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AllerheiligenSH

Ehemaliges Benediktinerkloster in Schaffhausen. Bistum Konstanz. Um 1050 gegründet, 1524 in eine Propstei umgewandelt, 1529 aufgehoben. 1050 Domus sancti Salvatoris et omnium sanctorum, 1312 Gotzhus Allerhailigen ze Schafhusen in Kostenz bistum sant Benedikten ordens. Patrone: Salvator und Alle Heiligen, Maria, Michael. Filialklöster: 1080/1092-1529 St. Agnes in Schaffhausen, 1083-1105 Wagenhausen (1417 erneut inkorporiert), 1122-1389 Langnau an der Argen (D), 1145-Anfang 15. Jahrhundert Grafenhausen (D).

Allerheiligen wurde durch Graf Eberhard von Nellenburg als Eigenkloster im aufstrebenden Marktort Schaffhausen gegründet. 1049 weihte Papst Leo IX. den Auferstehungsaltar. Um 1050 war die Klosteranlage im Bau. 1064 wurde die Kirche, vielleicht nach einem Umbau, geweiht.

Zierbuchstabe mit Greif aus einer der ältesten Bibeln des Klosters Allerheiligen, kurz nach 1080 (Stadtbibliothek Schaffhausen, Ministerialbibliothek, Min. 4, 236r; e-codices).
Zierbuchstabe mit Greif aus einer der ältesten Bibeln des Klosters Allerheiligen, kurz nach 1080 (Stadtbibliothek Schaffhausen, Ministerialbibliothek, Min. 4, 236r; e-codices).

Während des Investiturstreits zählten Graf Burkhard von Nellenburg und das Kloster Allerheiligen zu den Stützen der päpstlichen Partei im südlichen Schwaben. Allerheiligen entfaltete in dieser Zeit seine grösste Ausstrahlung, erlebte aber auch eine wechselhafte Entwicklung: 1080 führte Abt Wilhelm von Hirsau die Reform nach dem Vorbild seiner Abtei durch. Graf Burkhard verzichtete auf sein Eigentumsrecht am Kloster. 1082 beteiligte sich Allerheiligen an der Reform des Klosters Muri, 1106 an derjenigen von Benediktbeuren. Unter Abt Siegfried (1080-1096) wuchs der Konvent rasch an. Die Klosteranlage wurde erweitert, der als fünfschiffige Basilika begonnene Kirchenneubau nach Planänderung als – heute noch bestehende – dreischiffige Basilika errichtet und nach 1105 geweiht. Der spätromanische Turm stammt aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. In enger Verbindung mit der Abtei Reichenau stehend, bezog Allerheiligen von dort Vorlagen für den Aufbau der Bibliothek. Das Skriptorium schuf ca. 1080-1120 eine Reihe bedeutender Handschriften. In Perioden militärischer Schwäche der päpstlichen Partei in Südschwaben geriet Allerheiligen aber auch so stark in Bedrängnis, dass 1093 die Verlegung der Abtei nach Saint-Léonard bei Limoges (F) erwogen wurde. Nach 1102 folgten langwierige Konflikte um Ansprüche von Verwandten des kinderlos verstorbenen Grafen Burkhard.

Im 13. Jahrhundert verlor der Abt als Stadtherr von Schaffhausen an Einfluss, und Allerheiligen spielte keine selbstständige politische Rolle mehr. 1377 regelte ein Vertrag, der sogenannte Übertrag, die Beziehungen zwischen Stadt und Kloster. Ein Schiedsgericht regelte inskünftig die Rechtshändel. Nachdem Schaffhausen 1415 die Reichsfreiheit erhalten hatte, dominierte die Stadt das Kloster.

Unter den letzten drei Äbten wurde die Güterverwaltung reorganisiert und gestrafft. Der 1480 unternommene Versuch, die Rechte als Stadtherr von Schaffhausen zurückzugewinnen, scheiterte 1482. Unter Abt Michael Eggenstorfer unterlag Allerheiligen reformatorischen Einflüssen. Durch einen Vertrag mit Bürgermeister und Rat von Schaffhausen erfolgte 1524 die Umwandlung der Benediktinerabtei in eine Propstei mit zwölf Chorherren. Nach der Einführung der Reformation wurde diese 1529 aufgehoben. Die Chorherren erhielten Leibgedinge, die Bibliothek wurde der um 1540 geschaffenen Liberey (Bibliotheca publica) einverleibt.

