Unter Hausarbeit wird seit dem 19. Jahrhundert die von der Erwerbstätigkeit abgetrennte Arbeit im Privathaushalt (Haushalt) verstanden, die im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausschliesslich und Ende des 20. Jahrhunderts weitgehend den Frauen zugeordnet wurde (Geschlechterrollen). Sie umfasst je nach Schichtzugehörigkeit der Frau variierende Tätigkeiten in den Bereichen Produktion von Nahrungsmitteln (Ernährung) und Kleidung (Handarbeitsunterricht), Vorratshaltung und Konsum, Putzen und Waschen. Hausarbeit gilt, da vorab von Hausfrauen verrichtet, als unentgeltliche Tätigkeit, ist aber Lohnarbeit, wenn sie von Dienstboten, Putz- und Waschfrauen geleistet wird (Gesinde).
Hausarbeit als weiblicher Tätigkeitsbereich
Hausarbeit basiert auf der traditionellen Arbeitsteilung. Sie umfasste in der Neuzeit weibliche, in die Familienwirtschaft (Hauswirtschaft) integrierte Tätigkeitsbereiche, welche auch den Unterhalt und Einsatz von Gesellen und Gesinde sowie Erwerbsarbeiten (z.B. Heimarbeit) miteinschliessen konnten (Frauenerwerbsarbeit). Ihren spezifischen Charakter erhielt die Hausarbeit erst durch die zunehmende räumliche Trennung von Wohnen und Erwerbsarbeit infolge der Industrialisierung. Obwohl Arbeiterinnen in den Prozess der Industrialisierung stark einbezogen waren, entwickelte sich die ausserhäusliche Arbeit nur für Männer zur Norm, für Frauen galt sie als Ausnahme. Die männliche Gesellschaft wies ihnen die Hausarbeit als «natürlichen» Tätigkeitsbereich zu. Zugleich wurde der produktive Charakter der Hausarbeit weitgehend negiert, während der Mann zum Ernährer der Familie avancierte. Diese geschlechtsspezifische Zuordnung schrieb das 1912-1987 gültige Zivilgesetzbuch fest.
Schichtspezifische Differenzierung
Der Übergang von der unentgeltlichen Hausarbeit zur Erwerbsarbeit ist fliessend, bei den geschäftsbedingten Repräsentationsaufgaben der Hausfrau im Unternehmermilieu ebenso wie bei der als Hausarbeit taxierten entlöhnten Kostgängerei, Zimmervermietung oder Betreuung fremder Kinder aus den Unterschichten. Auch wurden Dienstbotinnen im Privathaushalt bis ins 20. Jahrhundert hinein statistisch nicht als Lohnarbeiterinnen ausgewiesen. In den Oberschichten umfasste die Hausarbeit bis in die 1950er Jahre insbesondere die Anweisung des Dienstpersonals, die Planung der Repräsentationsaufgaben, der grossen und der kleinen Wäsche, des Putzens und der Gartenarbeiten. Dazu gehörten aber auch das Nähen und Sticken, die Herstellung der Aussteuer und von Geschenken.
In den unteren Mittelschichten und den Unterschichten bestimmte das enge Budget Wohnen, Kleider und Ernährung. Die Erträge des Gartens («Pflanzblätz») waren unentbehrlich für die Nahrungszubereitung und das Anlegen von Vorräten. Wegen fehlender Aussteuer dominierte die kleine Wäsche, Flicken war wichtiger als Stricken und Nähen. Verheiratete Frauen erledigten als Putzfrauen, Näherinnen und Wäscherinnen Hausarbeit im Haushalt der Oberschicht, ledige als Dienstbotinnen. Als die Erwerbsmöglichkeiten im Gastgewerbe, Büro und Verkauf zunahmen, arbeiteten vermehrt Dienstbotinnen aus den ländlichen, oft katholischen Regionen der Schweiz oder des benachbarten Auslands im städtischen Haushalt. Seit den 1960er Jahren gibt es kaum mehr im Haushalt wohnende Dienstbotinnen. Mehrheitlich verheiratete Migrantinnen entlasten als Putzfrauen die Frauen aus bildungsbürgerlichen Kreisen oder aus der Oberschicht. Die Doppelbelastung der erwerbstätigen Frauen mit Familienpflichten aus den Mittel- und Unterschichten ist jedoch zu Beginn des 21. Jahrhunderts weiterhin gross.
Versuche der Professionalisierung
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stiegen die Auflagezahlen der für Frauen aus bürgerlichen Schichten publizierten Ratgeberliteratur für die Themenbereiche Kochen, Putzen und Anleitung des Dienstpersonals. Das Erlernen der Hausarbeit von der Mutter oder im Haushalt von Bekannten wurde abgelöst durch eine Ausbildung im Pensionat (Mädchenerziehung, Küche) in der Westschweiz, während Töchter aus der unteren Mittelschicht der Deutschschweiz als billige Dienstbotinnen bei Privaten Französisch und Haushalten lernten. Zentrales Anliegen des 1888 in Aarau gegründeten Schweizerischen Gemeinnützigen Frauenvereins (SGF) war die hauswirtschaftliche Unterweisung. Entsprechend der Professionalisierung der männlichen Erwerbsarbeit sollte mit der Gründung von Schulen für Dienstboten und von Haushaltungsschulen für bürgerliche Töchter die Hausarbeit professionalisiert werden. Der SGF reproduzierte damit die schichtspezifischen Unterschiede, was sich in der Veröffentlichung eigener Ratgeber für den «einfachen» Haushalt spiegelte. Das angestrebte Obligatorium der hauswirtschaftlichen Unterweisung für die gesamte Schweiz wurde nicht erreicht, aber in vielen Kantonen durchgesetzt. Freiburg war 1908-1954 Sitz des unter der Ägide des Politikers Georges Python neu gegründeten Internationalen Amts für Hauswirtschaft, dessen Ziel die Professionalisierung der Hausarbeit war.
