1.8.1768 Bern, 20.5.1854 Solothurn, reformiert, ab 1820 katholisch, von Bern, ab 1829 von Solothurn. Sohn des Gottlieb Emanuel (->). Enkel des Albrecht (->). 1806 Katharina von Wattenwyl, Tochter des David Salomon Ludwig, Offiziers in holländischen Diensten, Landvogts in Fraubrunnen und Mitglieds des Grossen Rats.

Karl Ludwig von Haller besuchte die Berner Hohe Schule und machte dann Karriere im Staatsdienst der Republik Bern. Er war 1797 Gesandter in Oberitalien, wo er Napoleon Bonaparte traf, sowie Mitglied der Delegation an den Kongress von Rastatt. Im Februar 1798 arbeitete er einen Verfassungsentwurf für die Berner Regierung aus. Die Helvetische Republik und das revolutionäre System bekämpfte er mit seiner Zeitschrift "Helvetische Annalen"; der ihm deshalb drohenden Verhaftung entzog er sich durch Flucht nach Süddeutschland. 1799-1805 arbeitete er im österreichischen Staatsdienst in Wien. Er wurde 1806 Professor für Staatsrecht an der neu gegründeten Akademie in Bern, Zensor (bis 1809), Prorektor der Akademie, 1810 Mitglied des Grossen und 1811 des Kleinen Stadtrats von Bern. Unter dem Regime der Restauration wurde er 1814 in den Grossen oder Souveränen Rat der Republik Bern gewählt. 1815 war er Koautor der "Urkundlichen Erklärung des Grossen Raths von Bern", der neuen – dieses Wort wurde vermieden – Verfassung des Kantons Bern, und 1816 rückte er in den Geheimen Berner Rat auf. 1816 erschien auch der erste Band seines Hauptwerks "Restauration der Staatswissenschaft", das ihn rasch über die Landesgrenzen hinaus berühmt machte und der Epoche bis heute den Namen gibt. 1817 trat er von seiner (wenig erfolgreichen) Professur zurück. Politische Wühlerei und Schriften wie "Über die Constitution der spanischen Cortes" (1821) festigten seinen Ruf als Ultrareaktionären, der mit den Vertretern der Heiligen Allianz wie zum Beispiel dem bayerischen Gesandten Johann Franz Anton von Olry unter einer Decke steckte. Nach der Bekanntmachung der geheim erfolgten Konversion zum Katholizismus im Frühling 1821, die ein europaweites Echo auslöste, enthob ihn der Berner Grosse Rat am 11. Juni 1821 all seiner Ämter. Haller ging daraufhin erneut ins Exil. 1824 wurde er Publiciste attaché au Ministère des affaires étrangères in Paris. Kurz nach der Julirevolution zog er 1830 nach Solothurn, wo er als Führer der Ultrakonservativen 1834-1837 Mitglied des Grossen Rates war. Unermüdlich veröffentlichte er Kampfschriften gegen Liberalismus, Freimaurerei und das revolutionäre System überhaupt und pflegte seine Beziehungen zum Kreis der europäischen Konservativen und Reaktionäre. Sonderbund, Bundesstaat und die europäischen Revolutionen von 1848-1849 empfand er als persönliche Niederlage und Entwertung seines Lebenswerks.

Haller wandte sich in seiner Staatstheorie gegen die Lehre Rousseaus, gemäss welcher der Staat aus einer freien Vereinbarung der Einzelnen hervorginge; die Vorstellung einer Gleichheit der Menschen, auf welcher der Gedanke des Gesellschaftsvertrags beruht, stelle angesichts der naturgegebenen Ungleichheit eine Illusion dar. Naturgesetz und gottgewollt sei vielmehr die Herrschaft des Stärkeren über den Schwächeren; jeder Herrscher sei ein Statthalter Gottes und regiere von Gottes Gnaden. Hallers Versuch einer rationalistischen Legitimation des Ancien Régime, fundamentalistisches Programm der Gegenrevolution und Kampfansage an die Moderne, hat, wenn auch nur für kurze Zeit, eine gewaltige Ausstrahlungskraft besessen. Sie wirkte auf die politische Romantik (Adam Müller, Achim von Arnim), die Staatslehre des politischen Katholizismus (Louis de Bonald, Joseph de Maistre), die Konservativen im spätromantischen Berlin (christlich-germanischer Kreis um die Brüder Gerlach, Friedrich Wilhelm IV.) und fand Anhänger unter den Konservativen aller Länder Europas. Der "Restaurator" war eine Persönlichkeit von europäischem Format, von dem Anregungen auf fast alle führenden konservativen Politiker, Denker und Publizisten seiner Epoche ausgingen.