Das Transportgewerbe beschäftigte 1995 knapp 80'000 Personen, das heisst etwa 2% der aktiven Bevölkerung (Verkehr). Mehr als die Hälfte davon arbeitete für Eisenbahnen (SBB und Privatbahnen), etwa ein Fünftel für Fluggesellschaften (Luftfahrt) und etwa 15% für den Transport auf Strassen (Lastwagen, Reisebusse, Postautos, Taxis). Der Rest verteilte sich auf spezialisierte Transportunternehmen (Bergbahnen) und die Schifffahrt. Ausser den Angestellten der Schweizerischen Bundesbahnen arbeiteten die meisten Personen in kleinen Unternehmen. Sie sind die Nachfolger der Fuhrleute, Maultiertreiber und Schiffer, die während Jahrhunderten Reisende und Waren transportierten (Säumerei).
Antike
Wie aus Inschriften hervorgeht, wurde der Fernhandel und damit wohl auch das Transportgewerbe in römischer Zeit von mächtigen, korporativ organisierten Unternehmern kontrolliert. Eine dieser überregionalen Gesellschaften, welche die Routen befuhr, die zu militärischen Zwecken erbaut worden waren, hiess splendissimum corpus cisalpinorum et transalpinorum («hochansehnliche Körperschaft der Händler dies- und jenseits der Alpen»). Solche Unternehmer waren auch im ebenfalls korporativ organisierten Flusstransportwesen tätig. So nannte sich die Gruppe der Schiffer auf dem Genfersee nautae lacus Lemanni, diejenigen auf den Aare- und Juragewässern hiessen nautae Ararunci Aramici. Aus Vindonissa ist eine Gesellschaft bekannt, die Verbindungen bis nach Italien hatte. Der Umfang des Transportgewerbes in römischer Zeit ist hingegen umstritten. Auch einen – von Augustus eingerichteten – Postdienst kannte die Antike, den cursus publicus, der von Rom aus in alle Provinzen führte und von Kurieren, die Regierungsdepeschen beförderten, Beamten und Ordonanzoffizieren benutzt wurde (Post).
Mittelalter und Ancien Régime
Nach dem Zusammenbruch des römischen Verkehrswesens bildete sich erst im Hochmittelalter ein Transportgewerbe. Bäuerliche Hörige bauten an verkehrsgünstigen Orten – zu Wasser und zu Lande – die Fuhrdienste, die sie der Herrschaft leisten mussten, zu einem Nebengewerbe aus. Die Dienste erfahrener Führer und Säumer waren im gefährlichen Gebirge unentbehrlich.
Fuhrgewerbe
Die mittelalterlichen Landtransporte wurden im Transitverkehr über die Alpen in der Regel durch die Säumerei durchgeführt. Im 13. Jahrhundert bildeten sich aufgrund der wachsenden Nachfrage an den wichtigen Alpenpässen Säumergenossenschaften, die für die Bauern einen wichtigen Nebenerwerb darstellten. Sie hielten sich, etwa am Gotthard, bis ins 19. Jahrhundert. Ein kapitalistisches Grossfuhrunternehmen entstand im 17. Jahrhundert: Kaspar Stockalper vom Thurm übernahm am Simplon sämtliche Transportmittel, stellte Säumer an, liess Wege unterhalten und Susten bauen. Die freie Güterfuhr (Fürleite, Strackfuhr) nahm vor allem in Graubünden im 18. Jahrhundert einen Aufschwung, wo selbstständige Säumer mit jeweils sieben bis acht Pferden Direkttransporte ausführten.
Im Spätmittelalter verdrängten ausserhalb der Alpen zweirädrige Gabelfuhrwerke den flexibleren Saumtransport zunehmend. Im 14. Jahrhundert führten Familienunternehmen, die an viel befahrenen Strecken wohnten, für Kaufleute Ferntransporte, deren Anzahl in der Folge zunahm, bis nach Flandern durch. Am Ende des 16. Jahrhunderts bestand ein dichtes Netz von öffentlichen Kaufhäusern und Susten mit Güterabfertigung, das auf Strecken mit grossem Güterfluss den Betrieb eines fahrplanmässigen Verkehrs erlaubte. Ab dem 16. Jahrhundert wurden vierrädrige Wagen mit drehbarer Vorderachse, im 18. Jahrhundert die leistungsfähigeren Deichselwagen eingesetzt. Grosse Fuhrunternehmen wie die Iselin in Basel unterhielten die Ordinarifuhr auf mehreren Linien. Die sogenannten Kehrfuhrleute, die im Turnus verkehrten und genossenschaftlich organisiert waren, bedienten die anderen Linien. Die verbleibenden Nischen wurden von den sogenannten Nebenfuhrleuten ausgefüllt. An besonders steilen Strassenabschnitten schufen sich Bauern und Wirte einen Nebenverdienst, indem sie Pferde für den Vorspann anboten.
