Die Geschichte der Musik in der Schweiz zeichnet sich durch zwei Besonderheiten aus: Einerseits fehlen hier stilprägende Zentren, wie sie in anderen Ländern an Fürstenhöfen und in Grossstädten entstanden sind und dort zum Kern einer nationalen Musikgeschichtsschreibung wurden. Eine Ausnahme bildet das Kloster St. Gallen, das für die europäische Kirchenmusik von Bedeutung war. Selbst die als «typisch schweizerisch» wahrgenommene Volksmusik mit ihren Erscheinungsformen, etwa dem Betruf (Alpsegen), dem Kuhreihen oder dem Jodel, finden sich auch in anderen alpinen Gegenden. Zahlreiche Formen, Praktiken und Instrumente (Ländler, Schwyzerörgeli, Hackbrett) lassen sich kaum 200 Jahre zurückverfolgen. Darum kann eine schweizerische Musikgeschichte nur von einer übernationalen Perspektive ausgehen, bei der die Beziehungen zu ausländischen Kulturräumen und Zentren beachtet werden. Ein weiteres Charakteristikum der Musik in der mehrsprachigen Schweiz ist andererseits, dass äussere Einflüsse die internen Sprachgrenzen überwanden. So stehen die einzelnen Regionen der Schweiz sowohl untereinander als auch mit ausländischen Musikzentren in einem vielfältigen, fruchtbaren Austausch. Die schweizerische Musikgeschichtsschreibung hat daher diesen beiden Konstanten nachzugehen.
Die Kunstmusik in Mittelalter und Neuzeit
Die unterschiedliche Ausrichtung der Schweiz auf die grossen europäischen Kulturräume widerspiegelt sich bereits im Früh- und Hochmittelalter in der Zugehörigkeit zu den oft fern liegenden Erzdiözesen. Die mit den wichtigen Klostergründungen erst greifbar werdende liturgisch-musikgeschichtliche Überlieferung zeigt eine entsprechende Vielfalt, so in der Beziehung von Saint-Maurice zum gallikanischen oder von Disentis zum ambrosianischen Ritus. Schon damals machten die Einflüsse vor den Sprachgrenzen nicht Halt. Dies betrifft unter anderem die Beziehungen zu Frankreich, in musikalischer Hinsicht insbesondere zur Pariser Schule (12.-13. Jh.) von Notre-Dame mit ihrem Conductus- und Motettenrepertoire. Dieses findet einen Widerhall in Handschriften, die teils in die Schweiz gebracht wurden, teils auch hier entstanden sind und heute in Basel, Einsiedeln, Engelberg, Zürich, Luzern und Solothurn aufbewahrt werden (Gregorianischer Gesang). Das zentrale Repertoire erscheint oft in etwas altertümlich vereinfachter Form, wie sich denn auch ältere Traditionen, etwa aus Saint-Martial in Limoges aus dem frühen 12. Jahrhundert, noch relativ spät in Schweizer Handschriften nachweisen lassen. Der Sequenztypus, der im 9. Jahrhundert von dem am Kloster St. Gallen wirkenden Notker dem Stammler geprägt wurde, hatte eine europaweite Ausstrahlung.
Ab dem 11. Jahrhundert etablierte sich die Form des Geistlichen Spiels, das von Bruderschaften und Spielgemeinschaften getragen und zunehmend auch in der Volkssprache aufgeführt wurde. Diese jahrhundertealte Tradition war in Luzern (Passionsspiele) und Freiburg (Dreikönigsspiel) besonders ausgeprägt. Auch die Wurzeln der weltlichen Musik reichen ins Mittelalter zurück. Sie finden sich etwa beim Minnesang, der in der deutschen und französischen Schweiz eine bedeutende Rolle spielte. Davon zeugt unter anderem die Manessische Handschrift, in der Lieder von zahlreichen Eidgenossen verzeichnet sind.
