Die Metallverarbeitung ist ein vielfältiger Wirtschaftszweig, in dem heute grösstenteils industriell (Metallindustrie), aber auch handwerklich (Handwerk) gearbeitet wird.
Im Gebiet der Schweiz ist Metallverarbeitung vom Ende der Jungsteinzeit an (Kupfer, Gold, Edelmetalle) durch archäologische Funde bezeugt. Die Produktion von Gegenständen aus Metallen setzte Handwerkstradition und Spezialisierung voraus, sodass metallverarbeitende Handwerke als früheste Handwerke überhaupt gelten können. Rohstoffe aus einheimischen Vorkommen (Bergbau) wurden vermutlich mit Importen ergänzt. In keltischer Zeit (ab ca. 300 v.Chr.) sind Handwerksateliers in Oppida archäologisch belegt. In der gallorömischen Epoche (1. Jahrhundert v.Chr.-5. Jahrhundert n.Chr.) breiteten sich die von der römischen Tradition beeinflussten metallverarbeitenden Handwerke im kolonisierten Gebiet aus; in Civitates, Vici und Kastellen arbeiteten Ateliers für den einheimischen Bedarf und den Export (Bronzeguss).
In nachrömischer Zeit überlebte das exklusive Handwerk der Gold-, Silber- (Gold- und Silberschmiedekunst) und Waffenschmiede (Waffenproduktion und Waffenhandel) in den ehemaligen römischen Siedlungen, auf grundherrlichen Fronhöfen und in Klöstern. Die Metallverarbeitung für den täglichen Bedarf der überwiegend bäuerlichen Bevölkerung geschah in den Schmieden, die zur handwerklichen Ausstattung jeder mittelalterlichen Grundherrschaft gehörten und als Ehaften bis ins 19. Jahrhundert konzessionspflichtig waren.
Der Schmied. Holzschnitt im Ständebuch vonJost Ammann,1568 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).
In den mittelalterlichen Städten nahmen die metallverarbeitenden Handwerke von Beginn weg einen wichtigen Platz ein. Wie in der Grundherrschaft waren es die Schmiede, deren vielseitige Arbeit bestimmt war vom Bedarf des Verkehrs (Hufbeschlag, Wagen-, Schiffbau), des Handwerks (Werkzeuge), der Wald-, Land- und Hauswirtschaft (Werkzeuge, Geräte, Gegenstände). Die Werkstätten der Schmiede lagen wie diejenigen anderer Handwerke in besonderen Gassen (Eisen-, Schmiedengasse), vor allem an Transit- und Ausfallstrassen und wegen Brandgefahr und Immissionen eher am Stadtrand. In Städten mit vorstädtischer Hofwirtschaft waren die Schmiede eingebunden in officia (Handwerksämter) des Stadtherrn (u.a. des Bischofs in Basel), bevor sie sich im Lauf des 13.-15. Jahrhunderts wie andere Handwerke in Zünften organisierten.
Mit der fortschreitenden Entwicklung der Städte zu Bevölkerungs-, Produktions- und Marktzentren spezialisierten sich auch die metallverarbeitenden Handwerke. Sich wandelnde Bedürfnisse und Moden weckten die Nachfrage nach neuen Produkten, deren Herstellung die Fertigkeit des nicht spezifisch qualifizierten Schmieds überstiegen. Neue Berufe vor allem im Waffen- und Kunsthandwerk spalteten sich ab dem 13. Jahrhundert vom allgemeinen Schmiedehandwerk, später auch von anderen Metallberufen ab; sie arbeiteten mit neuen Techniken, kostbareren Metallen, aufwendigerer Ausrüstung und mit Mitteln der Mechanik.
