
Bier wird aus Wasser mit dem Zusatz von Gerstenmalz, Hopfen und Hefe gebraut. Es ist das vergorene Getränk der nördlichen Länder, in denen die Rebe nur schlecht gedeiht. In den südlichen Gebieten des europäischen Kontinents hingegen ist Bier nur sehr langsam heimisch geworden. Es ist nicht auszuschliessen, dass schon in keltischer und gallorömischer Zeit im Gebiet der Schweiz Bier gebraut wurde. Die ersten schriftlichen Zeugnisse zur Bierbrauerei stammen jedoch aus dem 8.-9. Jahrhundert und aus Klosterarchiven (v.a. St. Gallen). Klosterbier war zum Konsum an Ort und Stelle bestimmt (Mönche und Pilger), da es Temperaturschwankungen und Transport kaum schadlos überstand. Während im Mittelalter in der Schweiz nur vereinzelt Bier gebraut wurde, fand das Getränk im 17. Jahrhundert vor allem in den Kantonen Bern und Zürich Verbreitung. Im 18. Jahrhundert wurden mehrere Brauereien gegründet, namentlich 1717 und 1766 in Morges, 1768 in Schaffhausen, 1770 in Yverdon, 1788 in Freiburg (Beauregard). Am schnellsten verbreitete sich das Bier in der Deutschschweiz, sowohl was die Herstellung wie auch den Verbrauch betrifft. Erst um 1830 entstanden dagegen die ersten Bierbrauereien im Tessin. In jener Zeit war es noch sehr schwierig, während des Sommers Bier zu brauen. Die Mehrzahl der Brauereien, meist als Familienbetriebe geführt, wurden dann stillgelegt, und die Belegschaft ging anderen, oft bäuerlichen oder handwerklichen Beschäftigungen nach. Bis im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wurde in der französischen Schweiz wenig Bier getrunken, da die Qualität oft zweifelhaft, die Produktion gering, das Verteilernetz beschränkt und der Preis im Vergleich zum Wein hoch war. 1850 gab es in der Schweiz 150 Brauereien mit einem Ausstoss von 120'000 hl. Bis 1885 (530 Brauereien mit einer Produktion von 1'000'000 hl) stiegen diese Zahlen stetig an. Von da an nahm die Anzahl der Brauereien ab, während sich die Produktion bis 1960 vervierfachte. 1998-1999 umfasste sie 3'600'000 hl. Der jährliche Pro-Kopf-Konsum von Bier entwickelte sich von 71,7 l (1903-1912) über 34,1 l (1945-1949) und 77,1 l (1966-1970) zu 58,8 l (1998-1999).

Die 1870er Jahre waren gekennzeichnet durch eine tief greifende Wandlung der Brauverfahren. Die Entdeckungen von Louis Pasteur auf den Gebieten der Konservierung und der Hefen, der Aufschwung des Eisenbahnwesens, die Mechanisierung der Anlagen, die Erfindung von Kältemaschinen und die technische Beherrschung des bis dahin noch empirischen Brauverfahrens trugen dazu bei, einen bescheidenen Produktionszweig in eine Industrie umzuwandeln, die einer besseren Infrastruktur und grösserer Räumlichkeiten bedurfte. Die Bierbrauer lieferten sich einen erbitterten Konkurrenzkampf, der ihnen abträglich war. Deshalb schlossen sie sich 1877 zum Schweizerischen Bierbrauerverein zusammen, der unter dem Deckmantel des Konsumentenschutzes und der Qualitätsverbesserung bald als Preisregulator wirkte. Das verhinderte aber nicht eine Marktkonzentration, wie sie für das 20. Jahrhundert charakteristisch ist. 1935 schlossen sich die Bierbrauer zu einem Kartell zusammen, das Verteilungsgebiete festlegte, das Angebot auf einen vorherrschenden Typus beschränkte und die Einfuhr ausländischer Biere erheblich reduzierte. Zu Beginn der 1990er Jahre verliessen die drei grossen Gruppen (Feldschlösschen in Rheinfelden, Hürlimann in Zürich und Sibra in Freiburg) das Kartell, das auseinander brach. Nach einem Jahrhundert ebenso beengender wie auch eigenständiger nationaler Politik zeichnen sich aufgrund des Strukturwandels, der Liberalisierung des Marktes und des Erfolgs ausländischer Biere auch in diesem Zweig der Nahrungs- und Genussmittelindustrie tief greifende Veränderungen ab.