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Investitionen

Unter Investitionen werden Anlagen von Kapital in Sachgütern verstanden (Bruttoanlageinvestitionen). Dabei wird zwischen Bauinvestitionen (Wohnungsbau, industriell-gewerblicher Bau, Infrastrukturbau, Meliorationen) und Ausrüstungsinvestitionen (Maschinen, Fahrzeuge, aber auch Nutzpflanzungen und -tiere) unterschieden. Die Bruttoanlageinvestitionen umfassen gemäss volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung (Nationale Buchhaltung) Investitionen im Inland. Grenzüberschreitende Investitionen in Sachkapital werden als Direktinvestitionen bezeichnet.

Quantitative Daten sind ab 1852 greifbar (Hochbau ab 1813). Der Anteil der Ausrüstungen an den Anlageinvestitionen ist von knapp 10% bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs auf rund 50% angestiegen, wo er sich seither stabilisiert hat. Die bedeutendsten Investoren waren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Textilindustrie, am Ende des 20. Jahrhunderts die Branchen Verkehr, Kommunikation sowie die Banken. Bei den Bauinvestitionen (Baugewerbe) entfällt der grössere Teil auf den Hochbau, davon die Hälfte auf den Wohnungsbau. 2005 lag der Anteil der Bruttoanlageinvestitionen am Bruttoinlandprodukt (BIP) bei rund 22%.

Die schweizerischen Unternehmen tätigen seit Ende des 19. Jahrhunderts bedeutende Direktinvestitionen im Ausland. 2003 betrug der Auslandskapitalbestand rund 97% des BIP, was im internationalen Vergleich einen Höchstwert darstellt. Die Schweiz ist ein Nettokapitalexporteur: Die Direktinvestitionen der schweizerischen Unternehmen im Ausland waren zwischen 1999 und 2003 fast doppelt so hoch wie die Investitionen ausländischer Firmen in der Schweiz.

Investitionen bis 1913

Zu den Investitionen in der Schweiz sind bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts nur wenig systematische Informationen verfügbar. Die Investitionen dürften stark von der Bevölkerungsentwicklung (Bevölkerung) abhängig gewesen sein. Eine Phase mit höherer Investitionsaktivität war die Zeit der römischen Besiedlung der Schweiz (u.a. Städtebau, Wohnbauten, Strassen). Für die Zeit vom 11. bis zum 13. Jahrhundert sind eine verstärkte Rodungs- und Bautätigkeit (Städtebau) sowie der Festungsbau dokumentiert. Im 14. und 15. Jahrhundert hingegen kehrte sich die Bewegung bedingt durch den Bevölkerungsrückgang um. Unter dem Gesichtspunkt der strukturellen Entwicklung der Investitionen ist der steigende Nutztierbestand ab dem 14. Jahrhundert aufgrund der regional grösseren Bedeutung der Viehwirtschaft zu erwähnen.

Im 18. Jahrhundert begann eine beschleunigte Sachkapitalbildung, die bis heute anhält. Erste Fabriken wurden errichtet. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden bei bedeutenden Verkehrsverbindungen die Karrenwege durch Kunststrassen ersetzt. Über die Alpen wurden Fahrstrassen gebaut. Der Strassenbau erforderte umfangreiche Mittel, beispielsweise beanspruchte er im Kanton Zürich in den späten 1830er und frühen 1840er Jahren bis zu einem Drittel der Staatsausgaben. Weitere bedeutende Infrastrukturprojekte waren die Gewässerkorrektionen, darunter die Linthkorrektion (1807-1823) und die Erste Juragewässerkorrektion (1868-1891).

Mit der zu Beginn des 19. Jahrhunderts einsetzenden Industrialisierung gewannen Ausrüstungsinvestitionen an Bedeutung. Im Rahmen der Mechanisierung der Baumwollspinnerei vervierfachte sich die Zahl der Spindeln in Fabriken zwischen 1814 und 1836. Die Mechanisierung der Weberei erfolgte ab den 1830er Jahren. In dieser Zeit begann auch der Bau von Dampfschiffen, Turbinen, Dampf- und Papiermaschinen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte eine beschleunigte Industrialisierung in den übrigen Gewerbebranchen (z.B. Nahrungsmittel- und Uhrenindustrie).

Von den 1850er bis Mitte der 1880er Jahre prägte der Eisenbahnbau (Eisenbahnen) in der Schweiz die Investitionen. In der ersten Ausbauphase zwischen 1855 bis 1862 wurde mit rund 300 Mio. Franken (ein Drittel der schweizerischen Anlageinvestitionen) ein Streckennetz von über 1300 km Länge erstellt. Auch die zweite Ausbauphase (1869-1885) war mit Investitionen von rund 500 Mio. Franken oder einem Fünftel der schweizerischen Anlageinvestitionen ein immenses Infrastrukturprojekt, bei dem weitere 1500 km Geleiseanlagen entstanden. Vom Eisenbahnbau gingen starke angebots- wie nachfrageseitige Impulse auf die schweizerische Wirtschaft aus, was den Wohnungsbau wie die Unternehmensinvestitionen stimulierte.

