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Malerei

Malerei ist eine der ältesten künstlerischen Ausdrucksweisen des Menschen, die ständigen ästhetischen, formalen, inhaltlichen und materiellen Veränderungen unterliegt. Sie wird in unterschiedlichste epochale, gestalterische, inhaltliche und technische Kategorien unterteilt und kann auch eine unterstützende Funktion einnehmen, zum Beispiel als Farbfassung der Bildhauerei oder zur Akzentuierung von Architektur (z.B. Fassadenmalerei, Sgrafitto).

Antike und Frühmittelalter

Medaillon mit Darstellung eines Wagenlenkers mit Gespann. Römisches Wandmalereifragment aus einem Wohnhaus in Augusta Raurica, um 100 n. Chr. (Augusta Raurica; Fotografie Susanne Schenker).
Medaillon mit Darstellung eines Wagenlenkers mit Gespann. Römisches Wandmalereifragment aus einem Wohnhaus in Augusta Raurica, um 100 n. Chr. (Augusta Raurica; Fotografie Susanne Schenker).

Die älteste originäre, figurative Malerei aus dem Gebiet der Schweiz datiert aus der Römerzeit. Sie entstand, wie etwa die Wagenlenker-Fresken von Augst und Pully aus dem 1. Jahrhundert n.Chr., im Kontext profaner Dekorationsgestaltungen und gründete auf der Kunst des Mittelmeerraums. Mit dem Niedergang des römischen Imperiums verschwand die gegenständliche Malerei in der Schweiz.

Erst mit der Christianisierung wird Malerei im Gebiet der Schweiz wieder fassbar, und zwar zunächst durchwegs im sakralen und monastischen Bereich (Frühmittelalterliche Kunst). Sie orientierte sich an römisch-byzantinischen Techniken und Merkmalen zur Kennzeichnung der dargestellten Figuren, Symbole und Szenen (Ikonografie). Eines der frühesten Zeugnisse dieser Kunst sind die stark beschädigten Fresken in der bischöflichen Grabkammer unter der Grabkirche St. Stephan in Chur (6.-7. Jh.).

In der karolingischen Epoche setzte nicht nur die durch spätantike und keltische Vorbilder inspirierte Buchmalerei ein, sondern auch die Wandmalerei in Kirchen. Im Unterschied zur Buchmalerei, die nur einem exklusiven Kreis von Betrachtern vorbehalten war, richtete sich die illustrative Wandmalerei an ein grösseres Publikum. Aus dieser Epoche blieben jedoch nur die wenigsten Wandmalereien erhalten. Zumeist finden sie sich entlang wichtiger Stationen der Nord-Süd-Transversale und zeugen von internationalen Einflüssen. In Siedlungsgebieten hingegen überdauerten die karolingischen Wandmalereien kaum je die später erfolgten Umgestaltungen.

Die im Kloster Disentis vorgefundenen Reste einer plastisch unterlegten Monumentalmalerei byzantinischer Provenienz aus dem ausgehenden 8. Jahrhundert mit über 150 überlebensgrossen Heiligenfiguren zeugen bereits von hoher künstlerischer Qualität. Um 800 schufen oberitalienische Wandermaler im Kloster St. Johann in Müstair den ersten grossen, erhaltenen Bilderzyklus der Schweiz. Das Repertoire (Jüngstes Gericht, Himmelfahrt Christi, Heiligenviten) wie auch die Anordnung der Bildfelder in Apsiden oder als narrative Bildfelder in Registern begründeten einen Kanon zur Belehrung der Gläubigen (Biblia pauperum), der bis ins Zeitalter der Aufklärung für die sakrale Malerei verbindlich blieb. Auch die Fresken in der St. Georgskirche in Reichenau-Oberzell am Bodensee (um 1000), das Hauptwerk der ottonischen Malerei, werden von einer straffen Erzählstruktur und einer architektonischen Gliederung geprägt. Der Künstler vermengte dort antikisierendes Dekor mit Szenen der Heilsgeschichte. Die im Obergaden der Kirche dargestellten Äbte sind zudem ein frühes Beispiel offizieller Porträtmalerei in unseren Breitengraden.

