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LuganoDiözese

Die Diözese Lugano, 1884 bzw. 1888-1977 apostolische Administration des Kantons Tessin, umfasst das ganze Kantonsgebiet und ist direkt dem Heiligen Stuhl unterstellt. Hauptpatron ist der heilige Karl Borromäus, Nebenpatrone sind Sant'Ambrogio und Sant'Abbondio. Bischofskirche ist San Lorenzo in Lugano; Bischofssitz war 1885 Balerna, seit 1886 Lugano. Seit 1969 ist die Diözese in sechs Vikariate eingeteilt: Bellinzona, Locarno, Lugano, Malcantone, Mendrisiotto und die drei Ambrosianischen Täler.

Geschichte

Seit ihrer Christianisierung waren die Tessiner Gebiete Teil der lombardischen Bistümer. Die drei Täler Leventina, Blenio und Riviera, die Pieve Capriasca und die Pfarrei Brissago gehörten zur Diözese Mailand, während der Rest des heutigen Tessins der angrenzenden Diözese Como unterstand. Ein erstes Gesamtprojekt, die Tessiner Gebiete von den lombardischen Diözesen abzutrennen, geht auf die Zeit der Kantonsgründung 1803 zurück, als im Rahmen der napoleonischen Neuordnung der Schweiz die Schaffung eines einzigen nationalen Bistums angestrebt wurde. Der Vorschlag zeitigte keine Folgen. 1815 kam die Bistumsfrage beim Versuch, die rechtliche Stellung der Kirche zu regeln, erneut zur Sprache: Das im Geist des Josephinismus formulierte Vorhaben zielte auf den Abschluss eines Konkordats, wurde aber von Österreich, das die Lombardei beherrschte, hintertrieben.

Apostolische Administratoren des Kantons Tessin bis 1971

a Generalvikar mit allen Vollmachten während der Krankheit Bacciarinis bis zum Amtsantritt des Nachfolgers

Apostolische Administratoren des Kantons Tessin bis 1971 -  Helvetia Sacra; Autorin

Nach der gemässigt liberalen Revolution von 1830 wurden, unterstützt vom Klerus des römischen Ritus, die Ablösungsverhandlungen mit dem Heiligen Stuhl wieder aufgenommen. Das Haupthindernis bildeten die Tessiner Einkünfte der bischöflichen Mensa von Como, die Österreich nicht an die neu zu gründende Diözese Lugano abtreten wollte; zudem hatte sich der Klerus des ambrosianischen Ritus schon ab 1817 ablehnend gegenüber dem Projekt verhalten, da er der geistlichen Tradition Mailands verbunden war und spirituell und materiell davon profitierte. Nach dem Amtsantritt der radikalen Regierung entstanden 1839, ähnlich wie in anderen Schweizer Kantonen, neue Schwierigkeiten. Ab 1848 erliessen die kantonalen Behörden verschiedene kirchenfeindliche Gesetze, die in der "Legge civile ecclesiastica" von 1855 gipfelten, die die Kirche dem Staat unterordnete. Wegen der Asylpolitik der Tessiner Regierung, die die Verschwörer um Giuseppe Mazzini als Flüchtlinge aufnahm, verschlechterten sich zudem die Beziehungen zum Heiligen Stuhl und zu Österreich. 1859 hob der Bundesrat per Beschluss die Gerichtsbarkeit ausländischer Bischöfe auf eidgenössischem Gebiet auf und unterband damit de facto den Einfluss der Bischöfe von Como und Mailand auf das Tessin. Durch ein 1862 mit dem neuen Königreich Italien abgeschlossenes Abkommen gelangte der Kanton Tessin in den Genuss der Tessiner Einkünfte aus der bischöflichen Mensa von Como. Die finanziellen Fragen waren damit zwar gelöst, doch standen die antiklerikale Gesetzgebung und ab 1871 der Kulturkampf, der zum Bruch zwischen der Eidgenossenschaft und dem Heiligen Stuhl führte, weiterhin der Schaffung einer Tessiner Diözese im Wege. Erst nach dem Abflauen des Kulturkampfes im Tessin und in der Schweiz wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen. 1884 einigte man sich darauf, dass der abgesetzte Bischof von Basel, Eugène Lachat, auf den Basler Bischofstitel verzichtete und dafür als apostolischer Administrator ins Tessin wechselte. Neben dem guten Willen der Bundesbehörden, die an der Lösung der noch offenen Fragen in der Diözese Basel interessiert waren, hing der Ausgang der Verhandlungen hauptsächlich von der Hartnäckigkeit der konservativen Tessiner Regierung und dem diplomatischen Geschick von Monsignore Domenico Ferrata ab. Nach dem Tod Lachats 1886 kam es zu neuen Verhandlungen, die mit dem Abkommen von 1888 abgeschlossen wurden: Darin wurde der Titel Bischof von Basel aeque principaliter mit demjenigen von Lugano verbunden, die vollständige Unabhängigkeit der beiden Titel aber garantiert (Bulle "Ad universam" 7. September 1888). Es handelte sich de facto um die kanonische Errichtung der Tessiner Diözese, auch wenn in den Dokumenten dieser Begriff sorgsam vermieden wurde, da die eidgenössische Gesetzgebung die Schaffung neuer Diözesen untersagte. Das Abkommen blieb bis 1971 in Kraft, als die Diözese auch dem Namen nach geschaffen wurde (Bulle "Paroecialis et collegialis" 8. März 1971).