Nach dem Höhepunkt des zweiten Eisenbahnzyklus war die Investitionsaktivität bis 1885 auch aufgrund der wirtschaftlichen Depression im internationalen Umfeld schwach. Die Investitionen schrumpften auf ein Drittel des Niveaus von 1875. Danach verzeichnete die schweizerische Wirtschaft mit einer Unterbrechung um die Jahrhundertwende eine ausgeprägte Prosperitätsphase bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Wesentliche Impulse stammten von binnenwirtschaftlichen Auftriebskräften wie dem Hochbau. Der Einsatz von Maschinen in der Produktion wurde vorangetrieben; so wurden zum Beispiel 1913 im Inland viermal mehr Industriemaschinen abgesetzt als 1885.

Der Infrastrukturbau verlief ab den 1890er Jahren in ruhigeren Bahnen, das Wachstum der Investitionen im Eisenbahnbau schwächte sich ab. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs war das Eisenbahnnetz weitgehend fertiggestellt. Zwischen 1895 und 1914 erfolgte der erste Ausbau der schweizerischen Stromversorgung (ca. 300 Mio. Franken für Starkstromanlagen). Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs besassen fast alle Ortschaften Verteilnetze für elektrische Energie (v.a. für Licht- und Kraftzwecke). Ab 1895 wurde der Bau des Telefonnetzes vorangetrieben.

In den 1870er und 1880er Jahren setzte die Expansion der schweizerischen Unternehmen ins Ausland ein. 1913 war die Schweiz das Land mit dem höchsten Auslandskapitalbestand pro Einwohner. Ursachen waren der verstärkte Protektionismus in den wichtigen Absatzregionen (Deutsches Reich, Frankreich, Italien) sowie die Verteuerung der Inlandproduktion durch markante Reallohnsteigerungen, unter anderem infolge des Eisenbahnbooms.

1914 bis 1939

Während des Ersten Weltkriegs schwächte sich die Investitionstätigkeit ab, dann war sie zunächst schwankend. Ab 1922 fand die schweizerische Wirtschaft auf den Wachstumspfad zurück, was sich in einer regen Bautätigkeit spiegelte. Unter anderem mit Hilfe von öffentlichen Investitionszuschüssen konnte in Städten wie Zürich, Bern und Basel der Wohnungsbestand zwischen 1921 und 1931 um die Hälfte gesteigert werden, wobei auch die Ausbausstandards stiegen (Bad, Zentralheizung, Elektroherd). Rationalisierungsinvestitionen gewannen an Bedeutung (Taylorismus) und zwar nicht nur in der Industrie, sondern auch im Dienstleistungssektor (z.B. Büromaschinen, Karteisysteme). Die Unternehmen schafften vermehrt Lastwagen an. Infrastrukturinvestitionen wurden in den 1920er Jahren insbesondere in der Stromerzeugung und dem Strassenbau getätigt. Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) realisierten 1919-1929 ihr erstes Elektrifizierungsprogramm. Der Durchbruch des motorisierten Individualverkehrs erforderte höhere Investitionen in den Strassenbau (Asphaltierung, Trottoirs).

Bruttoanlageinvestitionen 1852-2005
Bruttoanlageinvestitionen 1852-2005 […]

Die Weltwirtschaftskrise führte ab 1930 zu einem Einbruch der Unternehmensinvestitionen. Der Wohnungsbau nahm noch bis 1931 zu und stützte vorerst die Binnenkonjunktur. Von 1932 bis 1936 halbierten sich jedoch die Bauinvestitionen, wobei der Rückgang im privaten Bau besonders ausgeprägt war. Die verschlechterte Einkommenssituation hatte zusammen mit der regen Wohnbautätigkeit vor der Krise ausserordentlich hohe Leerstände bei Wohnungen zur Folge (Ende 1936 in Zürich 3,5%, in Genf 10%). Staatliche Sparmassnahmen führten zu Kürzungen bei Infrastrukturvorhaben (v.a. im Strassenbau). Erst mit der Konjunkturerholung ab 1937 nahmen die Investitionen wieder zu.

1939 bis in die Gegenwart

Bis 1943 war die Investitionsaktivität kriegsbedingt schwach, da die privaten Bauausgaben nach einem Rückgang zu Kriegsbeginn stagnierten. Auch die öffentliche Hand investierte zurückhaltend. Mit dem sich abzeichnenden Kriegsende begannen die Investitionen Privater wieder anzuziehen. Bedingt durch das kräftige Wirtschaftswachstum insbesondere von 1950 bis 1972 wurden die Produktionskapazitäten stark ausgebaut. Neue Investitionsgütergruppen gewannen an Bedeutung. Der Nutzfahrzeugbestand verzehnfachte sich von 1946 bis 1980. Die grössere kommerzielle Bedeutung des Luftverkehrs erforderte einen Ausbau der Flugzeugflotten. Ab den 1960er Jahren verstärkte sich die Internationalisierung der Schweizer Wirtschaft (Globalisierung). Der Bestand an schweizerischem Sachkapital im Ausland verfünffachte sich zwischen 1960 und 1975.