Zu den ältesten Spezialhandwerken zählten Silber- und Goldschmiede mit besonderen Fertigkeiten in der Herstellung von Schmuck und Kirchenzierrat vor allem an hochmittelalterlichen Bischofshöfen wie Basel und Lausanne. Neue Berufe der Waffenherstellung werfen Licht auf den Wandel im Kriegshandwerk: unter anderem Klingenschmiede, Schwertfeger, Halbarter, Panzermacher und Harnischer, im 14. und 15. Jahrhundert Büchsenschmiede und Geschützgiesser, im 16. Jahrhundert Büchsenmacher und Degenschmiede. Eines der wichtigsten metallverarbeitenden Handwerke war die Schlosserei. Auf Schlösser und feinere Schmiedeware spezialisiert, stellten Schlosser neben Haushaltsgeräten auch kunsthandwerkliche Güter her, teils mit komplizierter Mechanik. Von ihnen spalteten sich durch Produkteverfeinerung die Gürtler, ab dem 14. Jahrhundert die Winden- und Turmuhrmacher, später die Uhrmacher für Zimmer- und Kleinuhren ab (Uhrenindustrie). Zinn- und Kannengiesser erzeugten neben Kirchenzierrat Geschirr für den gehobenen Haushalt, Kupferschmiede, Spengler und Kessler Hausrat für Stadt und Land, Nadler Gegenstände der Haus- und Hofwirtschaft, Sichel-, Sensenschmiede und Gertler solche der Land- und Waldwirtschaft. Zeug-/Zirkelschmiede, Feilenhauer, Nagel-, Nepperschmiede (Bohrerschmiede) und Drahtzieher stellten Werkzeuge und Halbware vor allem für das Handwerk her.
Zweierlei lässt sich aus der Spezialisierung ersehen: Zum einen arbeiteten an der Vollendung hochstehender Güter oft mehrere Berufe Hand in Hand, bei den Waffen etwa Schlosser (Gewehrschlösser), Kunstschmiede (Gravieren, Ziselieren, Brünieren), Schleifer und Bohrer (Geschützrohrbohrung). Zum anderen blieben verwandte Berufe in gemeinsamen Kenntnissen und Techniken verbunden. In Zeiten von Auftragsmangel im eigenen Gebiet wichen Meister auf andere Arbeit aus, und bei fehlenden Spezialisten sprangen andere Berufe in die Lücke: Schlosser übernahmen Gürtleraufträge, Goldschmiede Silberarbeit, Glockengiesser gossen Geschütze und Grabplatten usw. Ausgeprägt war die Gemeinsamkeit, aber auch die Rivalität unter den verschiedenen Giessern, zwischen Schlossern und Büchsenmachern, Huf- und Waffenschmieden, Winden- und Uhrmachern. Die Meisterzahlen der Spezialhandwerke waren, ausser bei den (Huf-)Schmieden, Kupferschmieden und Schlossern, in der Regel klein. Sie hingen von der Grösse der Stadt oder auch vom Ansehen des Berufs ab. Von den 17 metallverarbeitenden Handwerken der Zürcher Schmiedezunft um 1762 zählten nur die Zinngiesser, Schlosser und Kupferschmiede zehn und mehr Meister; zwei Berufe waren gar nicht vertreten. Goldschmiede gab es vor allem in grösseren Städten, seltener in Kleinstädten (z.B. Goldschmiedetradition im 17. und 18. Jahrhundert in Sursee und Wil SG). Zürich und Basel waren Zentren der Goldschmiedekunst, aber ohne europäischen Rang wie etwa Augsburg und Nürnberg (Meister im 16. Jahrhundert: Basel ca. 24, Augsburg bis zu 200). Den Aufträgen folgend, wurden Turmuhrmacher und Orgelbauer, wie die Glockengiesser, zu Wanderberufen.
Zünftigkeit und Handwerksordnung
Autorin/Autor:
Anne-Marie Dubler
Anders als in deutschen Städten mit teilweise mehreren Metallzünften kam es in schweizerischen Städten nur zur Gründung von Schmiedezünften; andere metallverarbeitende Handwerke sahen infolge geringer Meisterzahlen von eigenen Zünften ab und inkorporierten sich in der örtlichen Schmiedezunft. Diese vereinte in der Regel 12-17 Berufe, die sich als "Meisterschaften" (Handwerk, Lade) innungsgemäss organisierten. Goldschmiede, teils Büchsenmacher, Gürtler und andere konnten als freie Handwerker eine beliebige Zunft wählen (z.B. Konstaffel in Zürich, Wechsler in Basel, Kunsthandwerker in Luzern und Solothurn, Krämer in Freiburg).
Wie im übrigen Handwerk wirkte sich auch bei den metallverarbeitenden Handwerken vom 15. und 16. Jahrhundert an das zunftwirtschaftliche Programm aus, an erster Stelle die berufsspezifische Handwerksordnung. Die Lehrzeit lag bei zwei bis drei Jahren, für Goldschmiede, Uhrmacher und andere bis zu sechs Jahren. Verschärfte Konkurrenz führte vom 16. Jahrhundert an zur Verlängerung der Ausbildung.
