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GottfriedKeller

19.7.1819 Zürich, 15.7.1890 Zürich, reformiert, von Glattfelden und Zürich. Sohn des Rudolf, Drechslermeisters, und der Elisabeth geborene Scheuchzer, Tochter eines Arztes, von Glattfelden. Cousin des Friedrich Scheuchzer. Ledig. Nach dem Tod des Vaters trat Gottfried Keller 1825 in die Armenschule in Zürich ein, 1831 wechselte er ins Landknabeninstitut auf der Stüssihofstatt, 1833 begann er die Kantonale Industrieschule, von welcher er 1834 nach einem Disziplinarverfahren ausgeschlossen wurde. Er absolvierte eine Lehre als Vedutenmaler und nahm Privatunterricht im Aquarellieren. 1840 übersiedelte Keller nach München, um sich zum Maler ausbilden zu lassen; er brach die Ausbildung ab und kehrte 1842 nach Zürich zurück.

Imaginäre Landschaft mit Gewitterstimmung. Aquarell, wahrscheinlich 1842 in München entstanden (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Imaginäre Landschaft mit Gewitterstimmung. Aquarell, wahrscheinlich 1842 in München entstanden (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

Politisiert im Vorfeld des Sonderbundskrieges, trat Keller Mitte der 1840er Jahre erstmals mit politischer Lyrik an die Öffentlichkeit (Sie kommen, die Jesuiten, 1844). Zu dieser Zeit pflegte er Kontakte zur deutschen Emigrantenszene. 1848-1850 hielt er sich zu Studienzwecken in Heidelberg auf, danach 1850-1855 in Berlin. Er brachte den autobiografisch geprägten Bildungsroman Der grüne Heinrich (1854-1855) zum Abschluss und arbeitete an verschiedenen Novellenzyklen, darunter Die Leute von Seldwyla (1856). Nachdem er wieder in Zürich Wohnsitz genommen hatte, beteiligte er sich 1859-1861 an der demokratischen Opposition gegen das sogenannte System Escher. Keller machte Bekanntschaft mit Richard Wagner, Friedrich-Theodor Vischer und Gottfried Semper. Er betrieb eine rege publizistische Tätigkeit. Im Herbst 1861 wurde er zum ersten Staatsschreiber des Kantons Zürich gewählt. 1861-1866 war er Mitglied des Grossen Rats. 1866 verlobte er sich mit Luise Scheidegger, die sich zwei Monate später das Leben nahm. Nach seinem Rücktritt als Staatsschreiber 1876 war Keller als freier Schriftsteller tätig.

10-Franken-Banknote der Schweizerischen Nationalbank (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich).
10-Franken-Banknote der Schweizerischen Nationalbank (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich). […]

Noch während seiner Amtszeit veröffentlichte Keller die Sieben Legenden (1872), später erschienen die Züricher Novellen (1876-1877), die stark überarbeitete Zweitfassung des Grünen Heinrich (1879-1880), Das Sinngedicht (1881), die Gesammelten Gedichte (1883) sowie der Altersroman Martin Salander (1886). Er setzte sich in seinem Werk kritisch mit Fragen der Säkularisierung, der Nationenbildung und des Wirtschaftsliberalismus am Ende des 19. Jahrhunderts auseinander. Neben dem literarischen Werk entstanden zahlreiche politische, literatur- und kunstkritische Artikel sowie Gelegenheitsdichtungen. Keller unterhielt eine umfangreiche Korrespondenz mit Theodor Storm und Julius Rodenberg. Die Abrundung seines Schaffens erfolgte mit der zehnbändigen Ausgabe der Gesammelten Werke (1889). Keller, dessen Werk bestimmend ist für den Kanon des bürgerlichen Realismus, gehört neben Jeremias Gotthelf und Conrad Ferdinand Meyer zu den bedeutendsten deutschsprachigen Schweizer Autoren des 19. Jahrhunderts. 1869 Dr. h.c. der Universität Zürich.

Quellen und Literatur

  • Sämtliche Werke - Auf Grund des Nachlasses, 22 Bde., hg. von J. Fränkel, C. Helbling, 1926-1948
  • Gesammelte Briefe in vier Bänden, hg. von C. Helbing, 1950-1954
  • Sämtliche Werke – Gottfried Keller, 7 Bde., hg. von T. Böning, G. Kaiser, 1985-1996
  • Sämtliche Werke – Gottfried Keller, Historisch-kritische Ausgabe, 32 Bde., hg. von W. Morgenthaler et al., 1996-, (mit Einführungsband)
  • Zentralbibliothek Zürich, Nachlass
  • A. Muschg, Gottfried Keller, 1977
  • G. Kaiser, Gottfried Keller, 1981
  • Gottfried Keller, hg. von H. Wysling, 1990
  • B. Weber, Gottfried Keller Landschaftsmaler, 1990
  • Schön ist doch das Leben!, hg. von P. Goldammer, 2001
  • U. H. Gerlach, Gottfried Keller Bibliographie 1930-2000, 2003
Weblinks
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Kurzinformationen
Lebensdaten ∗︎ 19.7.1819 ✝︎ 15.7.1890

Zitiervorschlag

Ursula Amrein: "Keller, Gottfried", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 31.05.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/012024/2012-05-31/, konsultiert am 28.03.2024.