In anderen religiösen Zentren der Schweiz (Einsiedeln, St. Gallen) haben sich neben der Buchmalerei keine Wand- oder Tafelmalereien aus ottonischer Zeit erhalten. Verantwortlich dafür sind – wie auch in Freiburg und im Wallis – meist bauliche Veränderungen oder gar Neubauten der entsprechenden Räume oder Raumteile im 17. und 18. Jahrhundert. In der Westschweiz hingegen (Genf und Lausanne wie auch in Bern und Zürich) wurden in der Reformation grosse Teile der religiösen Malerei des Mittelalters zerstört.

Romanische Wandmalereien in der Kirche Sant'Ambrogio (heute San Carlo) in Prugiasco-Negrentino, um 1100 (Fotografie A. & G. Zimmermann, Genf).
Romanische Wandmalereien in der Kirche Sant'Ambrogio (heute San Carlo) in Prugiasco-Negrentino, um 1100 (Fotografie A. & G. Zimmermann, Genf). […]

In der Kirche S. Ambrogio vecchio in Prugiasco traten unter anderem bedeutende romanische Fresken zutage, die zwischen den ersten Jahrzehnten des 11. und Anfang des 12. Jahrhunderts datiert werden und aus einer lombardischen Werkstatt stammen. Als Höhepunkt der romanischen Malerei in der Schweiz gilt die Bilderdecke von St. Martin in Zillis aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Die 153 bemalten Tafeln sind ein bewusster Rückgriff auf die Formensprache der Spätantike und damit im ursprünglichen Sinn des Wortes romanisch (Romanik). Das komplexe Programm der Decke kann vielfältig interpretiert werden und offenbart gerade dadurch das assoziative Potenzial der Malerei, das von den verschiedenen Bildungsschichten unterschiedlich rezipiert wurde.

Hoch- und Spätmittelalter

Während die Malerei im Frühmittelalter primär auf monastisch-kirchliche Räume beschränkt war bzw. nur in diesen erhalten blieb, setzte im Hoch- und insbesondere im Spätmittelalter eine Bildervielfalt im religiösen wie auch im profanen Bereich ein. Malerei wurde zum Allgemeingut und gleichermassen von weltlichen wie kirchlichen Auftraggebern zu repräsentativen bzw. didaktischen Zwecken eingesetzt. Die ersten Maler wie der aus der Picardie stammende Glasmaler Pierre d'Arras in Lausanne oder der im Kloster St. Gallen tätige Buchillustrator Luitherus werden namentlich fassbar und lokalisierbar. Die Malerei entwickelte sich zu einem eigenständigen Handwerkszweig, in den immer mehr Personen involviert waren.

Die am Übergang zum 13. Jahrhundert einsetzende Welle der internationalen Gotik beeinflusste die Malerei der Schweiz nachhaltig. Ausdruck dieser grundlegenden Neuerung ist zum Beispiel die teilweise Übermalung der karolingischen Fresken in St. Johann in Müstair mit neuen Wandbildern (Ende 12. Jahrhundert). Ähnliches geschah auch im Baptisterium von Riva San Vitale, wo am Ende des 12. Jahrhunderts karolingische Wandmalereien durch byzantinisch-gotisch inspirierte Fresken ersetzt wurden.

Französische Einflüsse manifestieren sich in der Westschweiz. Die Wandmalereien der Abtei Payerne entstanden, wohl durch Vermittlung des Mutterklosters Cluny, zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Dadurch hielt in Payerne die französische Frühgotik Einzug und vermischte sich mit Nachklängen byzantinischer Kunst. Gleiches gilt für die Glasrose der Kathedrale von Lausanne. Sie ist das Werk von Pierre d'Arras (um 1230).

