Der Begriff Heimatliteratur bzw. Heimatkunst entstand am Ende des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf die im Naturalismus beliebte Grossstadtdarstellung. Zum Genre zählen der Heimat- und Bergroman und als Vorläufer auch die Dorfgeschichte und der Bauernroman. Die Autoren der Heimatliteratur wandten sich gegen die Verstädterung, die Industrialisierung, die Technisierung und ihre Folgen, vor allem gegen die Entwurzelung und die Entstehung eines Proletariats. Dem Modernisierungsprozess setzten sie die heile Welt des Dorfes und der Natur und damit den traditionsverhafteten und moralisch handelnden Menschen gegenüber, der den gesunden Kern der Nation repräsentiere. Das Zielpublikum der Heimatliteratur waren Menschen aus dem Kleinbürgertum und aus der städtischen Mittelschicht. Heimatliteratur gehört zur Volksliteratur, die sich mit populären Lesestoffen (z.B. Heftchenromane, Erbauungsschriften) und traditionellen, alltäglichen Erzählungen (z.B. Märchen) beschäftigt. Obwohl in allen Landesteilen der Schweiz Heimatliteratur verfasst wurde, gibt es in der französischen und italienischen Sprache keinen adäquaten Begriff. Heimatliteratur heisst hier Littérature populaire bzw. Letteratura regionale.
Die Vertreter der Heimatliteratur sahen ihre Vorläufer in der im Biedermeier entstandenen Dorfgeschichte (z.B. Gottfried Kellers "Romeo und Julia auf dem Dorfe" 1855) und im Bauernroman (z.B. Jeremias Gotthelfs "Uli der Knecht" 1840). In der Deutschschweiz, in der es bis Ende des 19. Jahrhunderts keine mit Deutschland vergleichbare Entwicklung der Grossstadt und keine naturalistische Literaturströmung gab, fügte sich die Heimatliteratur in die Darstellung ländlicher Verhältnisse ein, die bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ein Hauptgegenstand der schweizerischen Literatur war. Im Gegensatz zu dieser ersten Phase der Darstellung bäuerlichen Lebens ist die Heimatliteratur zu einem grossen Teil der Trivialliteratur zuzurechnen. Im Unterschied zu jener Literatur, die lokale Verhältnisse in kritischer Absicht darstellt (z.B. Maurice Zermatten, Charles Ferdinand Ramuz), unterschied sie sich durch die Ideologisierung des Heimatbildes und die Schwarz-Weiss-Malerei. Als Hauptvertreter in der Deutschschweiz gelten Jakob Bosshart, Heinrich Federer, Jakob Christoph Heer, Alfred Huggenberger, Meinrad Lienert und Ernst Zahn, die teilweise auch Dialektliteratur verfassten. Sie standen in der Tradition der in Deutschland aufgekommenen Heimatkunstbewegung. Im Dritten Reich wurden die Stoffe der Heimatliteratur und die damit verbundene Ideologie von der Blut- und Bodenliteratur aufgenommen. Bezeichnenderweise erfuhren Autoren wie Huggenberger in dieser Zeit eine hohe Wertschätzung, ihre Literatur wurde ideologisch missbraucht. Die Heimatliteratur lebte nach dem Zweiten Weltkrieg in Heftchenromanen, im Heimattheater, im Heimatfilm und in Fernsehserien weiter und entwickelte sich zur Massenliteratur.
Eindeutig im Zusammenhang mit der deutschen Bewegung der Heimatliteratur steht die rätoromanische Heimatliteratur mit Maurus Carnot ("Bündnerblut" 1902). Als Literatur der Minderheit blieb das rätoromanische Schaffen bis in die 1950er Jahre weitgehend Heimat- bzw. Volksliteratur (z.B. Men Rauch). In der Westschweiz war ab der Mitte des 19. Jahrhunderts die Besinnung auf lokale Themen, die Darstellung eines idyllischen ländlichen Milieus und konservativer Werte feststellbar, ebenso der Versuch, sich von modernen, in Paris entstandenen Strömungen abzugrenzen. Die Autoren bewegten sich wie jene in der Deutschschweiz auf dem Niveau der Volksliteratur und verfolgten häufig auch pädagogische Absichten. Die in der deutschen Literatur erkennbare Tendenz zu fremdenfeindlichen Implikationen des Heimatbegriffs gab es auch in der Westschweiz (Urbain Olivier, Adolphe Ribaux). Im Tessin erfolgte eine Rückbesinnung auf die traditionellen Werte des Kantons (z.B. Angelo Nessi, Giuseppe Zoppi, Francesco Chiesa), jedoch nicht im definierten ideologisch belasteten Sinn.