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Synagogen

Die Synagoge (aus dem Griechischen «sich versammeln») ist ein jüdisches Gottes- und Versammlungshaus, in dem die jüdische Gemeinde (Judentum) zu Gebet, Studium und Unterricht zusammenkommt. Als etablierte Institution ist die Synagoge, deren Anfänge vermutlich auf die Zerstörung des Tempels und das babylonische Exil (586-538 v.Chr.) wie auch den Hellenismus zurückgehen, seit dem 1. Jahrhundert n.Chr. bezeugt. Im Mittelalter sind in Basel und Zürich Synagogen belegt, in Basel ab 1290 auf dem Boden des Stifts St. Leonhard am Rindermarkt im Zentrum der Stadt (heute Gerbergasse), nach 1356 im Grünpfahlgässlein 1. In Zürich findet sich für 1363 ein Hinweis auf die Synagoge in der Judengasse (heute Froschaugasse 4). Sie war in ein Wohnhaus eingebaut, das 1375-1436 wieder von Juden bewohnt und als Synagoge benutzt wurde. In Luzern befand sich möglicherweise eine Synagoge im Roubhus. Die Juden verliessen Basel 1397, aus Zürich wurden sie 1436 vertrieben.

Postkarte mit der Synagoge und dem eidgenössischen Edelmetallkontrollamt (im Hintergrund) an der Rue du Parc in La Chaux-de-Fonds, um 1900 (Musée d'histoire La Chaux-de-Fonds).
Postkarte mit der Synagoge und dem eidgenössischen Edelmetallkontrollamt (im Hintergrund) an der Rue du Parc in La Chaux-de-Fonds, um 1900 (Musée d'histoire La Chaux-de-Fonds). […]

Nach längerer Unterbrechung waren in der Grafschaft Baden im 17. Jahrhundert wieder Juden geduldet. Sie bauten 1750 in Lengnau und 1764 in Oberendingen Synagogen (Saalbauten). Die in Bern 1812, in Basel 1808, 1810 und 1841 eingerichteten Betsäle wie auch die in Basel 1850 und in Bern 1856 in bestehenden Gebäuden erstellten Synagogen wurden nach Gewährung der freien Niederlassung und rechtlichen Gleichstellung (Bern 1846 zeitlich begrenzte Niederlassung, Schweiz 1866 und 1874) durch Neubauten ersetzt. Während in den beiden neuen Aargauer Synagogen (Lengnau 1846, Architekt Ferdinand Stadler; Oberendingen 1852, Caspar Joseph Jeuch) der neoromanische Stil, durchmischt mit maurischen Stilelementen, dominiert, sind die Synagogen von Genf (1859, Jean-Henri Bachofen), Basel (1868, Hermann Gauss; Erweiterung 1892, Paul Reber), St. Gallen (1881, Chiodera & Tschudy), Zürich (1884, Chiodera & Tschudy) und Bern (1906, Rybi Vater und Sohn) in einem orientalisierenden Mischstil gebaut, der byzantinische und maurische Elemente verbindet. Als Vorbild diente in Genf und Basel die Stuttgarter Synagoge. Deren Prototyp wiederum war hinsichtlich Struktur – byzantinischer Zentralbau bzw. dessen Verdoppelung – und Gestaltung des Innenraums mit maurischen Säulenreihen und maurisch-orientalisierender Ausmalung die Synagoge von Dresden (1840, Gottfried Semper). Diese prägte den europäischen Synagogenbaustil entscheidend. Später entstanden Synagogen in Pruntrut (1874), Biel (1883), La Chaux-de-Fonds (1896), Lausanne (1910) und Delsberg (1911), die dem neoromanischen oder dem neoromanisch-byzantinischen Stil verpflichtet blieben. Jugendstil und Expressionismus prägen die Luzerner Synagoge (1912) und auch das Innere der Zürcher Synagoge an der Freigutstrasse (1924, Henauer & Witschi; Gewölbeausmalung von Ernst Staub). In Anlehnung an die christliche Sakralarchitektur rückte das Vorlesepult bei diesen jüngeren Bauten meist vom Zentrum weg in die Nähe des Toraschreins im Osten. Die kubische Gestalt der Neubauten geht auf den Historismus zurück. An Einweihungen und Jubiläen der Synagogen und Gemeinden, deren Mittelpunkt sie bilden, nahmen und nehmen auch Behörden und Kirchen teil. Synagogen, die im 19. Jahrhundert oft auf Grundstücken ausserhalb des Stadtzentrums errichtet wurden, gehören heute zum Stadtbild. Schlicht sind die Synagogen der Israelischen Religionsgesellschaft Basel (1929), von Lugano (1959) sowie der Agudas Achim (1960) und der Jüdischen Liberalen Gemeinde (2002) in Zürich. Seit 1973 steht in Genf die einzige sephardische Synagoge Hekhal Haness (Antoine Guth). Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu Renovationen, welche die Bemalung des Innenraums aufhoben. Diese Änderungen wurden oft durch die Restaurierungen der 1980er und 1990er Jahre rückgängig gemacht, die das ursprüngliche Erscheinungsbild wiederherzustellen suchten (Basel, Bern, Endingen, Lengnau, La Chaux-de-Fonds, Biel, Genf).

Quellen und Literatur

  • N. Guth, Synagoge und Juden in Basel, [1988]
  • K+A 56, 2005, H. 2
  • R. Epstein-Mil, Die Synagogen der Schweiz, 2008
Weblinks

Zitiervorschlag

Nadia Guth Biasini: "Synagogen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 03.12.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011382/2013-12-03/, konsultiert am 19.03.2024.