Das Spektrum der Malerei erweiterte sich im 14. Jahrhundert merklich, wobei neben dem Klerus vermehrt das Bürgertum als Auftraggeber auftrat. Aus dieser Zeit haben sich einerseits erste profane Malereiaufträge erhalten, wie die Manessische Handschrift, die zugleich als Glanzpunkt höfischer Malerei des Mittelalters gilt. Andererseits eroberte die Glasmalerei als neue Technik allmählich die Schweiz und erreichte mit den Fenstern von Königsfelden (ca. 1325-1350) ihren Höhepunkt. Eine beeindruckende Synthese von höfisch-profaner Formensprache und christlicher Heilsgeschichte zu einem modernen Bildzyklus findet sich in der Kirche St. Arbogast in Oberwinterthur (Anfang 14. Jh.). Auch die Darstellung des berittenen Drachentöters in der Kirche St. Georg in Rhäzüns (um 1350) stammt aus der Bildwelt der Reitturniere an europäischen Fürstenhöfen. Ebenso wurde die Wandmalerei in der Efringer-Nische in St. Peter in Basel ganz im Geist der internationalen Gotik ausgeführt (zweite Hälfte des 14. Jh.). Die Grablegungsszene erinnert an weit entfernte Vorbilder in Avignon oder Prag.

Ein «international» geprägter Modernisierungsschub vollzog sich im 14. Jahrhundert auch in der Südschweiz. Die Fresken in S. Maria Assunta in Brione (Verzasca) und in S. Maria dei Ghirli in Campione d'Italia sind vermutlich die Arbeiten italienischer Wandermaler. Mit ihrem Detailreichtum, ihrer Erzählfreude und ihrer Vorliebe für architektonische Bildelemente in gewagter Perspektive stehen diese Fresken in der Nachfolge der revolutionären Malkunst Giottos und brechen radikal mit der Malerei der vorangegangenen Jahrhunderte im Tessin.

Frühe Neuzeit

Renaissance

Wie im übrigen Europa wurde die Gotik auch in der Schweiz im 15. Jahrhundert von der Renaissance abgelöst, die sich in der Malerei mit aufsehenerregenden Neuerungen im technischen, formalen und inhaltlichen Bereich bemerkbar machte. Die «Eroberung der Wirklichkeit» wurde zum vorherrschenden Ziel der Malerei und äusserte sich im bahnbrechenden Wandel auf den Gebieten der Perspektivmalerei, der Körperdarstellungen und der Naturbeobachtung. Es waren erneut Einflüsse aus den Nachbarländern (Burgund, Lombardei, Oberrhein), welche die Schweizer Malerei befruchteten, die ihrerseits auf die umliegenden Kulturräume wirkende Lösungen entwickelte. In diesem Sinn epochal ist zum Beispiel das Altarbild «Der wunderbare Fischzug» (1444) des Basler Malers Konrad Witz, dessen Darstellung der Umgebung Genfs eine der ersten topografisch exakten Landschaftsdarstellungen der Renaissance ist. Schilderungen des täglichen und politischen Lebens fanden vermehrt Eingang in die Malerei, wie zum Beispiel in den ab 1470 aufkommenden Bilderchroniken (z.B. von Diebold Schilling) oder als Staffage in Sakralbildern (z.B. Felix-und-Regula-Altar mit einem Panorama Zürichs von Hans Leu dem Älteren, um 1500). Die Darstellung von Personen erfuhr einen bisher unbekannten Realitätsgrad, wie etwa in der Wandmalerei des Basler Totentanzes (um 1440) und die Wiedergabe von Individuen in Stifterporträts nahm einen immer wichtigeren Platz in der Malerei ein (z.B. Stiftertafel der Herren von Eschenbach aus dem Zisterzienserkloster Kappel am Albis, 1438). Das erzählerische Spektrum der Malerei wurde, beeinflusst durch andere Medien wie die neu aufkommende Druckgrafik, sowohl im sakralen wie im profanen Bereich immer breiter und mit neuen Motiven zu Zyklen angereichert. Beispiele dieser Art sind die Wandmalerei der Heiligkreuzlegende in Wiesendangen (1496-1498) oder die Bildabfolge der sogenannten Neun Helden im Kalendensaal der Valeria in Sitten (um 1470). In der italienischen Schweiz vermengte die äusserst aktive Werkstatt der Seregnesi (Familie da Seregno) Mitte des 15. Jahrhunderts sakrale Episoden mit scharf beobachteten Abbildungen des Alltags, wie in Santa Maria del Castello in Mesocco (1459-1469) und in San Nicolao in Giornico (1478).