Gemäss der Hirsauer Reform stand Allerheiligen die freie Vogtwahl zu. Die Klostervogtei befand sich jedoch auch nach dem Aussterben der Nellenburger bis 1189, dem Erbgang folgend, in der Hand der nächsten Verwandten. Danach war Allerheiligen Reichskloster. Von 1145 an hatte der Konvent Mitspracherechte in Verwaltungsfragen. Viele Konventualen stammten in der Frühzeit aus adligen, später aus begüterten bürgerlichen Familien, häufig aus Schaffhauser Stadtgeschlechtern. 1310 wurde die Zahl der Mönche auf 40 beschränkt. Wiederholte Auseinandersetzungen zwischen Abt und Konvent schwächten das Kloster im 14. Jahrhundert.

Der klösterliche Grundbesitz stammte zunächst aus dem Nellenburger Erbe. Er wurde vermehrt durch weitere Stiftungen im 12. Jahrhundert. Allerheiligen war wichtigster Grundbesitzer in Schaffhausen, den umliegenden Dörfern und Höfen, zudem als Stadtherr Inhaber der Hoheitsrechte wie Münz-, Zoll-, Markt-, Fähr- und Stapelrecht, die wohl im 13. Jahrhundert als Erblehen an Stadtbürger übergingen. Zum wichtigsten Grundbesitz gehörten die Dörfer Hemmental mit dem Randenforst und Büsingen mit dem Rheinhardwald, im Klettgau der Meierhof in Hallau mit den dazugehörigen Bauerngütern, zudem ausgedehnter Besitz um Schluchsee und Titisee im Schwarzwald. Im Zuge des bereits von den Nellenburgern geförderten Landesausbaus führten Konflikte mit St. Blasien (D) im 12. Jahrhundert zu langwierigen Prozessen. Zum umfangreichen Streubesitz in der Deutschschweiz und Süddeutschland zählten grössere Besitzkomplexe um Andelfingen, Illnau und am Baldeggersee, im Breisgau um Ebringen und Wendlingen, am oberen Neckar um Spaichingen, Wolfenhausen und Pliezhausen, an der Donau um Irmelbrunnen (bei Ulm), an der Argen um Russenried und Eisenharz sowie am Oberlauf der Iller im Allgäu. Hinzu kamen Weinberge in Maienfeld, Malans und Fläsch. Weiterer Besitz lag im Aargau und in Obwalden. Im Spätmittelalter erfolgten nur noch kleine Vergabungen, vor allem für Jahrzeiten, vorwiegend in und um Schaffhausen. Neue Einkünfte flossen dem Kloster durch Inkorporation folgender Kirchen zu: 1248 Kirchberg bei Büsingen mit der Filiale St. Johann in Schaffhausen, 1347 Büsslingen und Illnau, 1350 Neuhausen, Eisenharz, Weizen und Remigsheim, 1402 Wolfenhausen, Pliezhausen und Gailingen, 1418 Andelfingen und Beringen. Den Bemühungen um eine Konzentration des Besitzes – im 12. Jahrhundert durch Tausch, später durch Kauf und Verkauf – folgte erst Ende des 15. Jahrhunderts eine systematische Arrondierung im Eschheimertal bei Schaffhausen. Mit der Säkularisation des Klosters trat die Stadt Schaffhausen die Rechtsnachfolge an.

Quellen und Literatur

  • SSRQ SH I/1
  • HS III/1, 1490-1535
  • Hirsau, St. Peter und Paul 1091-1991, Bd. 2, hg. von K. Schreiner, 1991
  • Kat. der illuminierten Hs. des 11. und 12. Jh. aus dem Benediktinerkloster Allerheiligen in Schaffhausen, bearb. von A. Butz, hg. von W. Augustyn, 1994
  • R. Gamper et al., Kat. der ma. Hs. der Ministerialbibliothek Schaffhausen, 1994
  • R. Gamper, «Stud. zu den schriftl. Qu. des Klosters Allerheiligen von 1050 bis 1150», in SchBeitr. 71, 1994, 7-41
  • T. Hildbrand, Herrschaft, Schrift und Gedächtnis, 1996
  • K. Bänteli et al., Das Kloster Allerheiligen in Schaffhausen, 1999
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Rudolf Gamper: "Allerheiligen (SH)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 29.12.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011600/2010-12-29/, konsultiert am 22.04.2025.