Die Beschaffung von Rohstoffen und Halbware (Eisen, Kupfer, Zinn, Messing, Blei, Weiss-, Schwarzblech, Draht) war Sache der Meister. Mit der zunftwirtschaftlichen Trennung von Handwerk und Handel im 15. und 16. Jahrhundert war ihnen mit Ausnahme der Altmetalle der Handel mit Rohstoffen verboten, der an die Eisenhändler überging. Die generelle Verknappung und Verteuerung der Rohstoffe ab dem 16. Jahrhundert bewog die Meisterschaften, ihr Monopol der Altmetallbeschaffung über die Stadt hinaus auf das Land auszudehnen. Dank Verkaufs- und Handelsabkommen mit den hausierenden Kesslern waren Kupferschmiede darin bevorzugt.
Vom 15. und 16. Jahrhundert an setzte sich bei den metallverarbeitenden Handwerken der Kleinbetrieb (ein Meister pro Werkstatt) durch. Einige entrannen dem zunftwirtschaftlichen Diktat, Hammerschmieden (Eisen-, Kupferhämmer) etwa, die vom 15. Jahrhundert an als Grossbetriebe mit hohem Kapitaleinsatz Halbware für das Handwerk produzierten. Mit Wasserkraft betrieben, lagen die lärmigen Pochwerke, ab dem 17. Jahrhundert auch die Drahtzüge, ausserhalb der Städte. Unbehelligt vom Diktat zum Kleinbetrieb arbeiteten in städtischen Regiebetrieben Stadtschmiede und Stadtschlosser (Werkmeister) sowie Handwerke der Waffenfertigung.
In der Regel arbeiteten die metallverarbeitenden Handwerke für den städtischen und regionalen Bedarf. Einzelnen gelang der Aufstieg zum Exportgewerbe (z.B. Sensenfabrikation in Luzern im 15. Jahrhundert, Genfer und Neuenburger Uhrmacherei und Golddrahtzieherei im 17. und 18. Jahrhundert), andere genossen Ansehen über die Landesgrenzen hinaus (z.B. Geschützgiessereien in Bern und Zürich). Insgesamt gewährleisteten die einheimischen metallverarbeitenden Handwerke die Versorgung der Städte und deren Einzugsgebiete, während der Handel – oft heftig befehdet durch zünftige Meister – das städtische Markt- und Ladenangebot durch Importe von Luxusgütern (Schmuck, Prunkwaffen, kunstvolles Zinngeschirr usw.) zu bereichern wusste.
Metallverarbeitung auf dem Land
Autorin/Autor:
Anne-Marie Dubler
Auf dem Land lag die Metallverarbeitung bis ins 19. Jahrhundert weitgehend bei den Hufschmieden, denen als Inhaber von Ehaften das Gewerbemonopol in einem bestimmten Einzugsgebiet zustand. Ihr breit gefächertes Arbeitsgebiet umfasste neben dem Hufbeschlag unter anderem die Produktion und Reparatur aller Arten von Acker-, Garten-, Küchengerät und Werkzeug, die Nagelproduktion (Schuh-, Hufnägel) sowie das Bereifen von Wagenrädern. Sie beschafften Eisen über den städtischen Eisenhandel, vor allem aber über ihren Alteisenhandel, der ein Zusatzeinkommen bot, das sie sozial über die übrigen Dorfhandwerker hob. Viele köhlerten ihre Holzkohle selbst und wirkten als Pferdeärzte. Vom 16. Jahrhundert an unterlag ihr Handwerkseinkommen obrigkeitlicher Aufsicht und Tarifierung (Taglöhne, Produktepreise).