«Der wunderbare Fischzug» von Konrad Witz. Aussenseite eines Flügels des Petrusaltars aus der Genfer Kathedrale, Mischtechnik auf Holz, 1444. Fotografie von Bettina Jacot-Descombes (Musée d'art et d'histoire Genève, no inv. 1843-0011).
«Der wunderbare Fischzug» von Konrad Witz. Aussenseite eines Flügels des Petrusaltars aus der Genfer Kathedrale, Mischtechnik auf Holz, 1444. Fotografie von Bettina Jacot-Descombes (Musée d'art et d'histoire Genève, no inv. 1843-0011). […]

Von einschneidender Bedeutung für die weitere Entwicklung der Schweizer Malerei wurde die Reformation. Der Streit um die Bedeutung und Verehrung von Bildern und die darauffolgende Zerstörung vieler sakraler Gemälde (Bildersturm) wirft ein erhellendes Licht auf das damalige Verständnis der Malerei. Ihr wurde nicht nur blosser Illustrations- und Belehrungscharakter attestiert, man hielt ihren Einfluss für grösser: Gemälde wurden zum Teil als Verkörperungen von Heiligen wahrgenommen und mit wundertätigen Aktionen in Verbindung gebracht (Gnadenbilder). Dementsprechend wurden sie von den Ikonoklasten wie physische Gestalten behandelt, in Prozessen verurteilt und exekutiert.

Für die Kunstproduktion und besonders für die Malerei hatten diese Ereignisse weitreichende Konsequenzen. Einerseits kam die religiöse Malerei in den reformierten Gebieten der Schweiz abrupt zum Erliegen, andererseits wurde sie in den katholischen Regionen zum unverzichtbaren Instrument der religiösen Selbstbehauptung und der theologischen Propaganda. Besonders in reformierten Gebieten führte das religiöse Bilderverbot zur Etablierung und Verbreitung neuer Gattungen wie der Historien-, Porträt-, Genre- und Landschaftsmalerei. Gleichzeitig versuchten die Schöpfer dieser Bilder, sich im Sinn der italienischen Renaissance vom Handwerkerstatus zu lösen. Sie strebten eine Stellung als freie Künstler an, was sich unter anderem in der zunehmenden Produktion von Selbstbildnissen manifestierte. Fehlende Klientel oder zünftische Einschränkungen führten jedoch oft dazu, dass Schweizer Maler ihr Glück im Ausland suchten. Dieser fortan übliche Exodus brachte nach der Rückkehr der ausgewanderten Künstler wichtige Impulse. Zugleich erfuhr die Malerei durch die Immigration ausländischer Künstler neue Einflüsse. Geradezu exemplarisch für all diese Facetten der Malerei des 16. Jahrhunderts steht das Leben und Werk von Hans Holbein dem Jüngeren, der in Basel wirkte.

In verschiedenen Schweizer Städten profilierten sich Künstler, die das gesamte Repertoire der Renaissancemalerei beherrschten, zum Beispiel Hans Asper als führender Porträtist in Zürich, Tobias Stimmer als Fassaden- und Bildnismaler in Schaffhausen oder Niklaus Manuel als Schöpfer religiöser und mythologischer Historien in Bern. Im 16. Jahrhundert etablierte sich zunehmend die Darstellung des Soldaten- und Söldnerwesens als wichtiges Thema der Schweizer Malerei und Grafik. Sie beeinflusste auch die Wappenscheibenmalerei.

