Die Treuhandbranche besteht aus Dienstleistungsunternehmen der Wirtschaftsprüfung und Wirtschaftsberatung, die sich unter anderem mit Vermögensverwaltungen, Erbschaftsteilungen, Fusionen, Sanierungen und Liquidationen sowie Buchführung für Dritte beschäftigen. Ihre Anfänge gehen – von Vorläufern in Antike und Mittelalter abgesehen – auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück; damals verbreitete sie sich von England nach Nordamerika und dem europäischen Kontinent und erreichte über Deutschland auch die Schweiz.
Die ersten Einzeltreuhänder nannten sich Geschäftsagenten (agents d'affaires), Sachwalter oder ähnlich. 1913 gründeten Berufsangehörige den Treuhandverband Schweizerischer Bücherrevisoren, der ein Jahr später in Verband Schweizerischer Bücherexperten (VSB) umbenannt wurde. Der Zusammenschluss erfolgte zur Hebung der Qualität der Facharbeit und zur Wahrung der Berufsinteressen. Die ersten Treuhandgesellschaften wurden Anfang des 20. Jahrhunderts von Banken gegründet. Diese grösseren Unternehmen schlossen sich 1923 zur Vereinigung Schweizerischer Treuhand- und Revisionsgesellschaften zusammen.
Zur Überwindung des Dualismus von Einzeltreuhänder und Treuhandgesellschaften wurde 1925 die Schweizerische Kammer für Revisionswesen (ab 1968 Schweizerische Treuhand- und Revisionskammer, ab 1989 Treuhand-Kammer, Schweizerische Kammer der Bücher-, Steuer- und Treuhandexperten, ab 2008 Treuhand-Kammer, Schweizerische Kammer der Wirtschaftsprüfer und Steuerexperten) ins Leben gerufen. In den 1930er Jahren brachten das Bankengesetz und die Revision des Obligationenrechts neue Impulse für die Treuhandbranche: Banken und grössere Aktiengesellschaften wurden qualifizierten Prüfungen unterzogen. Viele kleinere und mittlere Treuhandfirmen konnten sich aber auf Dauer nicht halten; sie wurden durch grössere übernommen.
In den letzten dreissig Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich das Bild der Treuhandbranche grundlegend verändert. Die Globalisierung der Wirtschaft mit dem Übergang von der gläubigerorientierten zur angloamerikanisch geprägten, kapitalmarktorientierten Rechnungslegung börsenkotierter Gesellschaften forderte auch von der schweizerischen Treuhandbranche eine internationale Vernetzung und eine zunehmende Professionalisierung. Die Dominanz der internationalen Rechnungslegungskonzepte bei Grossunternehmen ab ca. 1995 stellte eine fachlich höchst anspruchsvolle Herausforderung für die Branche dar. Der Konzentrationsprozess beschleunigte sich Ende der 1990er Jahre. Der bis ca. 1960 vorherrschende Allround-Treuhänder, der Buchhalter, Revisor, Steuer- und Unternehmensberater in einer Person war, wurde durch Spezialisten abgelöst. Das Treuhandwesen zerfiel in immer mehr Teilgebiete, die nur noch wenig miteinander zu tun haben. Einerseits bestehen einige, ab ca. 1990 als Partnerschaften organisierte Grossfirmen mit je über 1000 Beschäftigten, die Abschlussprüfung, Steuerberatung und wenige weitere Beratungsbereiche anbieten, und andererseits viele Kleinfirmen, die sich mit Revisionen von Klein- und Mittelunternehmen sowie mit Beratung aller Art befassen. Bis 2008 umfasste die Treuhand-Kammer als schweizerische Besonderheit auch noch die interne Revision, die seither im Schweizerischen Verband für Interne Revision ausgegliedert ist. Mit einem Fokus auf ganzheitlich ausgerichtete Dienstleistungen bei kleineren Kunden vertritt seit 1963 auch der Schweizerische Treuhänderverband die Interessen seiner Mitglieder und bietet Schulungen an.
Als Folge diverser Bilanzskandale zu Beginn des 21. Jahrhunderts sah sich die Revisionsbranche hinsichtlich ihrer Prüfungstätigkeit verschiedenen staatlichen Regulierungsmassnahmen gegenüber. Ausgehend von entsprechenden Entwicklungen in den USA, wurde auch in der Schweiz eine Revisionsaufsichtsbehörde eingerichtet, die für Zulassung und laufende Überwachung zuständig ist. Darüber hinaus wurde die Pflicht zum periodischen Wechsel der Revisionsverantwortlichen eingeführt und die Anforderungen im Bereich der Unabhängigkeit wurden verschärft. Um kleinere Unternehmen dadurch nicht übermässig zu belasten, wird seither zwischen verschiedenen Revisoren und Revisionsarten unterschieden, die jeweils unterschiedlich strengen Anforderungen unterliegen. Dies führt zu einer weiteren Spezialisierung innerhalb des Berufsstands. Als Folge der 2008 einsetzenden Finanz- und Wirtschaftskrise ist eine erneute Intensivierung der Regulierung nicht auszuschliessen.