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Werbung

Unter Werbung wird bezahlte Kommunikation verstanden, die das Publikum informieren, überzeugen und beeinflussen soll. Gemäss ihrem Zweck kann zwischen politischer Werbung (Propaganda) und wirtschaftlicher Werbung (ältere Bezeichnung: Reklame) unterschieden werden; Werbemassnahmen sind Teil des marktwirtschaftlichen wie des politischen Marketings. Die wichtigsten Werbemittel sind unter anderem Inserat (Anzeige), Plakat, Drucksachen (Prospekt, Katalog, Brief), Film, Tonträger, aber auch Ausstellungen oder Werbegeschenke. Mögliche Werbeträger sind dabei Zeitungen und Zeitschriften (Presse), Plakatsäulen, Internet, Kino, Fernsehen, Radio und Realien (z.B. Emailschilder). Aus ökonomischer Sicht kann Werbung als Versuch verstanden werden, die durch Massenproduktion und -absatz geschaffene Distanz zum Kunden zu überwinden. Im unvollkommenen Markt steigert Werbung die Effizienz durch Information, schafft aber auch neue Marktbarrieren und führt zu vermehrter Produktdifferenzierung. Die Werbekritik der 1970er Jahre beruhte auf der Annahme, dass Werbung auf manipulative Art zu mehr Konsum verführen wolle.

Werbeplakate an einer Telefonkabine in Basel, 1938 (Museum für Kommunikation, Bern).
Werbeplakate an einer Telefonkabine in Basel, 1938 (Museum für Kommunikation, Bern). […]

Zwar sind seit dem 17. Jahrhundert Anzeigen für Bücher, Heil- und Arzneimittel überliefert, doch wurde erst ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert mit der Herausbildung einer Konsumgesellschaft (Konsumverhalten) und der massenhaften Verbreitung von Presseerzeugnissen eine nennenswerte wirtschaftliche Werbung betrieben. Um 1900 tauchten erste Lehrbücher auf, womit die Professionalisierung der Werbung einsetzte, die nach 1945 zur Etablierung bedeutender Werbeagenturen führte. Erste Zeitungsinserate waren stark textlastig und setzten nur vereinzelt grafische Elemente ein. Durch das Aufkommen von Illustrierten und Fotoreproduktionen wurde ihre Gestaltung in der Zwischenkriegszeit aufwendiger, und zunehmend flossen psychologische Kenntnisse in ihre Gestaltung ein. In den 1960er Jahren waren Inserate in den Druckmedien das weitaus wichtigste Werbemittel, seither nahm der Anteil elektronischer Werbung beständig zu. Bei der Einführung des Fernsehens hatten Zeitungsverleger und Annonce-Expediteure noch dafür bezahlt, dass keine Werbung geschaltet wurde. Erst ab 1965 wurden TV-Spots gesendet. Der erste Werbefilm war bereits 1898, nur kurz nach der Erfindung des Kinos, in Genf gezeigt worden. Im Radio ist Werbung seit 1983 erlaubt, vorher wurde sie nur von ausländischen Sendern ausgestrahlt. In der Gestaltung von Werbeplakaten genoss die Schweiz seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert einen vorzüglichen Ruf (Grafisches Gewerbe).

Besonderheiten der Geschichte der Werbung in der Schweiz sind die Migros mit ihrer expliziten Kritik am Markenartikel und an der Werbung sowie eine verhältnismässig hohe Konzentration der Vermarktung von Werbeflächen durch die Agentur Publicitas (seit 1997 Publigroupe) und die Allgemeine Plakatgesellschaft. Auftraggeber, Werber und Medien sind seit 1925 gemeinsam im Verband Schweizer Werbung organisiert (ursprünglich Schweizer Reklame-Verband), dessen Berufsregister 2009 rund 200 Agenturen anerkannte. In der französischen Schweiz existiert seit 1929 die Fédération Romande de Publicité. Gemäss der 1984 gegründete Stiftung Werbestatistik Schweiz beliefen sich die Netto-Werbeumsätze der Medienanbieter 2007 auf 5864 Mio. Franken (in dieser Statistik sind allerdings Aufwendungen für Konzeption, Sponsoring, Eventmarking usw. nicht berücksichtigt). Trotz des immer grösser werdenden Angebots im Bereich der neuen Medien hielt die Presse in diesem Jahr immer noch einen Marktanteil von rund 45%.

Genfer Stadttram, 1991 (Bibliothèque de Genève; Fotografie A. & G. Zimmermann).
Genfer Stadttram, 1991 (Bibliothèque de Genève; Fotografie A. & G. Zimmermann). […]

Die Grenzen von Werbung bilden rechtliche Bestimmungen wie Werbeverbote oder -einschränkungen für bestimmte Werbeträger, Produkte (Tabak, Alkohol) oder Berufsgruppen (Ärzte, Anwälte) sowie das Lauterkeitsrecht. Seit 1966 besteht für Letzteres eine Selbstkontrolle durch die paritätisch aus Konsumenten, Werbern und Medienschaffenden besetzte Lauterkeitskommission, die aber in der Regel nur auf Klage von Konkurrenten oder Konsumenten tätig wird. Das 2006 verabschiedete Bundesgesetz über Radio und Fernsehen untersagt bezahlte Werbung für religiöse Bekenntnisse, in Abstimmungskämpfen sowie für politische Parteien oder Kandidaten in Wahlkämpfen.

Quellen und Literatur

  • Lex. der Werbung, hg. von D. Pflaum, F. Bäuerle, 1983 (72002)
  • M. Kutter, Werbung in der Schweiz, 1983
  • M. Baettig, La Publicité à la télévision suisse, 1985
  • Und führe uns in Versuchung: 100 Jahre Schweizer Werbefilm, Ausstellungskat. Zürich, 1998
  • Bilder vom besseren Leben, hg. von D. Di Falco et al., 2002
  • Happy: das Versprechen der Werbung, Ausstellungskat. Bern, 2002
Weblinks

Zitiervorschlag

Stefan Altorfer-Ong: "Werbung", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.01.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014058/2015-01-11/, konsultiert am 19.03.2024.