Schifffahrt
Die See- und Flussschiffahrt (Schifffahrt) wurde im 13. und 14. Jahrhundert auf grossen, rentierenden Strecken innerhalb zünftischer und genossenschaftlicher Strukturen betrieben. Diese wurden am Genfersee im 14. und 15. Jahrhundert und in der Deutschschweiz vom 17. bis zum 19. Jahrhundert abgebaut, und zwar zuerst auf den Flüssen, dann auf den Seen. Die lokale, lange Zeit kommunal organisierte Schiffsfuhr wurde davon nicht tangiert. Von grosser Bedeutung für die See- und Flussschiffahrt war auch die Flösserei. Das Aufblühen von Flusssiedlungen wie Perlen, Stilli und Nohl, die auch vom Betrieb von Fähren profitierten, spiegelte vielleicht auch das wachsende Desinteresse der Städte an der Schifffahrt, die ab dem späten 16. Jahrhundert von den Wagenfuhren verdrängt wurde.
Spedition
Aus dem Fernhandel entwickelten sich im 14. und 15. Jahrhundert in Italien und den Niederlanden auf kapitalistischer Basis Transportunternehmen, die sich ohne eigene Transportmittel auf den Versand grosser Gütermengen Dritter spezialisierten (Handel). Diese Firmen erreichten besonders im 17. Jahrhundert, als ihre Zahl abnahm, auf den Routen über die Bündnerpässe und den Gotthard eine monopolartige Stellung, die sie durch Abkommen mit den betroffenen Orten festigten. Die Verhältnisse in den Alpen und auf den ihnen vorgelagerten Talseen zwangen zum Umladen der zu transportierenden Waren. Anfänglich begleiteten die Prinzipale und ihre Beauftragten die einzelnen Transporte persönlich. Sie besorgten bei den örtlichen Herren das Geleit, boten die Transportmittel an Ort und Stelle auf und bezahlten Löhne, Gebühren und Zölle. Ab ca. 1520 setzten sie an den Verkehrsknotenpunkten sogenannte Faktoren ein, die aus Italien stammten. Auf Druck von Standorten wie Basel, Chur, Luzern, Altdorf (UR) und Bellinzona wurde dieses Amt, das über Jahrhunderte in den Händen der gleichen Familien blieb, ab dem 17. Jahrhundert mit örtlichen Bürgern bestellt, die sich zu selbstständigen Spediteuren mit eigenem Aktionsradius entwickelten. Sie verbanden die Spedition mit Kommissionshandel, Bankgeschäften und Zahlungsvermittlungen.
Vom 19. bis ins 21. Jahrhundert
Vom 19. bis ins 21. Jahrhundert wandelten sich die Transportunternehmen unter dem Einfluss des technischen Fortschritts sowie des wirtschaftlichen und politischen Umfelds. Bis 1850 wickelte sich der gesamte Personen- und Warenverkehr auf den Strassen und Wasserwegen ab. Die Transporte wurden von unzähligen Einzel- und Familienbetrieben mit mehreren Gespannen oder kleinen Flotten durchgeführt. Einige Betriebe beteiligten sich an grenzüberschreitenden Transporten wie die Genfer Firmen Emery und Dejean Anfang des 19. Jahrhunderts. Das Mieten eines Wagens mit Fuhrmann, der die Reisenden an ein zuvor vereinbartes Ziel führte, war teuer. Der Postkutschenbetrieb innerhalb eines Kantons oder in andere Kantone wurde im Allgemeinen von den kantonalen Postbetrieben im Rahmen des Postdienstes (Post) gewährleistet und an Privatunternehmer wie die Fischer in Bern verpachtet. Die Zahl der privaten Transportunternehmen nahm bis zum Ersten Weltkrieg zu: 1850 waren es 236, 1870 305, 1890 401 und 1910 711. Trotzdem beförderten die staatlichen Postkutschen 1910 1'862'000 Personen und die Eisenbahnen 80'625'000 Personen. Im Warentransport zu Land waren Kleinunternehmer tätig. Der Zustand der Verkehrswege und die Bauweise der Fuhrwerke erlaubten weder eine rasche Beförderung noch den Transport von schweren Lasten. Auf den Seen und einigen Flüssen teilten sich die Schifffahrtsgesellschaften den bedeutenden Transport von schweren Gütern und von Nahrungsmitteln (Wein). Die Dampfschifffahrtsgesellschaften verdankten ihren Aufstieg dagegen dem Aufkommen des Tourismus ab 1830.
