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UlrichBräker

Undatiertes Porträt. Kolorierter Umrissstich von Heinrich Füssli (Kantonsbibliothek Vadiana St. Gallen).
Undatiertes Porträt. Kolorierter Umrissstich von Heinrich Füssli (Kantonsbibliothek Vadiana St. Gallen).

22.12.1735 Näppis (Gem. Wattwil), 11.9.1798 Wattwil, ref.; Sohn eines Tagelöhners, Kleinbauern und Salpetersieders. 1761 Salome Ambühl. Nach dem Geburtsort auch Näppis-Ueli, nach dem Hauptwerk der "Arme Mann im Toggenburg" genannt. Trotz dürftigem Schulbesuch wurde B. ein regelmässiger Leser von pietist. Erbauungsschriften. Sein Wunsch, Prediger zu werden, erfüllte sich nicht. Von einem preuss. Werber als Söldner verpflichtet, entwich B. zu Beginn des Siebenjährigen Krieges aus der Schlacht von Lobositz (1756) und kehrte ins Toggenburg zurück, wo er auf der Hochsteig ein Haus baute. Auf Betreiben seiner Frau, die seinem Bedürfnis nach Lesen und Schreiben verständnislos gegenüberstand, versuchte sich B. mit geliehenem Geld im Garnhandel. Das Geschäft blieb erfolglos, die kinderreiche Familie verschuldete sich stark. Im religiösen Bemühen, Rechenschaft abzulegen, begann er mit Aufzeichnungen (1768) und Tagebüchern. Bis 1798 fortgeführt, belegen diese nicht nur B.s inneren Wandel vom Pietisten zum weltzugewandten Beobachter des polit. Geschehens, sondern stellen überdies eine bedeutende Quelle zu den Lebensverhältnissen der sozialen Unterschicht und der ländl. Kultur ausgangs des 18. Jh. dar. Mit der Aufnahme in die Moral. Gesellschaft von Lichtensteig 1776 öffnete sich für B. der Zugang zu deren Bibliothek. Zeugnis seiner nun möglich gewordenen Beschäftigung mit weltl. Literatur ist sein Werk "Etwas über William Shakespears Schauspiele" (1780), in dem er jedes Stück des engl. Dramatikers interpretiert und kommentiert. 1788 erschien sein bekanntestes Werk, die autobiogr. "Lebensgeschichte und Natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg". Das Werk fand bei seinen Zeitgenossen eine begeisterte Aufnahme. Übersetzungen in zahlreiche Sprachen im 20. Jh. belegen seine ungebrochene Anziehungskraft.

Quellen und Literatur

  • Leben und Schr. Ulrich B.s, 3 Bde., hg. von S. Voellmy, 1945
  • Ulrich B.: Die Tagebücher des Armen Mannes im Toggenburg als Geschichtsquelle, hg. von P. Wegelin, 1978
  • Chronik Ulrich B., hg. von C. Holliger et al., 1985
  • H. Böning, Ulrich B., 1985
  • Sämtl. Schr., 5 Bde, hg. von A. Bürgi et al., 1998-
Weblinks
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Kurzinformationen
Lebensdaten ∗︎ 22.12.1735 ✝︎ 11.9.1798

Zitiervorschlag

Georg Thürer: "Bräker, Ulrich", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.08.2004. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011590/2004-08-19/, konsultiert am 18.04.2024.