In der Schweiz des Mittelalters gab es ein lokal vielfältiges, kirchliches, städtisches und besonders privates Musikleben, das jedoch noch wenig erforscht ist. Dazu sind ab dem 14. und 15. Jahrhundert die in den meisten Schweizer Städten amtierenden Stadtpfeifer zu zählen, die bei weltlichen und kirchlichen Anlässen, Volksfesten und militärischen Übungen mitwirkten und an Sonn- und Feiertagen nach den Gottesdiensten aufspielten. In Basel war die oberrheinische Organistentradition (Orgel) lebendig, die von der Familie Amerbach als Mäzene gefördert wurde und in den Werken Hans Kotters, dann aber auch in einer Sammlung wie Fridolin Sichers St. Galler Orgelbuch ihren Ausdruck findet. Hier wurde das franko-flämische und italienische Liedrepertoire intensiv gepflegt – gesungen oft in eigenen deutschen Übersetzungen –, und hier profitierten Musiker und Musiktheoretiker vom entwickelten und angesehenen Druck- und Verlagswesen. Manche von ihnen waren jedoch mehrheitlich im Ausland tätig, so Ludwig Senfl und Glarean, der Verfasser des fundamentalen musiktheoretischen Werks „Dodekachordon“ (1547). Während der Reformation wurde die Kirchenmusik vor allem in Zürich unter Huldrych Zwingli bis Ende des 16. Jahrhunderts beschnitten. Der tief verwurzelte Protestantismus war ein Grund dafür, dass ein professionelles Musikleben, das Virtuosentum und besonders die Oper (Musiktheater) während Jahrhunderten nur schwer Fuss fassen konnten, wohingegen in Genf die Erneuerung der Kirchenmusik von Calvin ab 1541 gefördert wurde, indem dieser zusammen mit Clément Marot und Theodor Beza 150 Psalmen ins Französische übersetzte (Kirchenlied). Der bekannteste Komponist war Loys Bourgeois.
Es ist denn auch kein Zufall, dass die wichtigsten Musiker des 17. und 18. Jahrhunderts den katholischen Landesteilen, insbesondere der Stadt Luzern, entstammten und mit der katholischen Kirchenmusik eng verbunden waren. Dies gilt für den ab 1638 als Organist an St. Leodegar tätigen Johann Benn ebenso wie für seinen Nachfolger Franz Joseph Leonti Meyer von Schauensee, der dieses Amt ab 1752 innehatte, und für Joseph Franz Xaver Dominik Stalder, der Meyer von Schauensee 1762 ablöste. 1768 gründete Letztgenannter die Helvetische Konkordiagesellschaft, von der auch für die weltliche, bürgerliche Musikpflege entscheidende Impulse ausgingen. Meyer von Schauensee etwa verfasste eigens für die Kongresse seiner Gesellschaft, die sich als katholisches Gegenstück zur Schinznacher Helvetischen Gesellschaft verstand, Werke, die sogar den Bereich der Oper berücksichtigten. Die in der Barockzeit wieder aufblühenden Klöster waren in der katholischen Schweiz weitere Zentren der Musikpflege.
Zwischen 1613 und 1776 wurden in den grösseren reformierten Schweizer Städten – etwa in Zürich, Basel, Bern, St. Gallen, Winterthur und Schaffhausen, aber auch in kleineren wie Aarau, Burgdorf, Bischofszell, Trogen oder Herisau – Collegia musica gegründet, in denen sich bürgerliche Musikliebhaber zum gemeinsamen Musizieren trafen. Diese erschlossen das europäische Repertoire jener Zeit und bildeten den Grundstein für die im 19. Jahrhundert entstehende Orchesterbewegung und den daraus resultierenden Konzertbetrieb.