Barock

Im 17. Jahrhundert verstärkte sich der Trend zur Auslandstätigkeit von Schweizer Künstlern. Joseph Heintz wirkte am Prager Hof als wichtiger Vertreter des Manierismus. Der aus Genf stammende Jean Petitot und sein gleichnamiger Sohn porträtierten die Mitglieder des englischen und französischen Hofs auf Email-Medaillons. Die beiden Tessiner Künstler Giovanni Serodine und Pier Francesco Mola profilierten sich wie andere Künstler aus der italienischen Schweiz (Maestranze) in Rom als bedeutende Vertreter der barocken Sakralmalerei. Serodines Erfahrungen flossen nach seiner Rückkehr nach Ascona in die dortige Malerei ein. Mitte des 17. Jahrhunderts schulte sich der Berner Maler Joseph Werner in Paris und Augsburg in der höfischen Barockmalerei (Barock), schuf Bildnisse des Berner Patriziats, international geprägte Allegorien und Historiengemälde.

Die katholische Reform belebte die religiöse Malerei in den katholischen Gebieten der Deutschschweiz und im Tessin von Neuem. Kirchen wurden mit Tafelzyklen (Hergiswald) und ephemerem Bildschmuck (Fastentuch von Steinen, 1605) zur Belehrung der Gläubigen ausgestattet. Die enge Bindung zu Italien führte zu vermehrten Importen von italienischen Bildern. Diese beeinflussten auch das Schaffen einheimischer Meister wie Renward Forer, dem führenden Kirchenmaler in Luzern. Politische Themen wie historische Allianzen und aktuelle Bündnisse wurden zunehmend in der öffentlichen Malerei dargestellt (z.B. Bilderzyklus der Kapellbrücke Luzern). Gleichermassen entwickelten sich die ab dem 16. Jahrhundert in der Grafik weit verbreiteten Darstellungen eidgenössischer Gründungsmythen zum Gegenstand der Malerei (z.B. «Rütlischwur» von Joseph Werner, 1677). Die sich im 16. Jahrhundert autonomisierende Landschaftsmalerei wurde im 17. Jahrhundert zunehmend professionalisiert, so etwa vom Winterthurer Felix Meyer oder vom Strassburger Immigranten Albrecht Kauw, der repräsentative Ansichten von Berner Herrensitzen malte. Aus den Niederlanden brachte Samuel Hofmann in den 1630er Jahren das Genre des Stilllebens in die Schweiz.

Als Folge der Akademiegründungen und der ersten Ausstellungen brachte das 18. Jahrhundert in den verschiedenen Gattungen der Malerei immer mehr Spezialisten hervor. Neu wurden auch Schweizer Malerinnen aktiv, zum Beispiel Anna Waser und Angelika Kauffmann. Die ersten grösseren, erhalten gebliebenen Bestände der Volksmalerei (Volkskunst) stammen ebenfalls aus dieser Zeit (z.B. Votiv-Malerei). Für das Repräsentationsbedürfnis des Ancien Régime wurde die Bildnismalerei immer wichtiger. Bedeutende Schweizer Porträtisten, die oftmals auch im Ausland wirkten, waren der in Deutschland tätige Anton Graf aus Winterthur, der in London, Rom, Istanbul, Den Haag und Wien lebende Genfer Maler Jean-Etienne Liotard, Johann Melchior Wyrsch aus Stans, der in der Schweiz und in Frankreich arbeitete, oder der in Rom aktive Waadtländer Jacques Sablet. Die einheimische Elite aus Wissenschaft und Politik porträtierte der in Bern tätige Emanuel Handmann.

Im 18. Jahrhundert vollzog sich eine bedeutende Neuerung in der Landschaftsmalerei. Von der rein topografischen Wiedergabe der Umwelt vollzog sich die Sublimierung der Alpenwelt und der Natur durch Maler wie Caspar Wolf oder Künstler aus dem Umkreis der sogenannten Kleinmeister (u.a. Johann Ludwig Aberli, Heinrich Rieter, Johann Jakob Biedermann). In akribisch komponierten Atelierbildern hielten sie die landschaftlichen Sehenswürdigkeiten der Schweiz fest und dokumentierten und förderten zugleich den aufkommenden Tourismus. Von volkskundlichem Interesse zeugen die typisierten Trachtenbildnisse von Joseph Reinhart.

