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Pro Helvetia

Die öffentlich-rechtliche Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia (Kulturstiftungen) erhielt mit dem Kulturförderungsgesetz (KFG), das die eidgenössischen Räte Ende 2009 verabschiedeten, folgende Aufgaben: Förderung des kulturellen und künstlerischen Nachwuchses, des künstlerischen Schaffens und der Kunstvermittlung, Unterstützung besonders innovativer kultureller Projekte sowie des Kulturaustauschs im In- und Ausland. Mit Beiträgen an Dritte sowie mit eigenen Initiativen ermöglicht Pro Helvetia – subsidiär gegenüber Privaten, Kantonen und Gemeinden – künstlerische Vorhaben aller Sparten, einschliesslich der Volkskultur, sowie vermittelnde Aktivitäten: Ausstellungen, Aufführungen und Tourneen von Orchestern und Theater- oder Tanztruppen, literarische und kompositorische Werkaufträge, Druck- und Übersetzungsbeiträge, Filmveranstaltungen sowie Personenaustausch mit dem Ausland. Pro Helvetia gibt in mehreren Sprachen elektronische und gedruckte Publikationen heraus.

Die Stiftung erfüllt ihre Aufgaben autonom. Der Bundesrat legt die strategischen Ziele fest, für deren Umsetzung die von ihm für maximal acht Jahre gewählten sieben bis neun Mitglieder des Stiftungsrats sorgen. Die Geschäftsstelle in Zürich entscheidet über Finanzhilfen und stiftungseigene Programme, bei gewichtigen Vorhaben auf Antrag der vom Stiftungsrat ernannten Fachkommission. Die von der Stiftung im Inland eingesetzten Mittel stehen zu jenen fürs Ausland im Verhältnis 2:3.

Mit seiner Botschaft an die Bundesversammlung vom 9. Dezember 1938 rief der Bundesrat gegen totalitäre ausländische Propaganda zur Geistigen Landesverteidigung auf. Die Förderung der geistigen Werte des Landes und die Kulturwerbung im Ausland sollte eine Stiftung übernehmen, nicht eine staatliche Instanz; jede obrigkeitliche Lenkung und Zentralisierung hätte sowohl dem Wesen der Kultur wie der föderalistischen Tradition widersprochen, die den Kantonen die Hauptverantwortung für die Kulturpolitik zuweist.

Präsidenten und Präsidentinnen der Pro Helvetia

1939-1943Heinrich Häberlin
1944-1952Paul Lachenal
1952-1964Jean Rudolf von Salis
1965-1970Michael Stettler
1971-1977Willy Spühler
1978-1985Roland Ruffieux
1986-1989Sigmund Widmer
1990-1997Rosemarie Simmen
1998-2005Yvette Jaggi
2006-2013Mario Annoni
2014-Charles Beer
Präsidenten und Präsidentinnen der Pro Helvetia -  Pro Helvetia

Der Kriegsausbruch veranlasste den Bundesrat, Pro Helvetia provisorisch als Arbeitsgemeinschaft einzusetzen. Während des Kriegs war ihr Wirken primär nach innen gerichtet, nachher öffnete sie sich gegenüber der Welt. Ein Bundesbeschluss von 1949 legte die Organisationsform als Stiftung fest, 1965 erhielt Pro Helvetia eine neue Grundlage in Gestalt eines Bundesgesetzes (2009 ins KFG integriert). Vor dem Hintergrund einer sich rasch wandelnden Umwelt forderten kritische Stimmen zur Schweiz von der Stiftung eine Verbesserung ihrer Aktionsfähigkeit: Fremdenfeindlichkeit und selbstgefällige Neutralität wurden unter anderem als Gründe für die mangelnde Ausstrahlung des Landes angeführt. Das Parlament erhöhte deshalb mit dem Gesetz die Mittel der Pro Helvetia markant und stellte im Zweckartikel der Kulturwerbung die offenere, weniger einseitige «Pflege der kulturellen Beziehungen» voran. Überdies gewichtete es die Förderung der Erwachsenenbildung und des Dialogs zwischen den Landesteilen stärker.

Pro Helvetia in Zahlen 1964-2009
Pro Helvetia in Zahlen 1964-2009 […]

Mit dem 1975 gegründeten Bundesamt für Kultur erhielt die Stiftung einen neuen Partner, der heute gemäss KFG als Fachbehörde die Kulturpolitik des Bundes umsetzt. Weiter arbeitet Pro Helvetia bei Auslandaktionen mit dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten und im Inland mit den kantonalen und städtischen Kulturstellen zusammen. Die Ausweitung des Kulturbegriffs nach 1980, die intern umstritten blieb, stärkte die soziokulturelle Animation, also die Kulturvermittlung ausserhalb der klassischen Kunstsparten zugunsten möglichst aller Bevölkerungskreise. Die wachsende Einsicht in die gesellschaftliche Bedeutung eines sich entfaltenden Kulturlebens brachte der Pro Helvetia eine stufenweise Aufstockung der vom Parlament gesprochenen Mittel (1979: 5,5 Mio. Franken, 1991: 23 Mio. Franken, 2009: 34 Mio. Franken). Sie verstärkte ihre Eigeninitiativen, zum Beispiel mit der fahrbaren Animationswerkstatt Kulturmobil (1984, eingestellt 2004), setzte Schwerpunkte mit längeren Themen- und Länderprogrammen und institutionalisierte ihre Auslandspräsenz: Dem selbst betriebenen Centre Culturel Suisse in Paris (1985) folgten Aussenstellen in Kairo (1988), Mailand (1996, 2005 dem Istituto Svizzero in Rom angegliedert), Kapstadt (1998), New Delhi (2007) und Shanghai (2011). Mehrere kleine «Antennen» in Mittelosteuropa wurden nach lokaler Aufbauarbeit 2005 in Warschau konzentriert. Mit den Partnerinstitutionen in New York (Swiss Institute) und Rom (Istituto Svizzero mit Zweigstellen in Mailand und Venedig) trifft Pro Helvetia Leistungsvereinbarungen.

Quellen und Literatur

  • F. Kessler, Die Schweiz. Kulturstiftung "Pro Helvetia", 1993
  • Zwischen Kultur und Politik, hg. von C. Hauser, J. Tanner et al., 2010
Von der Redaktion ergänzt
  • Kadelbach, Thomas: «Swiss made». Pro Helvetia et l'image de la Suisse à l'étranger, 2013.
Weblinks

Zitiervorschlag

Rolf Keller: "Pro Helvetia", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.01.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010994/2012-01-12/, konsultiert am 09.06.2023.