Die Kunstmusik im 19. und 20. Jahrhundert
Wie stark bürgerlich-demokratische, patriotische und volksbildende Absichten das schweizerische Musikleben zumindest in den Städten beeinflussten, zeigt sich mit besonderer Deutlichkeit an zwei Gestalten, dem einer Luzerner Patrizierfamilie entstammenden Franz Xaver Schnyder von Wartensee und dem Zürcher «Sängervater» Hans Georg Nägeli. Sie waren die wichtigsten Förderer der 1808 gegründeten Allgemeinen Schweizerischen Musikgesellschaft, die in einem deutschen Musiklexikon damals als ein «in Europa einzig dastehender Bund» bezeichnet wurde. Was im instrumentalen, zu grossen Teilen von Laien getragenen Musizieren, dann aber auch in dem von Nägeli besonders geförderten und 1842 in der Gründung des Eidgenössischen Sängervereins mündenden Chorwesen von solchen Institutionen geleistet wurde, ist in gesellschafts- und kulturgeschichtlicher Hinsicht von nicht zu unterschätzender Bedeutung, auch wenn der Ertrag kompositionsgeschichtlich gering bleiben mochte. Aber auch in jener Zeit entstanden qualitativ überdurchschnittliche Kompositionen. Sie resultierten aus den Bestrebungen, nach Nägelis Vorbild «einer allgemeinen Volksmusikkultur zum Zwecke der Menschenbildung» zu dienen. Dies gilt vor allem für die bedeutenden Lieder und Chorwerke des hoch begabten und früh verstorbenen Aargauer Nägeli-Adepten Friedrich Theodor Fröhlich.
Die Musikfeste der Schweizerischen Musikgesellschaft ermöglichten im 19. Jahrhundert Oratorienaufführungen mit oftmals Hunderten von Mitwirkenden und Orchesterkonzerte mit Werken grosser Meister wie Georg Friedrich Händel, Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven. Einen besonderen Glanz erhielten sie durch die Anwesenheit bedeutender ausländischer Komponisten wie Carl Maria von Weber, Louis Spohr und Felix Mendelssohn. Auch Richard Wagner, der auf das schweizerische Musikleben des späteren 19. Jahrhunderts entscheidend einwirkte, war Ehrenmitglied der Gesellschaft. Während seines Zürcher Exils 1849-1858 leitete er zahlreiche Opern- und Konzertaufführungen und komponierte wesentliche Teile seines Hauptwerks, unter anderem jene der «Ring-Tetralogie» und von «Tristan und Isolde». Umgekehrt suchten zahlreiche Schweizer Komponisten ihren Erfolg im Ausland. Zu ihnen zählte unter anderem Joachim Raff, der mit seiner «Cavatina» eines der meist gespielten Salonstücke des 19. Jahrhunderts schuf.
Dass insgesamt die Momente des Schweizerischen nicht in einer isolierten Kompositionsgeschichte, sondern vielmehr in der kontextuellen Betrachtung von gesellschaftlichem Umfeld, Werk, Funktion und Aufführung zu finden sind, wiederspiegelt sich im Festspiel, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufkam. Namhafte Musiker wie Otto Barblan, Emile Jaques-Dalcroze, Hermann Suter und Hans Huber waren daran beteiligt. Der Basler Musikgelehrte Edgar Refardt sah im Festspiel eines der „eigenartigsten Kennzeichen der schweizerischen Musik“ überhaupt. Dass auch Komponisten der Gegenwart dieser Tradition nicht fernstehen, zeigt etwa Jean Balissat mit seinem Werk «Fête des Vignerons» (1977).
Hatte sich im 19. Jahrhundert die Kompositionstätigkeit in der Schweiz noch weitgehend auf das Schaffen verschiedener Chor- und Orchesterleiter beschränkt, so bedeutete die Gründung des Schweizerischen Tonkünstlervereins (STV) 1900 in Genf einen wichtigen Schritt zur Etablierung des Komponistenberufs. Die vom STV jährlich organisierten Tonkünstlerfeste bieten bis in die Gegenwart ein Forum zur Präsentation einheimischer Kompositionen. Eine wichtige Funktion kommt seit 1923 auch der Schweizer Sektion der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik zu, die – unter anderem mit der Ausrichtung von bisher fünf Weltmusikfesten – die schweizerische Musikproduktion in einen internationalen Kontext stellt.
