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Versicherungen

Vorläufer der Versicherungen und des Versicherungsvertrags finden sich bereits im Altertum und im Mittelalter. Dabei lassen sich die Versicherungsobjekte schon früh nach den drei immer noch geltenden Kategorien Personen-, Güter- und Vermögenssicherung unterscheiden. Ein eigentliches Versicherungswesen hat sich in der Schweiz erst nach dem Zusammenbruch des Ancien Régime 1798 entwickelt. Der Anstoss zu einer vorerst kantonal organisierten Assekuranz kam primär aus dem Ausland. Erst der Bundesstaat von 1848 schuf die Voraussetzungen für ein modernes Versicherungswesen, das durch ein enges Zusammenwirken von Finanz- und Versicherungswirtschaft (Banken, Finanzplatz) geprägt ist und im Verlauf des 20. Jahrhunderts zunehmend ins Ausland expandiert hat.

Mittelalter und frühe Neuzeit

Personenversicherung

Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit waren die meisten Formen der materiellen Absicherung nicht mit einer berufsmässigen Spezialisierung des Versicherers verbunden. Man handelte unter Ausschluss kalkulierbarer Risiken und Gewinnchancen im Sinne der persönlichen Vorsorge, der christlichen Nächstenliebe und der sozio-ökonomischen Solidarität. Während Jahrhunderten garantierte der Zusammenhalt des Familienverbands und des Kirchspiels die materielle Sicherheit des Individuums. In diesem Rahmen entwickelten sich ansatzweise einzelne Elemente der modernen Versicherungen: die Gefahrengemeinschaft, der Schadenfall, der Versicherer, der Versicherungsnehmer, der Versicherte, die Versicherungssumme, die Prämie und das Risiko. Jede Form der institutionalisierten älteren Sozialversicherung baute auf dem Kapitalisierungsprinzip auf und lässt sich in engem Bezug mit den üblichen Kapitalbildungs- und Kreditformen erklären.

Besondere Einrichtungen der Sozialversicherung waren die Spitäler und Spendhäuser. In der Schweiz entstanden diese Institutionen im 12. und 13. Jahrhundert. Ihre Gründer waren Bischöfe, Stifte, Klöster, Ritterorden, Spitalorden und Städte. Sie fungierten als Anfangsversicherer, indem sie das Grund- und Betriebskapital stifteten. Später übernahmen dann die geistlichen oder weltlichen Amtleute als Spitalmeister oder Spendpfleger die Funktion des Versicherers. Als Gefahrengemeinschaft sind in diesem Rahmen der grundherrliche Hofverband, die ländliche Dorf- und Kirchgemeinde, die Einwohnerschaft einer Stadt oder die Untertanen innerhalb eines begrenzten Herrschaftsgebiets zu verstehen. Versicherungsfälle konnten jederzeit eintreten durch unverhoffte Armut, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit, sofern keine Angehörigen vorhanden waren, die für Pflege und Unterhalt aufkommen konnten. Versicherte waren alle im geografischen Raum der Gefahrengemeinschaft ordentlich niedergelassenen Personen. Als Versicherungsnehmer sind jene zu sehen, die entweder sich selbst oder Drittpersonen – Zünfte sicherten sich Anteile für ihre Zünfter – auf Vertragsbasis zur Nutzniessung vorsahen und dafür entweder einmalige oder wiederkehrende Zahlungen leisteten. Dies waren die älteren Formen des Kapitaleinkaufs und der Prämie. Da das Versicherungsereignis (Verarmung, Hilflosigkeit, Alter) nicht jedermann traf, wirkte sich das Gesetz der grossen Zahl für alle Beteiligten insofern günstig aus, als die Spitäler und Spendämter generell nicht mehr leisten mussten, als sie materiell aufbringen und erwirtschaften konnten. So war die Versorgung der Betroffenen innerhalb der Gefahrengemeinschaft langfristig abgesichert. Vermögende, die vom Spital gepflegt und versorgt werden wollten, mussten sich verpfründen (Pfründen). Gegen die Verschreibung von Einkünften oder gegen Bezahlung einer Kapitalsumme erhielten sie das Anrecht auf Pflege und materiellen Unterhalt bis zu ihrem Ableben (Altersvorsorge). Der Pfrundvertrag enthielt demnach bereits den für die Versicherungen typisch spekulativen Charakter, da ja die Zeitspanne zwischen seinem Abschluss und dem Tode des Versicherten von ungewisser Dauer war. Je kürzer die restliche Lebensdauer des Pfründners war, desto rentabler wurde das Geschäft für das Spital.

