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Zahlungsverkehr

Unter Zahlungsverkehr versteht man normalerweise die Gesamtheit aller nationalen und internationalen Transaktionen, die die Übertragung von Zahlungsmitteln betreffen. Die Geschichte des Zahlungsverkehrs ist eng verbunden mit dem internationalen Währungssystem, mit den Mitteln und dem System der Zahlungen, den politischen Rahmenbedingungen, den Anforderungen der Wirtschaft und der Gesellschaft sowie dem technischen Fortschritt.

Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts zirkulierten auf dem Gebiet der heutigen Schweiz zahlreiche und verschiedene Münzen. Für Zahlungen von einem Handelsplatz zum anderen wurden Wechselbriefe gebraucht. 1850 wurde im ersten eidgenössischen Münzgesetz der Franken als Geldeinheit (Geld) bestimmt; diese Vereinheitlichung vereinfachte den Handel in der Schweiz massgeblich. Erste Banknoten kamen in der Schweiz ab 1825 auf, aber bis in die 1880er Jahre blieben für kleinere Zahlungen Münzen das gängige Zahlungsmittel. 1905 erhielt die Schweizerische Nationalbank (SNB) das Monopol für die Geldemission sowie ein Mandat, um den bargeldlosen Zahlungsverkehr zu vereinfachen. Sie richtete ein dezentrales Überweisungssystem ein, das hauptsächlich von den Schweizer Banken, der Eidgenossenschaft sowie den ausländischen Zentralbanken benutzt wurde. 1906 baute die Post für die Zahlung kleiner Beträge von Privatpersonen ihr eigenes Scheck- und Überweisungssystem auf, das bis zum Ende des 20. Jahrhunderts von der Mehrheit der Bevölkerung genutzt wurde. 1930 wurde eine Verrechnungsstelle eingerichtet, die unter der Aufsicht der SNB die Börsentransaktionen (Börsen) in Zürich und Basel beaufsichtigte. Die Zahlungssysteme der SNB und der Post, die Kontokorrente der Geldinstitute und die Verrechnungsstellen bildeten das Fundament des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Dazu kamen die Handels- und Finanzwechsel, die innerhalb der Schweiz und auf internationaler Ebene als Zahlungsmittel dienten.

Ab 1860 wurde ein erstes internationales Währungssystem eingerichtet. Die Einführung der Goldwährung bildete die Grundlage für den freien Kapitalverkehr und läutete eine erste Globalisierungsphase ein. Der Erste Weltkrieg erschütterte diese Ordnung und die Weltwirtschaftskrise liess sie 1929 zusammenbrechen. Die Mehrzahl der Länder, darunter die Schweiz, handelten danach bilaterale Wirtschaftsabkommen (Clearing) aus, die den Devisentransfer im Prinzip überflüssig machten (Schweizerische Verrechnungsstelle). Erst Ende der 1950er Jahre wurde der Handel in Europa erneut liberalisiert. 1944 wurde mit dem Abkommen von Bretton Woods ein System mit fixen Wechselkursen eingeführt, das 1971 durch ein System mit flexiblen Wechselkursen abgelöst wurde. Dieses System, bei dem die Wechselkurse täglich auf den Devisenmärkten bestimmt werden, bildet bis heute den Rahmen für die Regelung der internationalen Transaktionen. In diesem veränderten internationalen Kontext führten die Schweizer Banken ihren Zahlungsverkehr mit dem Ausland mithilfe ihres weltweiten Netzes von Korrespondenzbanken aus. 1973 schlossen sich 240 Banken aus 15 Ländern in Brüssel zur Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (Swift) zusammen. Dieses internationale Kommunikationssystem vereinfachte die standardisierte Übertragung von Informationen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Finanztransaktionen nach und nach vereinfacht. 1949 schufen die Grossbanken ein schweizerisches Banken-Clearingsystem. Dieses stellte ihnen einen vereinheitlichten Einzahlungsschein zur Verfügung und zentralisierte die Überweisungen, die jedoch manuell blieben. Die Zunahme der Lohn- und Gehaltszahlungen mittels Überweisungen machte zu Beginn der 1970er Jahre die bargeldlosen Transaktionen populär. Diese erlaubte den Arbeitgebern zu sparen und verlangte von den Banken die Verwaltung des massenhaften Zahlungsverkehrs. Die Banken, die mit Papierquittungen und Magnetbändern arbeiteten, entschieden sich zur Informatisierung ihres Clearings, um konkurrenzfähig zu bleiben. Die Schweizerische Bankiervereinigung, die Post und die SNB beauftragten die Telekurs AG zur Entwicklung eines vollständig informatisierten Systems. 1987 wurde das Swiss Interbank Clearing (SIC) ins Leben gerufen. Die Post entwickelte ihr eigenes System, bevor sie sich Ende der 1990er Jahre dem SIC anschloss.

Im Lauf der 1970er und 1980er Jahre vervielfachten sich die elektronischen Zahlungsmöglichkeiten. 1968 konnte erstmals mit einer Lochkarte Geld an einem Bankautomaten bezogen werden. Durch die Einführung der Swiss Cheques vereinheitlichten die Schweizer Banken 1969 ihre Schecks, die bis anhin von der Bevölkerung wenig gebraucht worden waren. Diese wurden 1978 durch den Eurocheque ersetzt. Ende der 1970er Jahre wurde die Eurocard (Kreditkarte), Mitte der 1980er Jahre die EC-direkt-Karte (Debitkarte) eingeführt. Ab den 1990er Jahren beschleunigte sich die technische Entwicklung. 1996 wurde das sogenannte Cash als neues elektronisches Geld eingeführt, 1998 Maestro.

Die elektronischen Zahlungssysteme entwickelten sich dank der Fortschritte in der Informatik. Das SIC wurde an andere Systeme angepasst, die den Austausch der Datenträger, die direkte Eintreibung, Barbezüge an Automaten und Tankstellen, die Operationen mit EC-direkt und die Abwicklung von Schecks und Wertpapieren erlaubten. Aufgrund der Einführung des Euro gründete die Schweiz 1998 die Swiss Euro Clearing Bank (SECB) in Frankfurt am Main. Die SECB verwaltet das System euroSIC, das den Schweizer Banken den Zugang zum europäischen Zahlungssystem Target erlaubt. Seit 2002 ist der Schweizer Finanzplatz dem internationalen System für Devisentransaktionen Continuous Linked Settlement (CLS) angeschlossen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts waren alle nationalen Systeme miteinander verbunden und alle Transaktionen wurden über ein weltweites Netzwerk ausgeführt.

Quellen und Literatur

  • Archiv SNB, Zürich, Akten
  • Hb. des Geld-, Bank- und Börsenwesens der Schweiz, hg. von E. Albisetti et al., 41988
  • Veröff. UEK 3
  • F. Klein, G. Palazzo, Kulturgesch. des Geldflusses: die Entwicklung des Zahlungsverkehrs mit Fokus Schweiz, 2003
  • L. Raineau, L'utopie de la monnaie immatérielle, 2004
  • B. Bonhage, «Die Einführung der bargeldlosen Lohn- und Gehaltszahlung», in Dienstleistungen, hg. von H.-J. Gilomen et al., 2007, 249-264
  • R. Fluri, «Der bargeldlose Zahlungsverkehr», in Schweiz. Nationalbank 1907-2007, 2007, 355-376
Weblinks

Zitiervorschlag

Dominique Baumann: "Zahlungsverkehr", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.05.2015, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013892/2015-05-11/, konsultiert am 28.03.2024.