Eine schweizerische Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts hat aber in vieler Hinsicht von anderen Gegebenheiten auszugehen als die der vorangehenden Zeiten. So schwer es zu Beginn des 21. Jahrhunderts fallen dürfte, die Momente jener inneren Einheit aufzufinden, die Jacques Handschin noch als schweizerische Eigenart in der Buntheit vermutete, so unverfänglich und legitim erscheint die rein kompositionsgeschichtliche Hervorhebung einer ganzen Reihe von Musikern, die auch nach internationalen Massstäben in der vorderen Reihe stehen. Dabei ist es allerdings bezeichnend, dass manche von ihnen nach Wahl der Vorbilder, nach Ausbildung und ihren Wirkungskreisen mehr dem Ausland als der schweizerischen Heimat verbunden sind. Dies gilt etwa für Arthur Honegger, weniger für Othmar Schoeck, dann aber wieder in mancher Hinsicht für Frank Martin und – um von der jüngeren Generation nur einige herausragende Vertreter zu nennen – für Klaus Huber, Rudolf Kelterborn und Heinz Holliger, der der Schweizer Musik und auch dem Schweizer Musikleben Grenzen öffnet wie kaum ein anderer.
Volks- und Populärmusik
Auch die Volks- und die Populärmusik zeugt vom Einfluss und der Ausprägung des benachbarten Auslands sowie von der entsprechenden regionalen Vielfalt und der Mehrsprachigkeit. Dies gilt für das ältere Liedrepertoire (Volkslied), das in der Deutschschweiz mit süddeutschen und Tiroler Traditionen ebenso zahlreiche Gemeinsamkeiten aufweist wie dasjenige in der Westschweiz mit Savoyen und dem Elsass und jenes in der italienischen und rätoromanischen Schweiz mit dem Piemont und der Lombardei. Ähnliches gilt für die instrumentalen Praktiken wie Tanz- und Marschmusik. Die Tessiner Bandella ist mit Oberitalien ebenso verbunden wie etwa die Appenzeller Streichmusik mit Österreich. Besondere Bedeutung kam schon früh dem Söldnerwesen zu, mit dem zahlreiche Lieder, aber auch Trommler- und Pfeifermärsche ins Land kamen. Historische Lieder kündeten von der Entstehung und geschichtlichen Entwicklung der Eidgenossenschaft, so das «Sempacherlied», das ältere und das jüngere «Tellenlied» sowie Huldrych Zwinglis «Kappeler Lied». Ende des 18. Jahrhunderts wurden erste zivile Blasmusikvereine (Musikvereine) ins Leben gerufen. Den Höhepunkt erreichte diese Gründungsbewegung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Den Vereinen kam eine zentrale gesellschaftliche Bedeutung zu, zumal sie oftmals die einzige Möglichkeit boten, ein Instrument zu erlernen.
Die modernen Formen der Populärmusik – vom Jazz, der in der Schweiz nach dem Ersten Weltkrieg einen Boom erlebte, über den Schlager bis zu Rock- und Popmusik – verweisen demgegenüber auf die internationalen Zusammenhänge in einer zunehmend globalisierten Welt. Englisch ist auch in Schweizer Bands die dominierende Sprache, doch zeichnet sich seit den 1970er Jahren vermehrt die Tendenz zum Mundartrock ab. Dahinter steht die Tradition der Liedermacher aus dem 20. Jahrhundert (z.B. Mani Matter). Anders beim Rap, der zur Hip-Hop-Kultur gehört und sich in der Schweiz hauptsächlich der Mundart bedient. Auch traditionelle Formen und Formationen der Volksmusik öffnen sich zunehmend modernen, auch aussereuropäischen Einflüssen. Daraus ergeben sich spannende Ansätze zur Erneuerung bzw. Lebendigerhaltung der Volksmusik, die allerdings oft in Widerspruch zu den traditionalistischen Bemühungen der Volksmusikverbände stehen, aber auch zur kommerziellen Nivellierung durch Radio und Fernsehen.