In der Sakralmalerei wurden im 18. Jahrhundert die Deckenfresken zum unverzichtbaren Kirchenschmuck. Als sorgfältig konstruierter Blickfang sollten sie die Gläubigen in Erstaunen versetzen. Die führenden Meister auf diesem Gebiet stammten aus Süddeutschland, dem Tessin und Norditalien: Die Deckenfresken in der Klosterkirche Einsiedeln schufen die Brüder Cosmas Damian und Egid Quirin Asam aus Bayern, diverse Deckenbilder in der Deutschschweiz die Brüder Giuseppe Antonio und Giovanni Antonio Torricelli aus Lugano. Bedeutendster Kirchenmaler im Tessin und in dessen Umgebung war Giuseppe Antonio Petrini, während Vertreter von Künstlerfamilien wie den Carlone, Casella, Colomba und Tencalla an deutschen Fürstenhöfen und in Italien als Maler aktiv waren. In der katholischen Deutschschweiz nahm Johann Melchior Wyrsch als Schöpfer religiöser Bilder eine bedeutende Stellung ein.

Die Historienmalerei des 18. Jahrhunderts hat mit dem Genfer Jean-Pierre Saint-Ours einen wichtigen Vertreter der französischen Revolutionskunst hervorgebracht. Einzigartig ist hingegen das Œuvre des Zürchers Johann Heinrich Füssli. Er emigrierte bereits in jungen Jahren nach England und schuf dort Gemälde zu diversen literarischen Vorlagen, die bis ins 20. Jahrhundert wirkten, und beispielsweise für den Surrealismus von Bedeutung waren.

19. Jahrhundert

Die gesellschaftlichen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts brachten eine Demokratisierung der Malerei mit sich. Vom repräsentativen und didaktischen Kommunikationsträger einer kleinen Elite wandelte sich die Malerei zum Massenmedium für breite Schichten der Bevölkerung. Kunstvereine und Künstlervereine organisierten Ausstellungen und waren massgeblich an der Gründung von Museen beteiligt (Kunsthandel). Dadurch erhielt die Öffentlichkeit Zugang zur Malerei und entwickelte eine gewisse Kennerschaft. Malerei wurde vermehrt zur Unterhaltung und historisch-politischen Belehrung eingesetzt, wie in den Panoramen des Thunersees, der Schlacht bei Murten oder der Bourbakiarmee. Gemälde und Grafiken wurden zum unverzichtbaren Mobiliar des bürgerlichen Interieurs, das Grossbürgertum profilierte sich als treibende Kraft des Mäzenatentums und baute private Sammlungen auf. Dieser Bedarf an Malerei führte zu einer enormen Produktionssteigerung und Professionalisierung. Zugleich betätigten sich immer mehr Autodidakten als Maler und schufen neue Genres der Volkskunst, etwa Bartholomäus Lämmler als Begründer der Appenzellermalerei.

Im 19. Jahrhundert sammelten die meisten Schweizer Maler Erfahrungen im Ausland, der weit gereiste Impressionist Frank Buchser sogar in Amerika. Neue Tendenzen aus den Kunstmetropolen München, Paris, Rom, Mailand und Wien flossen dadurch schnell in die Schweizer Malerei ein, wie die Pleinairmalerei (Freilichtmalerei), der Impressionismus oder der Symbolismus. Einige Schweizer Künstler machten in der Fremde Karriere und Geld: Der Neuenburger Léopold Robert in Rom mit romantischen Motiven der italienischen Landbevölkerung, der Genfer Jacques-Laurent Agasse als Tier- und Genremaler in England, der Basler Arnold Böcklin in Deutschland und Italien mit Mythologien und Stimmungslandschaften, der Tessiner Antonio Ciseri in Florenz mit Sakral- und Historienbildern oder der Lausanner Félix Vallotton in Paris als wichtiges Mitglied der Künstlergruppe Nabis und als Wegbereiter der Neuen Sachlichkeit.

