Die hinsichtlich der Fleisch-, Eier- und Federproduktion wichtigsten Arten des Hausgeflügels sind Huhn, Gans, Ente, Taube und Truthuhn. Jagd- und essbare Wildvögel wie zum Beispiel Fasan, Rebhuhn, Schnepfe und Wachtel werden als Wildgeflügel bezeichnet. Das Haushuhn (Haustiere) stammt vom südostasiatischen Bankivahuhn (Gallus gallus) ab und ist erstmals in der Indus-Kultur sicher belegt (3. Jt. v.Chr.). In Mitteleuropa erscheint das Haushuhn im 7.-6. Jahrhundert v.Chr., im Gebiet der heutigen Schweiz im 5. Jahrhundert v.Chr. am Übergang von der späten Hallstatt- zur frühen Latènezeit (Gelterkinden, Möhlin).

Archäozoologische Untersuchungen von Speiseabfällen aus römischen Stadtvillen (Augusta Raurica) zeigen, dass sich nur sozial besser gestellte Bevölkerungsschichten Hühner- bzw. Geflügelfleisch leisten konnten. Im Mittelalter gehörte die Abgabe von Hühnern und Eiern zu den üblichen bäuerlichen Zinsleistungen. Mit der Entrichtung des Hühnerzinses im Herbst oder auf die Fasnachtszeit hin (Fasnachtshuhn) wurde in erster Linie das bestehende Rechtsverhältnis zwischen Bauer und Grundherr bzw. Untertan und Obrigkeit (z.B. Vogt) anerkannt und bekräftigt. Die mittelalterlichen Haushühner waren damals – wie alle anderen Haustiere – von kleiner Grösse, vergleichbar den heutigen Zwerghühnern und den etwas grösseren, rebhuhnfarbigen Italienerhühnern. In seinem Vogelbuch von 1557 schildert Konrad Gessner ausführlich und zum Teil unter Berufung auf antike Autoren Lebensweise, Haltung, Zubereitung und volksmedizinische Bedeutung verschiedener Hausgeflügelarten.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stieg das Interesse an der Geflügel- und speziell an der Hühnerhaltung an. Ausgehend von Veranstaltungen der Classe d'agriculture der Société des Arts von Genf wurde die Geflügelhaltung zuerst in der Westschweiz auch an landwirtschaftlichen Ausstellungen gezeigt (Landwirtschaft). Private und ornithologische Vereinigungen, deren Anzahl vor allem in den 1880er und 1890er Jahren stark zunahm, übernahmen die Förderung der Geflügelzucht. 1892 wurde der Schweizeische Geflügelzuchtverband gegründet (später Schweizerische Rassegeflügelzuchtverband). 1897 führte der Kanton Tessin die erste Geflügelzählung durch. Bei der ersten gesamtschweizerischen Geflügelzählung von 1918 wurden rund 2,4 Mio. Hühner ermittelt. Gemessen an der Anzahl Besitzer war die Geflügelhaltung der meist verbreitete Zweig der schweizerischen Tierhaltung (Viehwirtschaft). Dabei stand anfänglich die Selbstversorgung mit Eiern und gelegentlich mit Fleisch im Vordergrund. Im Jahr 2010 betrug der Hühnerbestand ca. 8,9 Mio. Tiere.
Geflügelhalter und Geflügelbestand 1918-2008
Geflügelhalter | Nutzgeflügel (in Tausend) | |||
---|---|---|---|---|
Total | Hühner | Gänse, Enten, Truthühner | ||
1918 | 251 752 | 2 405 | 2 386 | 19 |
1921 | 270 934 | 3 296 | 3 247 | 49 |
1931 | 281 785 | 4 918 | 4 865 | 53 |
1941 | 233 949 | 3 780 | 3 752 | 28 |
1951 | 262 102 | 6 308 | 6 240 | 68 |
1961 | 183 484 | 6 029 | 5 975 | 54 |
1966 | 139 238 | 6 627 | 6 586 | 41 |
1973 | 92 061 | 6 736 | 6 698 | 38 |
1978 | 78 058 | 6 730 | 6 688 | 42 |
1983 | 72 877 | 6 353 | 6 315 | 38 |
1988 | 62 565 | 6 417 | 6 356 | 61 |
1993 | 39 777 | 6 410 | 6 227 | 183 |
1998a | 22 932 | 6 566 | ||
2003a | 18 299 | 7 445 | ||
2008a | 14 660 | 8 474 |
a nur Hühnerhalter und Hühner
Die vielfältigen Hühnerrassen werden vorzugsweise nach den Herkunftsländern und Herkunftsregionen benannt, wie zum Beispiel das Appenzeller Barthuhn, die Appenzeller Spitzhaube oder das weiss gefiederte Schweizerhuhn, welches 1905 aus weissen englischen Orpington und amerikanische Wyandotten herausgezüchtet wurde. Um die Jahrhundertwende wurde die Legeleistung der einheimischen Landrassen auf 50-70 Eier pro Jahr geschätzt. Das Italienerhuhn, die damals meist gehaltene ausländische Rasse, legte laut Schätzung 70-100 Eier pro Jahr. Veränderte Haltungstechniken (Boden- und Käfighaltung) und Spezialisierungen (Aufzucht-, Mast- und Legebetriebe) führten in den 1950er und 1960er Jahren zur Bildung von Grossbetrieben. Die darin gehaltenen Lege- und Masthybriden sind Kreuzungen aus ausgewählten Inzuchtlinien und müssen ab der zweiten Kreuzungsgeneration durch neue Tiere ersetzt werden. Sie stellen keine eigentliche Rassen mehr dar und werden nach den jeweiligen ausländischen Zuchtzentren benannt.
Zeitgleich mit der ersten Verbreitung des Huhns in Mitteleuropa erfolgte die Haltung von Gänsen. Neben der Fleischnutzung dienten sie der Gewinnung von Daunen. Gemäss Plinius dem Älteren lieferten die kleinwüchsigen, weissen Gänse aus Germanien die besten Daunenfedern für den römischen Markt. Trotz ihrer vielfältigen Nutzung erreichte die Gans aber nie dieselbe Bedeutung wie das Huhn. Das Truthuhn (Meleagris gallopavo) gelangte im 16. Jahrhundert aus Mittel- und Nordamerika nach Europa und dient heute ausschliesslich der Fleischproduktion. Die Ente, über deren Domestikation wenig bekannt ist, wurde ab dem Spätmittelalter bzw. der frühen Neuzeit zum echten Haustier, auch wenn sie sicher schon früher gehalten wurde.
Gemäss den Beschreibungen des römischen Agrarschriftstellers Columella (1. Jh. n.Chr.) war die Taubenhaltung bei den Römern weit verbreitet. Eine anatomische Unterscheidung zwischen der wild lebenden Felsentaube (Columba livia) und der domestizierten Haustaube ist nicht möglich. Da bei uns diese Taubenart jedoch erst ab römischer Zeit in den archäologischen Funden auftritt (Ersigen-Murrain, Avenches, Augusta Raurica), dürfte es sich dabei vermutlich eher um Haustauben handeln. Für das Mittelalter ist mit einer klösterlichen und spätestens ab dem 16. Jahrhundert mit einer extensiven bäuerlichen und städtischen Taubenhaltung zu rechnen. 1896 wurde auf Initiative des Militärs der Schweizerische Brieftaubensportverband gegründet. Die Armee betrieb bis 1994 einen Brieftaubendienst.