Bedeutung der Leibrenten für städtische Finanzhaushalte im Spätmittelalter
Bedeutung der Leibrenten für städtische Finanzhaushalte im Spätmittelalter […]

Ähnlich spekulativ war der Leibrentenvertrag (Renten) ausgestaltet, ein Vorläufer der modernen Lebens- und Rentenversicherung. Wie der Schuldbrief diente auch der Rentenvertrag im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit den Städten und dem Adel zur Kapitalbeschaffung. Zwischen den beiden Kreditinstrumenten bestand aber ein grosser Unterschied. Mit dem Schuldbrief oder der Obligation verbanden sich ein relativ niedriger Zins (3-5%) und die Rückzahlungspflicht. Das für die Leibrente hinterlegte Kapital war prinzipiell nicht rückzahlbar. Dafür erhielt der Nutzniesser (Kapitalgeber, seine Frau, je nach Vereinbarung auch Nachkommen) zu Lebzeiten eine verhältnismässig hohe Rente (8-12%). In der Schweiz waren es hauptsächlich die Städte, welche im Spätmittelalter, teilweise noch im 16. Jahrhundert Rentenkapital entgegennahmen. Mit der zunehmenden Staatsentschuldung trocknete der Schweizer Rentenmarkt aus. Die Leibrente entwickelte sich im Ausland weiter, insbesondere in Frankreich, England und den Niederlanden, wo sich im 17. und 18. Jahrhundert auch ihr spekulativer Charakter verstärkte. Vermögende Aristokraten und Patrizier aus der Schweiz beteiligten sich denn auch vermehrt und mit grossem Erfolg unter anderem an den in Paris ausgegebenen Rentenanleihen. So wurden für ledige Genfer Bürgertöchter, die sogenannten Genfer Demoiselles, bereits im 17. Jahrhundert Leibrenten abgeschlossen, die nach ihrer statistischen Lebenserwartung berechnet waren.

Nach dem Vorbild der altrömischen Begräbnisversicherung und in Orientierung an Begräbniskassen der Meisterzünfte entstanden im Mittelalter mancherorts Gesellenbruderschaften, die jedem Mitglied bei dessen Ableben die Bezahlung der Bestattungskosten garantierten. In Luzern sind weiterentwickelte Gesellenkassen aus dem 16. Jahrhundert bekannt. Jedes Mitglied hatte einen wöchentlichen Beitrag zu leisten. Wurde ein Geselle krank oder geriet er in Not, so erhielt er aus der Kasse die nötige Unterstützung. Davon musste er nur die Kosten für Nahrung als Selbstbehalt zurückerstatten. In einigen gegen Ende des 16. und im 17. Jahrhundert aufkommenden katholischen Gesellenbruderschaften traten unter anderem wieder das Totengeleit, Jahrzeitmessen und Prozessionen für verstorbene Gesellen in den Vordergrund. Dabei kamen wie schon beim früher praktizierten Ablasshandel der Kirchen und Klöster vermehrt transzendente Versicherungswerte zur Geltung. In manchen Städten und eidgenössischen Orten waren Witwen und Waisen der obrigkeitlichen und städtischen Beamten insofern versichert, als sie vom Staat entsprechend ihren Bedürfnissen eine Rente erhielten.