Unterdessen prägten in der Schweiz diverse herausragende Künstlerpersönlichkeiten mit ihrem unverwechselbaren, oftmals patriotisch gefärbten Stil die verschiedenen Gattungen der Malerei und ernteten dafür auch im Ausland Erfolg. Alexandre Calame wurde Mitte des Jahrhunderts zum führenden Meister der heroischen Gebirgsmalerei, Robert Zünd beeindruckte die Zeitgenossen mit seinen präzisen Wald- und Landschaftsstücken, während Barthélemy Menn die Westschweiz in spontanen Landschaftsausschnitten (Paysage intime) wiedergab. Romantische Schilderungen des Landlebens und der dörflichen Gemeinschaft machten Rudolf Koller, Albert Anker und Luigi Rossi berühmt. Kollers anachronistische «Gotthardpost» (1873) wurde ebenso zur Inkunabel der verklärten Schweizer Malerei wie Ankers Bilder von Hirtenjungen und Bauernmädchen, die kaum etwas von der harten Realität der ländlichen Jugend erahnen lassen. Ähnlich unkritisch zeigte sich zu grossen Teilen auch die Historienmalerei des 19. Jahrhunderts, zu deren wichtigsten Vertretern neben Charles Gleyre, Antonio Barzaghi-Cattaneo und Ernst Stückelberg auch Anker gehörte. Zur Mythologisierung des bescheidenen, opferbereiten und wehrhaften Schweizer Volkes wurden historische Gegebenheiten und Sagen ebenso herangezogen wie Darstellungen aus der Ur- und Frühzeit (Pfahlbauer, Helvetier), die zuweilen vom jungen Bundesstaat selbst in Auftrag gegeben wurden.

Der Rückzug von Marignano. Mittelfeld des Wandbildes von Ferdinand Hodler in der Waffenhalle des Landesmuseums Zürich, 1899-1900 (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich).
Der Rückzug von Marignano. Mittelfeld des Wandbildes von Ferdinand Hodler in der Waffenhalle des Landesmuseums Zürich, 1899-1900 (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich). […]

In der Person Ferdinand Hodlers, der Überfigur der Schweizer Malerei des ausgehenden 19. Jahrhunderts, kristallisierte sich denn auch die zunehmende Diskrepanz zwischen den patriotischen Aufgaben und deren kritischer Umsetzung mit neuen Stilmitteln. Hodler, der sowohl die Landschafts- und Porträtmalerei als auch die Genre- und Historienmalerei der Schweiz revolutionierte, stiess zunächst auf heftigen Widerstand. Seine historischen Fresken im Landesmuseum Zürich provozierten den ersten nationalen Kunstskandal. Die allmähliche Akzeptanz seiner Bilder, zum Teil als Folge der internationalen Anerkennung des Künstlers, bedeutete jedoch einen Wendepunkt, der für die Schweizer Malerei des 20. Jahrhunderts von zentraler Bedeutung werden sollte. Nicht mehr die möglichst reale Wiedergabe, sondern die formale und farbliche Evokation von Stimmungen durch neue Stilmittel (z.B. jene des Symbolismus oder des Jugendstils) oder durch neue Techniken, wie den Divisionismus Giovanni Segantinis, zeigten den Weg zur abstrakten Malerei des folgenden Jahrhunderts.

Vom 20. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts

Frau mit Fächer. Öl auf Leinwand von Alice Bailly, 1913 (Musée cantonal des Beaux-Arts de Lausanne; Fotografie Jean-Claude Ducret).
Frau mit Fächer. Öl auf Leinwand von Alice Bailly, 1913 (Musée cantonal des Beaux-Arts de Lausanne; Fotografie Jean-Claude Ducret). […]

