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Gebühren

Im öffentlichen Haushalt bilden Steuern, Erwerbseinkünfte, Beiträge und Gebühren die Hauptkategorien der laufenden Staatseinnahmen. Während bei den Steuern die spezifisch auf die abgegebene Geldmenge zurückführbare Gegenleistung des Staates fehlt, erzielt die öffentliche Hand Erwerbseinkünfte wie andere Teilnehmer durch Beteiligung am Markt. Gebühren und Beiträge hingegen sind das Entgelt für spezielle, meist vom Staat angebotene Dienstleistungen (Dienstleistungssektor).

Die erste Autobahn-Vignette, realisiert vom Grafiker Roland Hirter © KEYSTONE.
Die erste Autobahn-Vignette, realisiert vom Grafiker Roland Hirter © KEYSTONE. […]

Während Beiträge bestimmten Gruppen auferlegt werden, und zwar gleichgültig, ob der einzelne Beitragspflichtige die von ihm mitfinanzierte Einrichtung tatsächlich in Anspruch nimmt, sind Gebühren für die Nutzung von individuell zurechenbaren Leistungen zu entrichten. Oft unterscheidet man zwischen Verwaltungsgebühren (Entgelt für spezielle Amtshandlungen) und Benutzungsgebühren (Entgelt für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen). Zwar weist die Finanzwissenschaft immer wieder auf Mängel dieser Umschreibungen hin, doch konnte sich bisher keine Alternative durchsetzen. Gebühren und Beiträge werden durch hoheitlichen Zwang festgelegt. Ihre Höhe überschreitet in der Regel den Wert der staatlich erbrachten Leistung nicht (Äquivalenzprinzip). Sie orientiert sich am Prinzip der Kostendeckung, doch aus politischen Gründen wird davon häufig abgewichen (z.B. bei kulturellen Einrichtungen wie Theatern oder Museen). Die Erhebung von Gebühren und Beiträgen setzt voraus, dass die Konsumenten einer Leistung identifiziert und allenfalls von deren Genuss ausgeschlossen werden können.

In der Schweiz sind Geschichte und Entwicklung von Gebühren und Beiträgen wenig erforscht. In der frühen Neuzeit findet sich eine verwirrende Vielfalt von Gebühren, die oft besondere Bezeichnungen trugen. In Luzern belief sich ihr Anteil 1421-1425 auf 27% der laufenden Einnahmen, wuchs dann auf 55% (1481-1485) an und sank anschliessend auf 28% (1581-1585), 27% (1681-1685), 9% (1781-1785) und 12% (1971-1975) ab. Während im frühen 15. Jahrhundert der grösste Teil der Einnahmen durch Steuern gedeckt wurde, nahmen die Gebühren gegen Ende des Jahrhunderts aufgrund der neuen französischen Bündnisgelder übermässig zu. Dies ermöglichte es Luzern, seine Schulden beinahe vollständig abzubauen und danach ein beträchtliches Vermögen anzuhäufen, welches nun seinerseits immer höhere Erträge abwarf. Ähnliche Werte sind auch in Schaffhausen, wo sich die Gebühren im 15. Jahrhundert auf 21% beliefen, und im deutschsprachigen Teil Berns anzutreffen; hier machten Gebühren 1568-1570 rund ein Drittel der laufenden Einnahmen aus. Diese Zahlen sind jedoch für die meisten mitteleuropäischen Städte, deren wichtigster Einnahmeposten die Steuern blieben, eher atypisch.

Bis ins 19. Jahrhundert waren die Gebühren zum Teil auch unmittelbarer Lohnbestandteil der Amtspersonen. Erst mit der Ausbildung der modernen Beamtenbesoldung (Beamte) vollzog sich eine Umwandlung dieser Sporteln in Fiskalgebühren. Für das 19. und 20. Jahrhundert fehlen kohärente längerfristige Zahlenreihen, was nicht zuletzt auf die häufig wechselnde Kategorisierung der Einnahmen zurückzuführen ist. Trotzdem lässt sich vermuten, dass die Gebühren und Beiträge langfristig an Bedeutung verloren haben und heute bloss noch einen geringen Anteil an den Einnahmen der öffentlichen Hand ausmachen. Sie spielen einzig bei den Gemeinden eine grössere Rolle. Aufgrund des zunehmend angewendeten Verursacherprinzips könnten sie allerdings in naher Zukunft wieder an Bedeutung gewinnen.

Quellen und Literatur

  • W. Wittmann, Einführung in die Finanzwiss. 2, 1975
  • P. Bohley, Gebühren und Beitr., 1977
  • M. Körner, Luzerner Staatsfinanzen 1415-1798, 1981
  • G. Zeitel, «Gebühren und Beitr.», in Hwb. der Wirtschaftswiss. 3, 1981, 347-355
Weblinks

Zitiervorschlag

Niklaus Bartlome: "Gebühren", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 30.11.2006. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013764/2006-11-30/, konsultiert am 29.03.2024.