Sachversicherung

Auf dem Gebiet der Sachversicherung war die seit dem Spätmittelalter in den seefahrenden Ländern praktizierte, auf kapitalistisch-unternehmerischen Erwerbsgrundlagen entwickelte Transportversicherung in der Schweiz unbekannt. Hier kamen Vieh-, Hagel- und Brandversicherungen im genossenschaftlich-solidarischen Rahmen auf. Anfang des 18. Jahrhunderts errichtete man in einigen Gegenden Wetterkassen. Diese funktionierten jedoch noch nicht auf der Basis regelmässiger Vorauszahlungen. Erst bei Eintreffen des Naturereignisses, und auch dann nicht generell, zahlten die Bauern der nicht beschädigten Gebiete ihren aufgrund des Gesamtschadens errechneten Anteil in die Kasse ein, damit daraus den geschädigten Mitbauern geholfen werden konnte. Ergänzend führten die Obrigkeiten auch städtische oder kantonale Kollekten, sogenannte Liebessteuern, durch, um die von Hagelschlag oder Naturkatastrophen Geschädigten zu unterstützen. Ebenfalls auf der Basis der Gegenseitigkeit versuchte man jene Schäden zu decken, welche die Bauern beim Verlust von Tieren durch Seuchen und Unfälle erlitten. Die entsprechenden Solidaritätskassen kamen jedoch erst im Verlauf des späten 18. Jahrhunderts auf. Ähnlich verlief die Absicherung für Brandschäden, welche noch bis ins 18. Jahrhundert auf der Basis der Subventionierung (Brandsteuern) durch die Obrigkeiten und auf dem bewilligten Brandbettel beruhte. In der Schweiz kam es erst im 18. Jahrhundert zur Gründung von örtlichen Feuerkassen in einigen Alpentälern. Initiativen zur Schaffung von städtischen Gebäudebrandversicherungskassen erfolgten in Zürich und Bern auch erst im späten 18. Jahrhundert. Aber nur Zürich realisierte 1782 eine freiwillige Feuerassekuranz. Die Beseitigung der aristokratischen Regierungsformen, das Fallen der Zunftverfassungen, die schrittweise Verwirklichung der Gewerbefreiheit, die Abschaffung der Feudallasten und das Wachstum einer zunehmend marktorientierten Wirtschaft zerstörten die in der traditionellen Gesellschaft üblichen Sicherheitsformen und schufen neue ungedeckte Risiken aber auch die geistige, institutionelle und ökonomische Atmosphäre für neue Formen der Absicherung.

