
Der Ausdruck Industrielle Revolution war lange Zeit der zentrale Begriff der Geschichtswissenschaft für die Untersuchung und Gliederung des wirtschaftlichen Wandels in den europäischen Gesellschaften vom späten 18. Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert. Angesichts seines Erfolgs übertrugen Mediävisten und Frühneuzeithistoriker das Konzept der wirtschaftlichen Revolution auf andere Epochen und Bereiche der Geschichte (Agrarrevolution). Der Begriff der Industriellen Revolution hat endlose Debatten unter Historikern ausgelöst. Einige wie etwa der Schweizer William Rappard verwendeten ihn, weil sie von der Idee der Diskontinuität überzeugt waren. Sie stützten sich dabei auf Interpretationen, die bereits im 19. Jahrhundert von Adolphe Blanqui (1837) und später von Arnold Toynbee (1884) vertreten worden waren. In ihren Augen kam es zu einem radikalen Bruch, einem raschen, jähen Wandel, der den grundlegenden Unterschied zwischen zwei sozialwirtschaftlichen Systemen (dem vorindustriellen und dem industriellen) und zwei Arten der wirtschaftlichen Entwicklung markierte. Die Geschichtsschreibung hat aber in diesem Bereich vertiefte Kenntnisse gewonnen und neue Ansätze entwickelt. Britische Forscher (u.a. Nicholas F.R. Crafts), die erstmals makroökonomische Indikatoren im grösseren Rahmen retrospektiv auswerteten, stellten die Plötzlichkeit und Schnelligkeit des Wandels in Frage. Sie beobachteten eine nur langsame Zunahme des Wirtschaftswachstums zu Beginn der Industrialisierung, weshalb sie für ein Konzept des allmählichen Wandels plädierten, das Walt Whitman Rostows Theorie des «Take-off», eines abrupt einsetzenden industriellen Wachstums, als überholt erscheinen liess. Andere Forscher, besonders der Genfer Paul Bairoch, erörterten die Wechselwirkungen zwischen der Industriellen Revolution und der Agrarrevolution. In der Schweiz, deren Wirtschaft im 18. Jahrhundert stark von der Protoindustrialisierung geprägt war, scheint die Industrialisierung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eher dem Modell des allmählichen Wachstums entsprochen zu haben, während sie am Ende des 19. Jahrhunderts einen regelrechten Sprung nach vorne machte.
Obwohl die neuere, evolutionäre Sichtweise heute zu dominieren scheint, ist der Begriff der Industriellen Revolution nicht aufgegeben worden; Maxime Berg und Pat Hudson haben ihn rehabilitiert. Da die Industrielle Revolution mit den tiefgreifenden technischen Veränderungen eng verknüpft war, die den Industrialisierungsprozess im 18. und 19. Jahrhundert begleiteten, steht er wieder hoch im Kurs. Die Verfechter des technologischen Ansatzes (z.B. der Franzose François Caron und die Neo-Schumpeterianer, welche die Konzeption des österreichischen Nationalökonomen Josef Alois Schumpeters weiterentwickelt haben) unterscheiden denn auch drei aufeinanderfolgende industrielle Revolutionen.
Kennzeichnend für die erste Industrielle Revolution, die im 18. Jahrhundert in England ihren Anfang nahm, waren das Aufkommen und die Verbreitung neuer Arbeits- (Mechanisierung) und Kraftmaschinen sowie neuer Formen der betrieblichen Organisation (Fabrik), das Entstehen wichtiger Leitsektoren wie der Baumwolle, der Eisenproduktion (Metallindustrie) und der Maschinenindustrie sowie grosse Investitionen in neue Transportsysteme (Eisenbahnen).
Diese Phase endete mit der Depression am Ende des 19. Jahrhunderts, als neue, stark wissenschaftsbasierte Technologien und ein neues, auf der Elektrizität beruhendes Energiesystem verfügbar wurden (Energie). Mit dem Übergang zur zweiten Industriellen Revolution kam es zu einer Verlagerung vom Sektor der nicht-dauerhaften Konsumgüter (Textilien) hin zur Herstellung von dauerhaften Konsumgütern (Motorfahrzeuge, elektrische Haushaltsgeräte), Halbfertigprodukten und Investitionsgütern (Chemie, Werkstoffe, Maschinen, Schienenfahrzeuge usw.). Nicht mehr Grossbritannien, sondern die Vereinigten Staaten und Deutschland führten die Entwicklung an. Im Verlauf der zweiten Industriellen Revolution veränderten sich die Beschäftigungsstruktur, die räumliche Verteilung der Produktionsstätten und die Fertigungsmethoden: Massenproduktion und Arbeitsrationalisierung setzten sich durch, kapital- und forschungsintensive Grossunternehmen entstanden, die international ausgerichtet waren.
Schliesslich bürgerte sich die Praxis ein, für die Umwälzung der Produktionsmethoden und der Kommunikationssysteme in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von der dritten Industriellen Revolution zu sprechen. Diese «Revolution» beruhte auf bereits in der Zwischenkriegszeit angebahnten Fortschritten in der Elektronik, welche der Informatisierung (Informatik) und der Automatisierung zum Durchbruch verhalfen und die technische und sozialwirtschaftliche Entwicklung massgeblich prägten. Die dritte Industrielle Revolution vollzog sich im Rahmen einer zunehmend globalisierten Dienstleistungsgesellschaft.