Im engen Austausch mit dem Ausland entwickelte die Schweizer Malerei des 20. Jahrhunderts eigene Varianten, wie den vom französischen Fauvismus inspirierten sogenannten Schweizer Kolorismus, dessen Hauptvertreter Giovanni Giacometti und Cuno Amiet waren. Die kubistische Auflösung der Formen zeichnete sich schon früh im Werk von Otto Morach und dem Bauhausmitglied Johannes Itten ab. 1911 organisierte die Schweizer Künstlervereinigung Der Moderne Bund ihre erste Ausstellung, unter anderem mit Werken von Hans Arp, Pablo Picasso, Henri Matisse, Wassily Kandinsky und Paul Klee. Von der Öffentlichkeit weitgehend abgelehnt, hielt damit die avantgardistische, abstrakte Malerei Einzug. Deutsche Emigranten wie Ernst Ludwig Kirchner oder Arp liessen sich im Lauf des Ersten Weltkriegs in der Schweiz nieder und wurden zu wichtigen Vorreitern des Expressionismus bzw. zu Begründern des Dada. Der in Bern lebende Klee seinerseits war lange in Deutschland als Künstler und Lehrer am Bauhaus tätig. Er vertrat, im Gegensatz zum französisch geprägten, gegenständlichen Surrealismus Meret Oppenheims, eine abstrakte, surreale Malerei, die Max von Moos weiterführte. Die Hinwendung zur rein farbtheoretischen und geometrischen Malerei gipfelte in den 1930er und 1940er Jahren in der Kunst der Konstruktivisten und Konkreten, deren wichtigste Vertreter Camille Graeser, Max Bill, Fritz Glarner, Verena Loewensberg und Richard Paul Lohse sind.

Im Gegenzug wurde bis Mitte des 20. Jahrhunderts die gegenständliche Malerei besonders durch offizielle Aufträge gefördert. Die Heimatmalerei, angefangen beim bieder realistischen Landsgemeindebild von Albert Welti und Wilhelm Balmer (1914) im Ständeratssaal des Bundeshauses über Hans Ernis avantgardistisch angehauchtes Panoramabild zur Landesausstellung 1939 bis hin zum Bundesschwurfresko Walter Clénins im Bundesbriefmuseum Schwyz (1947), entwickelte sich zum künstlerischen Mittel der Geistigen Landesverteidigung. Scharf hingegen fielen die Polemiken gegen modernere Entwürfe wie Heinrich Danioths Fresko am Bundesbriefarchiv (1935-1936) aus. Neue Impulse erfuhr die gegenständliche Malerei in der Landschaftsmalerei Adolf Dietrichs und den Genreszenen Varlins sowie durch die spätexpressionistischen Werke von René Auberjonois und Max Gubler.

Die Moderne und die ungegenständliche Malerei fanden erst nach dem Zweiten Weltkrieg breitere Akzeptanz. In der Tradition des Konstruktivismus wird Malerei als eigenwertiges intellektuelles Zeichen- und Formsystem bis heute weitergeführt (z.B. Italo Valenti, John M. Armleder). Andererseits wurde die bereits bei Alberto Giacometti beobachtete inspirierende Wirkung des eigentlichen Malakts in der gestischen Abstraktion (z.B. Tachismus, Informel) bei Hans Falk, Helen Dahm, Gérard Schneider oder Rolf Iseli wie auch bei jüngeren Künstlern wie Martin Disler zur Kunstform. Auch die gegenständliche Malerei hatte weiterhin Bestand, sowohl im Hyperrealismus eines Franz Gertsch, als auch in surrealen Schöpfungen von Jean-Frédéric Schnyder, Alex Sadkowsky oder Claude Sandoz. Malerei wurde zunehmend Bestandteil von Installationen und mit anderen Techniken und gattungsfremden Materialien kombiniert. Solche Vermischungen finden sich bereits bei Jean Tinguely und Daniel Spoerri, aktuelle Formen sind die Umgestaltungen von Abfall mittels Farbe durch Urs Frei. Im Zeitalter der Digitalisierung nimmt Malerei weiterhin eine wichtige Funktion als authentische und originäre Kunstform ein.

Quellen und Literatur

  • J. Gantner, A. Reinle, Kunstgesch. der Schweiz, 4 Bde., 1936-62 (21968)
  • From Liotard to Le Corbusier, Ausstellungskat. Atlanta, 1988
  • AH 5-6, 10, 12
  • Arte in Ticino, Ausstellungskat. Lugano, 4 Bde., 2001-04
  • J. Albrecht et al., Das Kunstschaffen in der Schweiz 1848-2006, 2006
Weblinks

Zitiervorschlag

Matthias Oberli: "Malerei", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 30.06.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011008/2010-06-30/, konsultiert am 19.03.2024.