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Universität Freiburg

Seit der Gründung des Jesuitenkollegiums St. Michael 1582 wurden in Freiburg mehrmals vergeblich Versuche unternommen, eine Hohe Schule für die Schweizer Katholiken zu eröffnen. Als das kulturelle Defizit der Katholiken sich weiter vergrösserte, gründete der Kanton unter dem Einfluss des Staatsrats Georges Python 1889 eine Universität. Neben der alten, 1762 gegründeten Rechtsschule, die 1882 in eine Fakultät umgewandelt wurde, entstanden 1889 eine geisteswissenschaftliche, 1890 eine theologische und 1896 eine naturwissenschaftliche Fakultät. Anders als das Projekt des Bischofs Gaspard Mermillod, das dezentrale Institute unter der Leitung des schweizerischen Episkopats vorsah, machte Python aus der neuen Universität eine staatliche Institution. Nur die theologische Fakultät hatte einen konfessionellen Charakter und stand unter der Leitung der Dominikaner. Die Universität Freiburg verstand sich als katholische Universität und wurde bis Ende der 1960er Jahre auch als solche wahrgenommen. Sie war von Anfang an zweisprachig und international ausgerichtet, sowohl bei der Berufung von Professoren als auch aufgrund der Herkunft ihrer Studenten. Die wirtschaftliche Schwäche des Kantons liess die Errichtung neuer Gebäude nicht zu. Die Geisteswissenschaften wurden daher im Gymnasium des Kollegiums St. Michael untergebracht, die Naturwissenschaften in einer alten Waggonfabrik. Die Zahl der Studierenden stieg rasch an, von 137 im Studienjahr 1890-1891 auf 587 1910-1911. An der theologischen Fakultät waren 40% der Studirenden eingeschrieben, an den drei übrigen Fakultäten je ca. 20%. Die naturwissenschaftliche Fakultät bot ein medizinisches Propädeutikum an und förderte die Gründung von Industrievereinen in Zusammenarbeit mit dem chemischen und dem physikalischen Institut. 1905 wurden auch Frauen als reguläre Studierende zugelassen. 1920-1950 fiel das Wachstum mit einer Verdoppelung der Studierendenzahl von 517 auf 1007 etwas bescheidener aus. Ab 1933 nahm die Universität Freiburg mit der Wahl Joseph Pillers in den Staatsrat einen neuen Aufschwung. Mehrere Institute der naturwissenschaftlichen Fakultät erhielten 1936-1937 neue Gebäude und Einrichtungen. Die Geisteswissenschaften zogen in die von Denis Honegger und Fernand Dumas erbaute und 1941 eingeweihte Miséricorde um.

Im Hof der Universität Miséricorde war die Präsenz der Geistlichen 1955 noch unübersehbar. Fotografie von Jacques Thévoz © Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg, Sammlung Jacques Thévoz).
Im Hof der Universität Miséricorde war die Präsenz der Geistlichen 1955 noch unübersehbar. Fotografie von Jacques Thévoz © Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg, Sammlung Jacques Thévoz).

1950-1970 verdreifachte sich die Zahl der Studentinnen und Studenten auf 3011. Mit der Teilung der Rechtsfakultät in zwei Abteilungen 1953 wurden die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften praktisch eigenständig. Der strukturelle Wandel im Kanton hatte auch Auswirkungen auf die Entwicklung der Universität. Mit der Demokratisierung des Studiums und den Änderungen im sozialen und kulturellen Umfeld (Zweites Vatikanisches Konzil, Mai 1968) begann für die Universität eine bewegte Zeit. 1970 wurde ein neues Universitätsgesetz angenommen, das der Mitsprache der Studierenden viel Platz einräumte. Im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts erreichte die Universität eine neue Grössenordnung: Die Zahl der Studierenden überschritt 2000 die Marke von 10'000 (2003 10'002), Gebäude wurde erweitert oder neu errichtet. So wurde 1978 die Miséricorde vergrössert und 2005 das neue Gebäude Pérolles II für die 1988 zur Fakultät erhobenen Wirtschafts- und Sozialwissenschaften eröffnet.

Das Gewicht innerhalb der Fakultäten verschob sich allmählich weg von der katholischen Theologie, die 2010 nur noch 3,5% der Studierenden zählte, hin zu den Geisteswissenschaften, wo 43% der Studierenden immatrikuliert waren, den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit 19%, den Naturwissenschaften mit 18% und der Rechtswissenschaft mit 17%. Insgesamt studierten 2010 9466 Personen an der Universität Freiburg, davon 58% Frauen sowie 42% Deutsch- und 35% Französischsprachige. Mit der Integration der Fakultäten in das Forschungs- und Lehrnetz auf nationaler (Benefri) und, nach der 2003-2004 eingeführten Bologna-Reform, auf internationaler Ebene wurde die Zweisprachigkeit wichtiger. Der Anteil ausländischer Studierender war während des ganzen 20. Jahrhunderts einer der höchsten an Schweizer Universitäten. 2010 betrug er 18%.

Quellen und Literatur

  • Gesch. der Universität Freiburg, Schweiz, 1889-1989, 3 Bde., 1991-92
  • U. Altermatt, Die Universität Freiburg auf der Suche nach Identität, 2009
  • U. Altermatt, C. Späti, Die zweisprachige Universität Freiburg, 2009
Weblinks

Zitiervorschlag

Claude Hauser: "Universität Freiburg", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 04.03.2014, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010973/2014-03-04/, konsultiert am 19.03.2024.