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Schweighöfe

Als Schweighöfe bezeichnet man auf Milchwirtschaft spezialisierte Viehhöfe, die im Hoch- und Spätmittelalter vor allem entlang des Alpenrands, seltener auch im Mittelland, auf herrschaftliche Initiative gegründet wurden und in engem Verhältnis zur Grundherrschaft standen. Sie dienten primär der Versorgung der grundherrlichen Haushalte mit milch- und viehwirtschaftlichen Produkten, weniger der Realisierung von Marktchancen.

Die frühesten Belege für den mehrdeutigen lateinischen Quellenbegriff armentum erscheinen im Raum der heutigen Schweiz im 12. Jahrhundert im Umfeld der Klöster Muri (AG) und Schänis. Ob damit stets Schweighöfe oder nur Viehherden bzw. Weideflächen gemeint waren, welche die Klöster bäuerlichen Bewirtschaftern leihweise überliessen, ist nicht immer eindeutig festzustellen. Wie in Tirol, Kärnten, Schwaben oder Bayern entstanden auch entlang des schweizerischen Alpennordhangs, insbesondere in der Zentralschweiz, von der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts an viele Schweighöfe. Gegründet wurden diese von geistlichen und in geringerem Umfang von weltlichen Grundherren (z.B. Habsburger). Beispiele dafür sind die Schweighöfe der Abteien Einsiedeln und Murbach-Luzern im heutigen Kanton Schwyz und die wenigen Schweighöfe des Zürcher Fraumünsters im Urnerland. Angelegt wurden sie auf ehemaligem grundherrlichen Eigenland und zum Teil wohl auch in Allmendeinschlägen, was zu Nutzungskonflikten mit anderen Allmendgenossen führen konnte. Dies mag ein Grund dafür gewesen sein, dass im zu Beginn des 14. Jahrhunderts wieder intensiver geführten Marchenstreit zwischen Schwyzern und der Abtei Einsiedeln die klösterlichen Schweighöfe besonders häufig heimgesucht wurden. Dabei ging es der bäuerlichen Schwyzer Oberschicht wohl auch darum, die vieh- und milchwirtschaftliche Konkurrenz auszuschalten. Die Produktion für die städtischen Märkte dürfte vom 14. Jahrhundert an ohnehin eher von wohlhabenden Viehbauern ausgegangen sein.

Die peripher gelegenen Schweighöfe wurden gewöhnlich nicht innerhalb der grundherrlichen Eigenwirtschaft betrieben, sondern verliehen – im Gegensatz zum Tirol seltener als Erb- denn als Zeit- oder Leiblehen. Empfänger waren – zumindest in der Innerschweiz des 14. Jahrhunderts – oft Meier und andere Amtleute, die von Amts wegen gute Verbindungen zu den städtischen Märkten pflegten und die die Schweighöfe wahrscheinlich weiterverpachteten. Zur Ausstattung der Höfe gehörte ein Grundstock an Grossvieh und/oder Schafen, welche die Leihenehmer am Ende des Vertragsverhältnisses wieder zu hinterlassen hatten. Der Grundherr behielt sich auch regelmässig das Recht vor, die Schweighöfe bei Bedarf wieder in die eigenwirtschaftliche Produktion einzugliedern. Zinsen wurden bis ins 16. Jahrhundert in der Form von Käse, Butter, Ziger, Rindvieh oder Schafen eingefordert. Ab einem bestimmten Zinsaufkommen hatten die Leihenehmer je nach Vereinbarung Anrecht auf grundherrliche Getreidelieferungen. Im 15. Jahrhundert verschwanden die Schweighöfe allmählich. An ihre Stelle traten Sennhöfe, auf Vieh- und Milchwirtschaft ausgerichtete Betriebe, auf denen aber auch Getreide angebaut wurde.

Quellen und Literatur

  • F. Glauser, «Von alpiner Landwirtschaft beidseits des St. Gotthards 1000-1350», in Gfr. 141, 1988, 5-173
  • R. Sablonier, «Innerschweizer Ges. im 14. Jh.», in Innerschweiz und frühe Eidgenossenschaft 2, 1990, 145-153
  • A. Zangger, Grundherrschaft und Bauern, 1991, 501-506
Weblinks

Zitiervorschlag

Martin Leonhard: "Schweighöfe", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 27.11.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013866/2012-11-27/, konsultiert am 17.04.2024.