Strukturen der Diözese

Das dem heiligen Karl geweihte und 1885 von Monsignore Lachat eröffnete Diözesanseminar bezog 1903 seinen neuen, von Monsignore Vincenzo Molo errichteten Sitz in Besso (Gemeinde Lugano). Monsignore Aurelio Bacciarini schloss 1919 das alte Seminar von Pollegio, das 1622 für die Ausbildung des ambrosianischen Klerus gegründet worden war, und eröffnete 1932 das Sommerseminar von Prato Leventina. 1957 schuf Monsignore Angelo Jelmini das Kollegium Pius XII. in Breganzona als Knabenseminar. Während der Amtszeit der Bischöfe Giuseppe Martinoli und Ernesto Togni wurde die Ausbildung des Klerus nach Freiburg verlegt; 1992 brachte sie Monsignore Eugenio Corecco an die neue theologische Akademie von Lugano zurück, die 1993 theologische Fakultät wurde. Zur Diözese gehören zudem zwei höhere Schulen: das 1584 gegründete Collegio Papio von Ascona, das 1852 durch die Kantonsbehörden säkularisiert, 1885 wieder der apostolischen Administration und 1964 der bischöflichen Verwaltung unterstellt wurde, sowie das 1988 gegründete Diözesangymnasium am ehemaligen Sitz des Kollegiums Pius XII.

Bischöfe der Diözese Lugano

1971-1978Giuseppe Martinoli
1978-1985Ernesto Togni
1986-1995Eugenio Corecco
1995-2004Giuseppe Torti
2004-2013Pier Giacomo Grampa
2013-Valerio Lazzeri
Bischöfe der Diözese Lugano -  Helvetia Sacra; Autorin

Unter Monsignore Molo begann die apostolische Administration, sich auf dem Gebiet des Verlags- und Pressewesens, der Arbeitswelt und der Laienvereinigungen zu betätigen. Molo förderte das Erscheinen des "Monitore ecclesiastico dell'Amministrazione Apostolica Ticinese" (1897), gründete die katholische Arbeiterunion und verhalf ihr zu einem Presseorgan, der "Gazzetta del Lavoratore", unterstützte den Pius- und Leoverein und nahm die barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul auf. Bacciarini restrukturierte die Katholische Aktion, gründete zu ihrer Unterstützung die Compagnia di Santa Teresa, einen weltlichen Frauenorden, und erweiterte den sozialen Tätigkeitsbereich dank der Zusammenarbeit mit der Christlich-sozialen Organisation. Seiner Initiative entsprangen auch die Tageszeitung "Il Giornale del Popolo", die Zeitschrift "Pagine nostre" und die Druckerei La Buona Stampa. Jelmini schuf 1941 die bischöfliche Caritas und 1961 das Katechismusbüro der apostolischen Administration.

Quellen und Literatur

  • F. Zorzi, Le relazioni tra la Chiesa e lo Stato nel Cantone Ticino, 1969
  • A. Moretti, La chiesa ticinese nell'Ottocento, 1985
  • HS I/6, 231-300
  • F. Panzera, Società religiosa e società civile nel Ticino del Primo Ottocento, 1989
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Antonietta Moretti: "Lugano (Diözese)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 04.06.2009, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011405/2009-06-04/, konsultiert am 28.03.2024.