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Waldenser

Chiese evangeliche di lingua italiana

Als Waldenser werden die Anhänger der um 1170 vom Kaufmann Waldes in Lyon ausgehenden religiösen Bewegung bezeichnet. Von der katholischen Kirche verfolgt, schloss sich diese der calvinistischen Reformation an und entwickelte sich zur offiziell anerkannten reformierten Kirche in Italien (Chiesa Evangelica Valdese) mit ihren Ablegern unter anderem in der Schweiz.

Mittelalter und frühe Neuzeit

Waldes (der Vorname Petrus ist nicht authentisch) verteilte sein vielleicht unrechtmässig erworbenes Vermögen unter die Armen und suchte die Nähe zu Bibel und Predigt, was ihn und seine Anhänger in Konflikt mit der Kirche brachte. Die 1183 vertriebenen und 1184 vom Papst in Verona exkommunizierten sogenannten Armen von Lyon flüchteten unter anderem ins Burgund, nach Norditalien, Süd- und Nordfrankreich sowie Flandern. Als Ketzer ausgegrenzt und verfolgt von der Inquisition, zogen sich die Waldenser Ende des 13. Jahrhunderts in die Alpentäler des Piemonts und der Dauphiné zurück. Sie bildeten den romanischen Zweig der Waldenser, während sich in Österreich, Böhmen, Mähren und in der Mark Brandenburg ein deutscher Zweig ausbreitete.

In der Schweiz sind Waldenser ab der Mitte des 13. Jahrhunderts belegt. Die vor 1268 in Freiburg und 1277 in Schwarzenburg verfolgten Waldenser gehörten vermutlich zum deutschen Zweig, während die 1280 in der savoyischen Herrschaft Les Clées bezeugten Waldenser eher dem romanischen Zweig zuzurechnen sind. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurden die deutschen Waldenser in einer grossen Verfolgungswelle praktisch ausgelöscht. Die wenigen Überlebenden gerieten ab den 1420er Jahren unter hussitischen Einfluss und versuchten vergeblich, um die Mitte des 15. Jahrhunderts in Deutschland eine waldensisch-hussitische Kirche aufzubauen. Den Waldensern von Freiburg, die nach Denunziationen von Bern 1399 einen ersten Prozess unbeschadet überstanden hatten, wurde 1430 ein zweiter Prozess gemacht, der zu ihrem Verschwinden führte. Die letzten Häresieprozesse in der Westschweiz gingen nahtlos in die ersten Hexenprozesse über (Hexenwesen).

Nach Kontakten mit Johannes Oekolampad in Basel und mit Martin Bucer in Strassburg beschlossen romanische Barben (waldensische Wanderprediger in den Westalpen) 1532 auf einer Synode in Chanforan im piemontesischen Angrognatal den Anschluss an die Reformation calvinistischer Prägung. An der Synode nahm auch der Reformator Guillaume Farel teil. In der Folge wurden die Waldenser wie die Hugenotten als protestantische Glaubensflüchtlinge verfolgt (Massaker von Mérindol 1545, französische Religionskriege 1562-1598). Mit zunehmendem Einfluss Frankreichs auf Savoyen waren die Waldenser des Piemonts ebenso vom Edikt von Nantes (1598) wie von dessen Widerrufung (1685) betroffen. 1687 mussten sie die Täler verlassen; ca. 2500 Waldenser fanden in Genf Aufnahme. 1689 gelang ihnen unter Führung des Pfarrers Henri Arnaud die sogenannte glorreiche Rückkehr (glorieuse rentrée) ins Piemont, wo sie 1694 in den Genuss eines Toleranzedikts kamen. Nach erneuter Flucht 1697 liessen sich viele in Hessen und Württemberg nieder. In Zürich schlossen sich einige wenige der von den Hugenotten gegründeten Eglise française an.

Chiese evangeliche di lingua italiana

1848 erhielten die Waldenser im Piemont die bürgerlichen und politischen Rechte. Früher hatten waldensische Theologiekandidaten etwa in Genf oder Lausanne studiert, nun nahmen sie ihr Studium an der 1855 in Torre Pellice gegründeten waldensischen theologischen Fakultät auf (1860 Umzug nach Florenz, 1922 nach Rom). 1902 wurde der Bündner Giovanni Luzzi, Übersetzer der Bibel ins Italienische, Professor für systematische Theologie an der Waldenserfakultät.

Ab den 1870er Jahren kamen waldensische Prediger (evangelisti, colportori) aus Italien in die Schweiz, um italienische, zum Teil waldensische Fremdarbeiter saisonal zu betreuen. Gemeindegründungen der Chiese evangeliche di lingua italiana fanden in Genf 1887, Lausanne 1889, Zürich 1890-1891, Vevey 1896, Bern 1897-1898, Neuenburg 1899 und Basel 1900 statt. Diese vor allem lokal verankerten Gemeinden intensivierten ab den 1930er Jahren den Bezug zu den evangelisch-reformierten Kirchen der Schweiz. Andererseits bahnte sich deren volle Integration in die Waldenserkirche Italiens an, so in Zürich 1941, Basel 1949, Lausanne 1952 und Genf 1954. Diese Waldensergemeinden nahmen eine Pionierrolle in der innerevangelischen Ökumene ein.

Die 1944 in Genf als Hilfskomitee in der Kriegsnot gegründete Waldenserhilfe wurde 1954 von einem durch den Beirat der Zürcher Waldensergemeinde gegründeten deutschschweizerischen Waldenserkomitee abgelöst und gleichzeitig bildete sich das Berner Komitee. 1977 neu organisiert, unterstützte das Waldenserkomitee zu Beginn des 21. Jahrhunderts die Waldenser in Italien und Südamerika.

Quellen und Literatur

  • Qu. zur Gesch. der Waldenser von Freiburg im Üchtland (1399-1439), hg. von K. Utz Tremp, 2000
Mittelalter und frühe Neuzeit
  • La glorieuse rentrée, 1689-1989, Ausstellungskat. Nyon, 1989
  • G. Audisio, Les vaudois, 1998
  • K. Utz Tremp, Von der Häresie zur Hexerei, 2008
Chiese evangeliche di Lingua Italiana
  • V. Vinay, Dal movimento evangelico italiano al movimento ecumenico (1848-1978), 1980
  • E.M. Rüsch, "Conversation über das Eine, was not tut": evang.-ref. Italienerseelsorge im Kt. Zürich im 19. und 20. Jh., 2010
Weblinks

Zitiervorschlag

Kathrin Utz Tremp; Matthias Rüsch: "Waldenser", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.08.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011448/2013-08-20/, konsultiert am 12.04.2024.