Ausbildung und Forschung
Die Schweiz verfügt einerseits seit den 1970er Jahren über ein gut ausgebautes Netz von Jugendmusikschulen und ein vielfältiges Angebot an musikalischen Grundkursen, andererseits über hoch spezialisierte Lehr- und Forschungsstätten. Im Bereich der alten Musik geniesst die 1933 von Paul Sacher gegründete Schola Cantorum Basiliensis internationales Ansehen, im Bereich moderner Techniken sind die elektronischen Studios der musikalischen Fachhochschulen tätig. Die Ausbildung im Bereich Jazz findet an eigens dafür eingerichteten Schulen statt – etwa an der seit 1967 bestehenden Swiss Jazz School Bern – bzw. an Musikhochschulen oder Konservatorien, denen diese in den 1990er Jahren grösstenteils angegliedert wurden. Seit 2006 können manchenorts eigene Bachelor- und Masterstudiengänge in Jazz und Popmusik absolviert werden (z.B. seit 2006 an der Zürcher Hochschule für Künste). Der 1893 ins Leben gerufene Schweizerische Musikpädagogische Verband strebt seit 2006 den Status einer eigenständigen Akademie an. Eine erstrangige Archivierungs- und Forschungsstätte für die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts ist die 1973 gegründete Paul-Sacher-Stiftung in Basel. Der Sicherung von Ton- und Bildträgern dienen die Landesphonotek (seit 1987) in Lugano sowie der Verein Memoriav (seit 1995) zur Erhaltung des audiovisuellen Kulturgutes der Schweiz. Die Musikhandschriften der Bibliotheken werden von der Schweizer Arbeitsstelle des Répertoire International des Sources Musicales (RISM, gegründet 1956) in Bern erfasst. 2006 wurde in Altdorf (UR) das Haus der Volksmusik eröffnet, ein Kompetenzzentrum zur Erforschung und Förderung der Volksmusik.
Eine wichtige Rolle spielt das Musikförderungs- und Stipendienwesen. Neben den auch im Bereich der Musik tätigen eidgenösisschen Institutionen wie der Pro Helvetia und der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit bezweckt die Suisa-Stiftung für Musik seit 1989 als Abteilung der gleichnamigen Urheberrechtsgesellschaft die Förderung des Musikschaffens aller Gattungen. Unter den privaten Förderern kommen dem Migros-Kulturprozent und grossen Schweizer Finanzinstituten eine besondere Bedeutung zu.
Musikleben der Gegenwart
Die Allgegenwart von Musik im Zeitalter der Massenmedien, von der Klangberieselung im Warenhaus, in der Werbung und in Warteschlaufen am Telefon bis hin zum blühenden Kommerz mit Handyklingeltönen, ist zu Beginn des 21. Jahrhunderts auch für die Schweiz kennzeichnend. Trotz der Konsumhaltung, die sich auch in einer wachsenden CD-Produktion in allen Stilrichtungen und dem Boom der digitalen Musikdateien niederschlägt, nimmt die Bedeutung des Laienmusizierens zu. In zahlreichen Chören, Orchestern, Instrumentalensembles, Blasorchestern sowie Jazz-, Pop- und Rockgruppen zeigt sich dies ebenso wie im wachsenden Angebot an Kursen in allen Musiksparten.