Der Einsatz neuer Transportmittel führte nicht zum sofortigen Verschwinden der Unternehmen, die noch die alte Technik einsetzten. Die Eisenbahn markierte jedoch ab 1850 einen deutlichen Einschnitt in die Art und Weise des Reisens. Durch den rasch fortschreitenden Bau von Privatbahnen verloren die Fuhrunternehmen immer mehr Kunden. Es entstand aber auch eine neue Aufgabenteilung zwischen den verschiedenen Transportsystemen, vor allem in den Städten, wo Droschken-, Kabriolett- und Karrenkutscher, für eine Fahrt oder zum Stundentarif gemietet, Reisende oder Waren vom Bahnhof an ihr Ziel beförderten.
Vom ausgehenden 19. Jahrhundert an wurden die grossen Bahnunternehmen aus politischen und finanziellen Gründen verstaatlicht. Die Strassenbahnen gingen im Zug des Ausbaus des öffentlichen Dienstes in den Besitz der Städte über (Öffentlicher Verkehr). Die Erfindung des Verbrennungsmotors (Automobil) machte den Strassentransport wieder attraktiv. Die eidgenössische Strassenpolitik, der Ausbau des Strassennetzes (Nationalstrassen), die Diversifizierung des Angebots (z.B. Umzüge, Spezialtransporte, Kiestransport) und neue Bestimmungsorte (Osteuropa, Mittlerer Osten) führten in den 1960er Jahren zu einem Konzentrationsprozess. Waren die meisten Transportunternehmen zuvor Familienbetriebe, bildeten sich nun Grossunternehmen, zum Beispiel Danzas, Lavanchy, Friderici und Planzer, heraus. Der Übergang vom Pferdewagen zum Automobil vollzog sich langsam, sowohl im Warentransport, wo sich beide Transportmittel in vielen Unternehmen bis in die 1960er Jahre ergänzten, wie auch im Personentransport.
Nach dem Zweiten Weltkrieg vergrösserte sich der Autobus- und Lastwagenpark schnell. 1950 waren 20'467 Lastwagen in Betrieb, 1995 46'335. Dabei kamen zuerst immer grössere Lastwagen zum Einsatz, bis diese allmählich von den Sattelschleppern verdrängt wurden. 2010 waren nur noch 40'819 Lastwagen eingetragen, die Zahl der Sattelschlepper dagegen nahm zwischen 1995 und 2010 von 6604 auf 10'817 zu. 1995 verkehrten ausserdem 209'253 Lieferwagen auf Schweizer Strassen, 2010 waren es 283'458. Zuerst ergänzten die Strassentransporteure den Schienenverkehr, dann aber wurden sie zu dessen Konkurrenz. Davon aufgerüttelt, gründeten die SBB, die sich bisher in einer Vormachtstellung befunden hatten, 1985 Cargo Domizil. Vom Aufschwung des Massentransports auf den Strassen profitieren vor allem die Privatunternehmen. Sie verfügen über ein vielfältiges Angebot, bieten den Transport von Tür zu Tür an und verfolgen eine aggressive Preispolitik. Die steigende Sensibilisierung für ökologische Fragen, insbesondere den Schadstoffausstoss von Kraftfahrzeugen, konnte bis zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht verhindern, dass der Strassentransport weiter Marktanteile gewann. Der 1924 gegründete Verband Schweizerischer Motorlastwagenbesitzer fusionierte 1979 mit dem Treuhandverband des Autotransportgewerbes zum Schweizerischen Nutzfahrzeugverband (Astag), der 2011 rund 5000 Mitglieder zählte und die Interessen der Branche vertritt.
Quellen und Literatur
- R. Frey, Das Fuhrwesen in Basel von 1682 bis 1848, 1932
- V. Chomel, J. Ebersolt, Cinq siècles de circulation internationale vue de Jougne, 1951
- W. Baumann, Der Güterverkehr über den St. Gotthardpass vor Eröffnung der Gotthardbahn [...], 1954
- W. Bodmer, Die Entwicklung der schweiz. Textilwirtschaft im Rahmen der übrigen Industrien und Wirtschaftszweige, 1960
- J.-F. Bergier, Genève et l'économie européenne de la Renaissance, 1963
- F. Glauser, «Der Gotthardtransit von 1500 bis 1660», in SZG 29, 1979, 16-52
- W. Drack, R. Fellmann, Die Römer in der Schweiz, 1988
- Ceux qui passent et ceux qui restent, 1989
- M. Baumann, Stilli, 1977 (21996)
- Ein Jahrhundert Schweizer Bahnen, 1847-1947, 5 Bde., 1947-64
- U. Bretscher, Von der Postkutsche zum Postauto, 1982
- C.M. Merki, «Die verschlungenen Wege der modernen Verkehrsgesch.», in SZG 45, 1995, 444-457
- C.M. Merki, «Der Umstieg von der Postkutsche aufs Postauto», in VSWG 85, 1998, 94-112
- Traverse, 1999, H. 2, 11-210