19. und 20. Jahrhundert

Allgemeines

Das moderne Versicherungswesen begann in der Schweiz mit den Branchen der Sach- und Vermögensversicherung, insbesondere mit der systematischen Deckung von Gebäudebrandschäden und mit Bemühungen zur Stärkung des Hypothekarmarkts. Ab den 1820er Jahren nahmen ausländische Mobiliarversicherer, ab den 1830er Jahren Lebensversicherer ihre Tätigkeit auf. Die erste langfristig erfolgreiche einheimische Gründung war 1826 die der Schweizerischen Gesellschaft zur gegenseitigen Versicherung des Mobiliars gegen Brandschäden (Die Mobiliar) in Bern, die noch heute als Genossenschaft wirkt. Eine eigentliche Gründungswelle setzte erst in den 1860er Jahren ein. Früh stiegen schweizerische Gesellschaften ins Auslandgeschäft ein und trugen damit wesentlich zur internationalen Verflechtung der Wirtschaft bei. Anfänglich beschränkten sich die Versicherungsgesellschaften auf einen Geschäftsbereich. Erst Ende des 19. Jahrhunderts entstanden Mehrbranchengesellschaften wie zum Beispiel die Basler Versicherungen. Im 20. Jahrhundert wechselten vom einstigen Bereich Personenversicherung mit der Krankenversicherung und der Unfallversicherung sowie mit der sich entwickelnden Rentenversicherung wesentliche Teile von den Privatversicherungen zur Sozialversicherung. Andererseits entfiel nach dem Ersten Weltkrieg nicht zuletzt wegen der Zerrüttung der Währungen die ausländische Konkurrenz weitgehend. Eine hohe Kartellisierung gewährleistete zudem eine beachtliche Stabilität. Dies änderte sich im Sog der Europäisierung und Globalisierung. Wachsender Konkurrenzdruck förderte im ausgehenden 20. Jahrhundert die Allbranchenentwicklung und die Schaffung weniger Grossunternehmen durch Fusionen: 1988 übernahm die Rentenanstalt die La Suisse Versicherungen, 1991 die Zürich Versicherungen die Gesellschaft La Genevoise, 1997 die Winterthur Versicherungen das Unternehmen La Neuchâteloise usw. Seit den späten 1980er Jahren kam die Tendenz zur Allfinanz, d.h. zur Verflechtung von Banken und Versicherungen (z.B. 1997 beim Zusammenschluss der Schweizerischen Kreditanstalt und der Winterthur Versicherungen), dazu. Diese Strategie scheiterte, und die Geschäftszweige wurden nach zum Teil kostspieligen Misserfolgen wieder entflochten. Die grösste Gesellschaft, die Winterthur Versicherungen, wurde 2006 von der französischen AXA übernommen. Weitere ausländische Gesellschaften wie Allianz und Generali sicherten sich durch Übernahmen beachtliche Marktanteile.

Rechtlich wurde das private Versicherungswesen auf zwei Ebenen geregelt: Aufsicht und Vertrag. Nachdem die Branche durch Konkurse und die Beschäftigung von ungeeignetem Personal in Verruf geraten war, erliess der Bund 1885 das erste Versicherungsaufsichtsgesetz, das 1978 und 2004 neu aufgelegt wurde. Als Aufsichtsbehörde wirkte das Eidgenössische Versicherungsamt (ab 1978 Bundesamt für Privatversicherungen), das 2009 in die Finanzmarktaufsicht (Finma) integriert wurde. Dazu kam 1908 das Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, das zwar revisionsbedürftig, aber Anfang des 21. Jahrhunderts noch immer in Kraft ist.

Lange relativ unbedeutend für das Bruttoinlandprodukt (0,6% im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, knapp 2% 1990, gut 4% 2010), hat die Versicherungswirtschaft einen wichtigen Anteil am Ertragsbilanzsaldo erreicht, in den 1990er und 2000er Jahren durchschnittlich 7,5%. Das gesamte inländische Prämienvolumen stieg 1891-1913 nominal von 30,4 auf 108,8 Mio. Franken, bis 1938 auf 419,3 Mio. Franken, überschritt 1954 erstmals die Milliarde, erreichte 1990 26,1 Mrd. Franken und 2010 56,5 Mrd. Franken. Davon betrafen 30 Mrd. den Bereich Leben, 25 Mrd. den Bereich Schaden und 1,5 Mrd. die Rückversicherung. Bei der Schadenversicherung verteilten sich die Prämien zu 35% auf Krankheit, zu 16% auf Feuer sowie Sachschäden, zu 12% auf Unfall, zu je 11% auf Fahrzeugkasko und Fahrzeughaftpflicht, zu 8% auf Haftpflicht und der Rest auf die übrigen Branchen. Die Schweiz gehört zu den Ländern mit den höchsten Versicherungsausgaben. Sie betrugen pro Kopf 2011 8012 US-Dollar (Niederlande 6647, Grossbritannien 4535, Frankreich 4041). Zwei Drittel des Geschäfts der Schweizer Privatassekuranz (112 Mrd. Franken) fielen auf das Ausland. Die Gesellschaften beschäftigten 2010 fast 50'000 Personen (42% Frauen). Die Finma beaufsichtigte 162 Versicherungsunternehmen mit Sitz in der Schweiz und 51 Zweigniederlassungen ausländischer Versicherer. Bei den Lebensversicherern erreichen die beiden grössten, AXA Leben und Swiss Life (vormals Rentenanstalt), einen Marktanteil von über 50%, bei den Schadenversicherern die drei grössten, die AXA Versicherungen, die Zürich Versicherungen und Die Mobiliar, fast 50%.

