderungen (1983, 1986, 1990), die vor allem auf eine Straffung des Asylverfahrens zielten. 1990 wurde die Asylrekurskommission und damit erstmals die Möglichkeit zu einer Überprüfung der Asylentscheide durch eine unabhängige richterliche Behörde geschaffen. 1994 stimmte der Souverän Zwangsmassnahmen zur Ausschaffung abgewiesener Asylbewerber zu. Der kriegerische Konflikt im früheren Jugoslawien bewog den Bundesrat, ab 1991 gefährdeten Personen kollektiv vorläufige Aufnahme zu gewähren. 1996 erhielt eine Unabhängige Expertenkommission den Auftrag, die Geschichte der Schweiz vor, während und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg aufzuarbeiten; 1999 legte die Kommission einen Bericht zur Flüchtlingspolitik vor. 1999 trat ein totalrevidiertes Asylgesetz in Kraft, das unter anderem für Gewaltflüchtlinge den Status der vorübergehenden Schutzgewährung vorsieht.