Im professionellen Bereich der klassischen oder sogenannten E-Musik existieren neben den traditionellen städtischen Sinfonieorchestern, deren wichtigste die von Zürich (Tonhalle-Orchester, seit 1868), Genf (Orchestre de la Suisse romande, seit 1918), Basel, Bern, Lausanne (Orchestre de Chambre, seit 1942) und Lugano (Orchestra della Svizzera italiana, seit 1935) sind, unzählige grössere und kleinere, oft spezialisierte Formationen wie die Basel Sinfonietta (seit 1980) oder die beiden Basler Barockorchester La Cetra (seit 1999) und Capriccio (seit 1999). Sie alle besitzen ihr Stammpublikum, sind aber auf Subventionen bzw. Unterstützungsbeiträge angewiesen, die indes immer spärlicher fliessen. Das traditionelle Klassikpublikum zeichnet sich durch Überalterung aus. Die jüngere Generation, soweit sie sich nicht ausschliesslich dem Bereich der U-Musik zuwendet, bevorzugt alternative Angebote und Veranstaltungsorte. Unter den jährlich wiederkehrenden Festwochen im Bereich der klassischen Musik haben die 1938 gegründeten Internationalen Musikfestwochen Luzern (seit 2001 Lucerne Festival) den Vorrang, von internationaler Bedeutung sind aber auch die Zürcher Festspiele (seit 1997, früher Juni-Festwochen), die Musikfestwochen in Ascona (seit 1946), das Menuhin-Festival Gstaad (seit 1956, heute Musiksommer Gstaad-Saanenland), der Septembre musical von Montreux-Vevey (seit 1946) sowie das Verbier Festival & Academy (seit 1994).
In einem kleineren Rahmen ziehen im Bereich der Volksmusik das Internationale Musikfestival Alpentöne im urnerischen Altdorf (seit 1999) und das Festival Naturstimmen in Alt St. Johann (seit 2004) Musikbegeisterte an. Bedeutende Veranstaltungen im Bereich von Jazz, Rock und Pop sind vor allem das Montreux Jazz Festival (seit 1967), das Jazz Festival Willisau (seit 1975) und das Estival Jazz Lugano (seit 1979), das Gurtenfestival Bern (seit 1977), das Paléo Festival (seit 1976, ehemals Folk Festival) in Nyon und das OpenAir St.Gallen (seit 1977). Der Pop- und Rockbereich weist weit höhere Besucherzahlen auf als der Klassik-Bereich: Am OpenAir St.Gallen wurden 2007 an den drei Festivaltagen rund 96'000 Besucher gezählt, in Nyon waren zu Beginn des 21. Jahrhunderts an sechs Tagen jährlich über 200'000 Besucher. Übertroffen werden diese Zahlen von Weltstars wie René Baumann alias DJ BoBo, dessen Musik gemessen an den verkauften Tonträgern und den Fernseheinschaltquoten von Millionen von Zuhörern konsumiert wird.
Quellen und Literatur
- A. Soubies, Histoire de la musique, 1899
- A.-E. Cherbuliez, Die Schweiz in der dt. Musikgesch., 1932
- Revue musicale de Suisse romande, 1948-
- E. Refardt, Musik in der Schweiz, 1952
- SML
- Schweizer Musik-Hb., 1979-
- M.P. Baumann, Bibl. zur ethnomusikolog. Literatur der Schweiz, 1981
- A. Briner, Swiss Composers in the 20th Century, 1990
- Musikleben in der Schweiz, hg. D. Rosset, 1991
- "Vom Alphornruf zum Synthesizerklang", Ausstellungskat. Luzern, 1991
- Die Musik in Gesch. und Gegenwart, Sachtl. 8, 21998, 1171-1202
- Schweizer Musikztg., 1998-, (erstmals erschienen 1861, mehrere Namenswechsel)
- Schweizer Töne, hg. von A. Gerhard, A. Landau, 2000
- The New Grove Dictionary of Music and Musicians 24, 22001, 785-794
- La musica nella Svizzera italiana, hg. von C. Piccardi, 2003
- De la musique et des Vaudois, hg. von J.-L. Matthey, 2006