Schmieden, wie Mühlen mit der bäuerlichen Arbeitswelt verbunden, überzogen das Land, besonders auch längs der Transitstrassen. Das Bevölkerungswachstum des 16. bis 18. Jahrhunderts steigerte die Nachfrage nach Schmiedeartikeln. Das Monopol der bestehenden Schmieden behinderte die Entstehung neuer Werkstätten, doch war die Versorgung durch den Hausierhandel der Kessler mit Schmiede- und Kupferware ohnehin gesichert. Infolge gesteigerter Bautätigkeit entstanden im 17. Jahrhundert mit der obrigkeitlichen Esse-Konzession Nagel- und Nepperschmieden, die zum Beispiel im Emmental zum Exportzweig wurden. Neu war die Ansiedlung von Büchsen- und Uhrmachern, Orgelbauern und vor allem Schlossern als Taunerhandwerke, die – trotz Opposition der Stadthandwerker und Dorfschmiede – allmählich alte Vorrechte aufzuweichen begannen.
Auswirkungen der Industrialisierung seit dem 19. Jahrhundert
Autorin/Autor:
Anne-Marie Dubler
Ein Schmied bearbeitet ein Stück Eisen für die Nagelherstellung. Fotografiert in Obersulz, 1940 (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich, Actualités suisses Lausanne, Presse-Diffusion).
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Neue Materialien und Technologien leiteten bereits im 18. Jahrhundert das Verschwinden einst renommierter metallverarbeitender Handwerke ein; Glas und Porzellan zum Beispiel verdrängten das Zinngeschirr. Die kostengünstige maschinelle Produktion führte den Wandel ab den 1820er Jahren zuerst bei Massengütern herbei: Drahtstiftfabriken verdrängten die kleinen Nagelschmieden, Walz- und mechanisierte Hammerwerke die Eisen- und Kupferhämmer, der Fabrik- den Manufakturbetrieb der Drahtzüge. Mit der Fabrikation von Haushaltsgegenständen, Herd- und Heizöfen, Fahrzeugen, Ackergerät, Werkzeug usw. griff die Fabrik bald in die Domäne der Schmiede, Kupferschmiede, Schlosser, Zeugschmiede, Spengler und Nadler ein. Über neue Ladengeschäfte erreichte die Fabrikware Kunden in der Stadt, später auch in den Dörfern; die einheimischen metallverarbeitenden Handwerke verloren ihre Aufträge. Fabrikproduktion machte auch vor Präzisions- und Luxusgütern nicht Halt, wie die Uhrenindustrie beweist.
Um 1900 begann wie im übrigen Handwerk der Strukturwandel zugunsten grösserer Werkstätten und einer veränderten Berufspalette: War noch 1905 die Zahl der unrentablen Einmeisterbetriebe hoch, so erreichte die durchschnittliche Werkstattgrösse 1965 mit zwölf Personen einen Höhepunkt.
Noch während des Werkstattsterbens begann sich abzuzeichnen, dass metallverarbeitende Handwerke allen Unkenrufen zum Trotz eine Zukunft hatten. Überdauert haben vor allem die verschiedenen Schmiede- und Schlosserberufe im Stahl- und Metallbau, die in kleinen und mittleren Handwerksbetrieben Spezialaufträge für private Kunden (Geländer, Gitter, Treppen, Tore, Metallfassaden, Schaukästen, Schaufenster usw.) oder für Industrie und Gewerbe (Transportgeräte, Förderanlagen, Schneidwerkzeug usw.) ausführen, die Kunstschmiede-Güter (u.a. Lampen, Leuchter, Ziergitter, Kirchenzierrat) herstellen sowie für Reparatur und Unterhalt industrieller Erzeugnisse der Land- und Forstwirtschaft sowie des Sanitärbereichs zuständig sind. Neben der bekannten Schmuck- und Bijouterieindustrie (Bijouterie) stellen Goldschmiede, Ziseleure, Graveure und andere metallverarbeitende Handwerke weiterhin handwerkliche Qualitäts- und Luxusgüter her. Ende des 20. Jahrhunderts dauerte die gesamtschweizerisch reglementierte Berufslehre für Metallberufe dreieinhalb bis vier Jahre.
Die aus der Fusion (1972) der Verbände der Schlossermeister (1888 gegründet) und der Schmiede- sowie Wagnermeister (1891 gegründet) hervorgegangene Schweizerische Metall-Union vertrat 2001 ca. 60% der Betriebe des Metallgewerbes mit rund 18'000 Beschäftigten. Kleinere Verbände gründeten 1877 die Kupfer-, 1891 die Messer- und 1894 die Goldschmiedemeister.
Anne-Marie Dubler: "Metallverarbeitende Handwerke", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.11.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013980/2009-11-05/, konsultiert am 07.10.2024.