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Limes

Der lateinische Begriff Limes bezeichnet einen Grenzweg zwischen zwei Grundstücken und im hier im Vordergrund stehenden militärischen Sinn künstliche Grenzbahnen oder -zonen, d.h. mit Wachttürmen verstärkte Patrouillenwege oder durchgehende Wall- und Grabenanlagen wie den britannischen Hadrianswall oder den obergermanisch-rätischen Limes. Der Begriff kann aber auch allgemein die befestigten römischen Reichsgrenzen meinen, wie zum Beispiel Kastell- und Lagerketten entlang von Grenzflüssen (Rhein, Donau, Euphrat).

Nach der Einstellung der Angriffskriege gegen die Germanen unter Tiberius 16 n.Chr. bildete der Rhein vorläufig die Grenze zu den germanischen Stämmen. Die in der Schweiz entdeckten römischen Militäranlagen (Legionslager in Vindonissa, verschiedene Kastelle am Rhein) dienten der Überwachung des Hochrheins zwischen Basel und Stein am Rhein. In der Regierungszeit des Kaisers Tiberius (14-37 n.Chr.) kontrollierten Abteilungen der legio XIII Gemina und die ihr zugeordneten Hilfstruppen diese Flussstrecke, nämlich in Zurzach (Kastell Mitte des 1. Jh. n.Chr. aufgelassen) die ala Moesica felix torquata und die cohors XXVI voluntariorum civium Romanorum sowie in Kaiseraugst (Kastell erbaut 16/17 n.Chr.) die ala I Hispanorum, die um 30 von der ala Gemelliana abgelöst wurde. Weitere Auxiliartruppen oder Legionsdetachemente waren vielleicht in Winterthur oder auf der Insel Werd bei Stein am Rhein stationiert. Unter den Kaisern Claudius (41-54 n.Chr.) und Nero (54-68 n. Chr.) traten die legio XXI Rapax und andere Auxiliarkohorten, darunter die cohors VI Raetorum und die cohors III Hispanorum, an ihre Stelle; Abteilungen der 21. Legion waren auch an der Errichtung von Kastellen beidseits des Rheins unterhalb Basels und am oberen Donaulauf beteiligt. Ab 70 n.Chr. baute an der oberen Donau die legio XI Claudia pia fidelis mit, welche die 21. Legion in Windisch ersetzt hatte. Die römische Besetzung des Dekumatenlands um 74 n.Chr. und der Bau des obergermanisch-rätischen Limes gegen Ende des 1. Jahrhunderts n.Chr. verlagerten die Reichsgrenze nach Norden. Damit wurde die militärische Sicherung des Hochrheins vorläufig obsolet.

Grundrissaufnahmen der spätrömischen Kastelle Irgenhausen (Mitte) sowie Kirchlibuck und Sidelen (unten) in Tenedo (Zurzach). Lithografierte Tafel, publiziert von Ferdinand Keller in den Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Band 12, Heft 7, 1860, Tafel V (Schweizerische Nationalbibliothek).
Grundrissaufnahmen der spätrömischen Kastelle Irgenhausen (Mitte) sowie Kirchlibuck und Sidelen (unten) in Tenedo (Zurzach). Lithografierte Tafel, publiziert von Ferdinand Keller in den Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Band 12, Heft 7, 1860, Tafel V (Schweizerische Nationalbibliothek).

Als Folge der Alemanneneinfälle Mitte des 3. Jahrhunderts und des Zusammenbruchs des obergermanisch-rätischen Limes wurde die Grenze am Ende des 3. Jahrhunderts auf die Linie Rhein-Iller-Donau zurückgenommen, welche die Kaiser Diokletian (284-305) und Konstantin (306-337) mit Festungen versehen liessen. Die Anlage von Kastellen in Zurzach, Kaiseraugst und Arbon und von Befestigungswerken an strategisch bedeutsamen Orten im Hinterland wie Altenburg, Olten, Solothurn, Zürich-Lindenhof, Irgenhausen und Yverdon verweisen auf eine gewandelte Konzeption der Grenzsicherung. Dem entsprach die reichsweite Aufteilung der römischen Truppen in ein mobiles Feldheer (comitatenses) und Grenztruppen (limitanei). Lediglich die legio I Martia ist in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts als für den Hochrhein zuständige Grenztruppe bekannt. Unter Kaiser Valentinian (364-375) wurde die Rheingrenze vom Bodensee bis zur Nordsee mit – zum Teil neu angelegten – Festungen und Türmen verstärkt. Inschriften belegen den Bau der burgi in Etzgen-Rote Waage und Koblenz-Kleiner Laufen für 371; die übrigen steinernen Türme der dichten Verteidigungskette entlang des Hochrheins sind vermutlich in dasselbe Jahr zu datieren. Auch einige Anlagen im Hinterland stammen aus dieser Zeit, so der befestigte Zihlübergang bei Aegerten (ca. 369), das Kastell bei Kloten oder der burgus in Balsthal-St. Wolfgang. Vereinzelte Inschriften bezeugen zwar die Beteiligung der legio VIII Augusta oder der Tungrecani seniores an Bauarbeiten, doch lässt sich für das späte 4. Jahrhundert allein die Stationierung der cohors Hercula Pannoniorum in Arbon sicher belegen. Danach versiegen die Quellen über die römischen Militäranlagen auf schweizerischem Boden.

Quellen und Literatur

  • W. Drack, R. Fellmann, Die Römer in der Schweiz, 1988
  • SPM 5, 64-71
Weblinks

Zitiervorschlag

Alfred Hirt: "Limes", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 27.11.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/012289/2008-11-27/, konsultiert am 19.03.2024.