Schadenversicherung

Durch die Schadenversicherung werden Risiken betreffend Personen (Unfall, Krankheit), Sachen (Immobilien, Fahrzeuge, Waren usw.) oder Vermögen (Haftpflicht usw.) gedeckt. Den Anfang machte die Versicherung von Gebäuden, vor allem gegen Brandschäden. Zuerst handelte der Aargau, wo das Fricktal bei der österreichisch-breisgauischen Gebäudeversicherungsanstalt versichert gewesen war; 1805 entstand dort die kantonale Gebäudeversicherung. Diesem Vorbild folgten 1806 Bern und Thurgau, 1807 Basel und St. Gallen, 1808 Zürich, 1809 Schaffhausen und Solothurn, 1810 Freiburg, Luzern und Neuenburg, 1811 Glarus und die Waadt sowie 1812 Zug. Anfang des 21. Jahrhunderts bestehen 19 kantonale Gebäudeversicherungen.

Früh erforderte das Problem fester Einrichtungen (Maschinen, Büromöbel usw.) eine versicherungstechnische Abgrenzung gegenüber der Gebäudeversicherung. Diesen Bereich übernahmen die Mobiliarversicherer. Erste erfolgreiche schweizerische Gründung war 1826 Die Mobiliar in Bern. Mit der Helvetia Schweizerische Feuerversicherungs-Gesellschaft (Helvetia Versicherungen) 1861 in St. Gallen und der Basler Versicherungs-Gesellschaft gegen Feuerschaden 1863 folgten die nächsten in dieser Branche erst nach der Jahrhundertmitte. Ausländische und später hinzugekommene schweizerische Gesellschaften erweiterten das Angebot im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts mit der Versicherung von Glasbruch, Wasserschaden und Einbruchdiebstahl wie etwa die 1895 gegründete Vaudoise Générale in Lausanne (Vaudoise Versicherungen).

In der Landwirtschaft erstreckte sich der Einflussbereich der 1825 gegründeten Berner Versicherungsgesellschaft, später Schweizerische Versicherungsgesellschaft, gegen Hagelschäden auf mehrere Kantone. Sie löste sich 1863 nach Jahren unterschiedlichen Erfolgs auf. Erst die 1879 in Zürich neu geschaffene Schweizerische Hagelversicherungsgesellschaft behauptete sich längerfristig auf dem Markt. Im Bereich der Viehversicherung entstanden im 19. Jahrhundert lokale genossenschaftlich orientierte Hilfskassen, denen mehrheitlich kein grosser Erfolg beschieden war. Erst das Bundesgesetz zur Förderung der Landwirtschaft von 1893 begünstigte das Versicherungsobligatorium. Bis zum Ersten Weltkrieg beherrschten die vier ausländischen Gesellschaften Central-Viehversicherung (Berlin), Sächsische Vieh-Versicherungs-Bank (Dresden) und Badische Pferde-Versicherungs-Anstalt (Karlsruhe) sowie La Garantie fédérale (Paris) den Markt.