Der Wohnungsbau nahm nach dem Zweiten Weltkrieg, bis 1950 durch bedeutende staatliche Fördergelder begünstigt, deutlich zu. Das Bevölkerungswachstum war bis in die 1970er Jahre kräftig, was zusammen mit dem durch die stark steigenden Einkommen höheren Wohnflächenverbrauch zu einer lebhaften Nachfrage nach Wohnraum führte; von 1952 bis 1972 wurde der umbaute Raum verdoppelt. Auch der Infrastrukturbau war bis in die 1970er Jahre expansiv ausgerichtet. Die von den Wasserkraftwerken produzierte Leistung wurde von 1950 bis 1970 nahezu vervierfacht. In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre begann der Bau von Kernkraftwerken. Im Verkehrsbereich war der Nationalstrassenbau das wichtigste Infrastrukturvorhaben. Von 1958 bis Mitte der 1970er Jahre erstellten Bund und Kantone für rund 13 Mrd. Franken ein Nationalstrassennetz von fast 1000 km Länge. In den späten 1960er und den 1970er Jahren wurden ausserdem umfangreiche Mittel in die Abwasserentsorgung investiert.

Die Rezession der Jahre 1975-1976 führte zu einem Einbruch der Investitionen. Dieser wurde durch eine restriktivere Immigrationspolitik verstärkt. Der dadurch verursachte Bevölkerungsrückgang führte zusammen mit der Abflachung des Wachstums zu einer geringeren Nachfrage nach Wohnraum. Die realen Wohnbauinvestitionen gingen zwischen 1974 und 1977 um fast zwei Fünftel zurück. Bis 1991 legten die Investitionen im Rahmen der wirtschaftlichen Erholung wieder zu, unterbrochen einzig von der Konjunkturschwäche 1982 (Konjunktur). Investitionen in Informations- und Kommunikationstechnologie gewannen an Bedeutung. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre setzte ein Bauboom ein, begleitet von einem markanten Anstieg der Immobilienpreise. So verdoppelten sich zum Beispiel in Zürich die Preise für Mehrfamilienhäuser zwischen 1985 und 1989 nahezu. 1990-1991 kam die Wende: Bis 1997 nahmen die Hochbauinvestitionen um knapp ein Fünftel ab. Der Konjunkturaufschwung ab 1997 konnte dem Wohnungsbau kaum Impulse verleihen. Offenbar waren Bauten keine Alternative zu den bis 2000-2001 steigenden Aktiennotierungen (Börsen). Erst im Jahre 2002 nahmen die Wohnbauinvestitionen wieder deutlich zu.

Beim Auslandskapitalbestand der Schweizer Unternehmen war insbesondere in den 1990er Jahren ein verstärkter Anstieg zu beobachten. Nach rund 85 Mrd. Franken 1990 stieg dieser Ende des 20. Jahrhunderts auf knapp 400 Mrd. Franken an. Vor allem der Dienstleistungssektor (Banken, Versicherungen, Holdings) verzeichnete eine rege Auslandsaktivität. Zur Hauptsache wurden Direktinvestitionen ergänzend zur Geschäftstätigkeit in der Schweiz getätigt (Aufbau von Niederlassungen), Produktionsauslagerungen waren weniger bedeutend.

Das Wachstum der Infrastrukturinvestitionen schwächte sich ab der zweiten Hälfte der 1970er Jahre ab. Das Ausbautempo beim Nationalstrassennetz wurde etwas gedrosselt. Von 1975 bis 1985 wurden zusätzlich etwas über 400 Streckenkilometer gebaut (Länge 1985: 1384 km), 2002 betrug die Länge des Gesamtnetzes etwas mehr als 1700 km. Erst mit den grossen Eisenbahnprojekten (Bahn 2000, NEAT, Eisenbahnhochleistungsnetz) ab Mitte der 1990er Jahre stiegen die Ausgaben wieder an, von etwas über 1 Mrd. in der ersten Hälfte der 1990er Jahre auf mehr als 3 Mrd. pro Jahr zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Nennenswerte Investitionen wurden aber auch für die Modernisierung und den Ausbau der Kommunikationsanlagen (Glasfasernetze, Mobiltelefonie) getätigt.

Quellen und Literatur

  • J. Gaudard, Les investissements du canton de Fribourg dans les transports et communications à partir de 1939, 1968
  • J. Schwarz, Bruttoanlageinvestitionen in der Schweiz von 1850 bis 1914, 1981
  • B. Beck, Lange Wellen wirtschaftl. Wachstums in der Schweiz 1814-1913, 1983
  • P. Dudzik, Innovation und Investition, 1987
  • Die Schweiz in der Weltwirtschaft, hg. von P. Bairoch, M. Körner, 1990
  • M. Koch, Städtebau in der Schweiz 1800-1990, 1992
  • H.-P. Bärtschi, Industriekultur im Kt. Zürich, 1994
  • H.-J. Gilomen et al., Globalisierung - Chancen und Risiken, 2003
Weblinks

Zitiervorschlag

Daniel Lampart: "Investitionen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 01.11.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013837/2007-11-01/, konsultiert am 18.04.2024.