Industrialisierung, Reiseverkehr und Transportwesen schufen den geeigneten Markt für die Unfall- und Haftpflichtversicherung (Haftpflicht). Hier stiegen 1872 der Versicherungs-Verein in Zürich und 1875 die Winterthur Versicherungs-Gesellschaft ins Geschäft ein. Die ersten Transportversicherungsgesellschaften der Schweiz entstanden im Sog der durch die Eisenbahn ausgelösten Verkehrs- und Reiserevolution. Bevor schweizerische Firmen wie ab 1858 die Allgemeine Versicherungsgesellschaft Helvetia (St. Gallen), ab 1864 die Basler Transportversicherungsgesellschaft und ab 1869 die Schweizerische Allgemeine Versicherungs AG (Zürich) sowie die Neuchâteloise Générale auf den Markt drängten, war man auf ausländische Versicherer angewiesen.

Lebensversicherung

Plakat für eine Versicherungsgesellschaft, 1954 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat für eine Versicherungsgesellschaft, 1954 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

Das Lebensversicherungsgeschäft wurde in der Schweiz zuerst von zahlreichen deutschen, französischen und englischen Gesellschaften betrieben. Erst nach Gründung der Schweizerischen Kreditanstalt war es möglich, genügend Kapital zur garantierten Deckung zu mobilisieren. 1857 erfolgte daher die Gründung der Rentenanstalt, 1858 die der La Suisse Société d'Assurances sur la Vie und 1864 die der Basler Lebensversicherungs-Gesellschaft; später entstanden noch weitere in dieser Sparte tätige Unternehmen. Mit der Verbreitung der beruflichen Vorsorge konnten Lebensversicherungsgesellschaften ihr Geschäft mittels der Kollektivversicherung beträchtlich ausbauen. Diese machen heute über 70% ihres Prämienvolumens aus, die Einzelversicherungen nicht einmal 20%. Der Rest fällt auf anteilgebundene Lebensversicherung und auf Kapitalisationsgeschäfte.

Rückversicherung

Spätestens um 1840 begann die Diskussion um die Rückversicherung, da grosse Schadensfälle Direktversicherer überfordern konnten. Diese wurde anfänglich bei anderen Erstversicherern platziert. Nach dem Grossbrand von Glarus (1861) gründeten 1863 Versicherungsgesellschaften und Grossbanken gemeinsam die Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft in Zürich (ab 1999 Swiss Re). 1869 folgte die Basler Rückversicherungsgesellschaft, später kamen weitere Unternehmen hinzu. Die Swiss Re kontrollierte 2010 im Inland einen Marktanteil von 55% und war nach der Münchener Rück der zweitgrösste Rückversicherer der Welt.

Quellen und Literatur

  • C. Simon, Das Versicherungswesen in der Schweiz, 1925
  • J. Halpérin, Les assurances en Suisse et dans le monde, 1946
  • F. Thalmann, «Die Anfänge der Lebensversicherung in der Schweiz», in Schweiz. Versicherungszs., 1946-47
  • K. Wellisch, Die Entwicklung des staatl. Feuerassekuranzwesens sowie der kant. Versicherungsgesetzgebung auf dem Gebiet der Gebäude- und Mobiliarversicherung bis zum Erlass des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag vom 2. April 1908, 1951
  • W. von Wartburg, Die Versicherung in der Schweiz, 1952 (111979)
  • E. Fäh, Die Hagelversicherung in der Schweiz in Vergangenheit und Gegenwart, 1954
  • M. Körner, Banken und Versicherungen im Kt. Luzern vom ausgehenden Ancien Régime bis zum Ersten Weltkrieg, 1987
  • H.-M. Oberholzer, Zur Rechts- und Gründungsgesch. der Privatversicherung, insbesondere in der Schweiz, 1992
  • Veröff. UEK 12
  • 100 Jahre Zeitgemäss: Meilensteine in der Brand- und Elementarschadenversicherung in der Schweiz, 2002
  • E. Rohland, Sharing the Risk: Fire, Climate and Disaster: Swiss Re, 1864-1906, 2011.
Weblinks

Zitiervorschlag

Martin Körner; Bernard Degen: "Versicherungen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 21.01.2014. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014066/2014-01-21/, konsultiert am 19.03.2024.