Modernisierung durch Rationalisierung
An der betrieblichen Arbeit orientierte sich auch die Rationalisierungsbewegung der Zwischenkriegszeit. Mit einer optimierten Arbeitsplanung, dem Einsatz von Haushaltsmaschinen und neuen Wohnungsgrundrissen sollten «Zeit, Kraft und Geld» gespart und unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Erkenntnisse in den Bereichen Chemie bzw. Ernährung und Hygiene sollte im einzelnen Haushalt die Volksgesundheit erhöht werden. Obwohl die Geräte von den in den Städten gegründeten Hausfrauenvereinen propagiert wurden, fanden sie erst in der Hochkonjunktur der Nachkriegszeit dank fallenden Preisen bei gleichzeitig steigenden Löhnen breiteren Absatz. Die in Vereinen organisierten Frauen konnten aber ab 1918 als Konsumentinnen erste Erfolge verbuchen, denn mit der Auslagerung eines Teils der häuslichen Produktion wurde der private Einkauf volkswirtschaftlich bedeutsam. Den spektakulärsten Erfolg erkämpfte der Hausfrauenverein Biel mit der vom bernischen Milchhändlerverband erzwungenen Hauslieferung (1931). Die 1935 im schweizerischen Verband zusammengeschlossenen Hausfrauenvereine konzentrierten sich dann auf die 1948 erfolgte Gründung des Schweizerischen Instituts für Hauswirtschaft an der ETH Zürich, das neue Haushaltsmaschinen testete. Mit der Schaffung dieser Institution bestätigte sich die öffentliche Anerkennung des gesamtgesellschaftlichen Nutzens der Hausarbeit, der bereits mit dem Einbezug von Frauenvereinen in die Sicherung der Kriegsernährung im Rahmen der Landesverteidigung bezeugt worden war.
Gesellschaftliche Wertschätzung
Bis in die 1960er Jahre wurde die Funktion der Hausfrau im Zusammenhang mit den innenpolitischen Debatten immer wieder ideologisiert und instrumentalisiert, nämlich im 19. Jahrhundert als Mittel zur Bekämpfung von Armut und Alkoholismus von der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft, in den 1930er Jahren von der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für den Hausdienst zur Kontrolle von Randständigen und 1928 und 1958 in den Schweizerischen Ausstellungen für Frauenarbeit (Saffa) zur Festschreibung der Familie als Hauptbetätigungsfeld der Frauen. Der emotionale Charakter der Hausarbeit als Liebesdienst zum Wohl der Familie wurde stets hervorgehoben. Erst infolge der Kritik an der traditionellen Familie in den 1970er Jahren entwickelte sich der Begriff «Nur-Hausfrau» in Bildungs- und Oberschichten zur Negativ-Bewertung. Andererseits erfuhr die Hausarbeit im Zuge der Forderung der Neuen Frauenbewegung, den Wert und Umfang der Hausarbeit sichtbar zu machen, eine Aufwertung und wurde im Rahmen der Gleichstellungsdebatte diskutiert. Seit der 10. AHV-Revision ist die Hausarbeit rentenwirksam (Erziehungs- und Betreuungsgutschriften). Auch wird sie im neuen Ehegesetz von 1988 nicht mehr einseitig Frauen zugeschrieben. Trotzdem beweisen verschiedene Studien, dass Frauen auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts unabhängig von Alter, Zivilstand und beruflicher Belastung markant mehr Hausarbeit leisten als Männer, deren Beitrag durchschnittlich in zeitlich beschränkter Mithilfe besteht. Hausarbeit behält damit den Charakter einer den Frauen zugewiesenen unentgeltlichen Arbeit.
Quellen und Literatur
- G. Heller, "Propre en ordre", 1980
- E. Joris, «Die Schweizer Hausfrau», in Schweiz im Wandel, hg. von S. Brändli et al., 1990, 99-116
- E. Joris, H. Witzig, Brave Frauen, aufmüpfige Weiber, 1992
- H.P. Treichler, Die stillen Revolutionen, 1992
- B. Koller, "Gesundes Wohnen", 1995
- A. Bähler, «Die Veränderung des Arbeitsplatzes Haushalt durch das Eindringen der Haushalttechnik», in Arbeit im Wandel, hg. von U. Pfister et al., 1996, 171-194
- W. Bellwald, Wohnen und Wohnkultur, 1996
- Die Verwissenschaftlichung des Alltags, hg. von B. Mesmer, 1997
- B. Ziegler, «Der Bieler "Milchkrieg" 1930/31», in Gesch. der Konsumgesellschaft, hg. von J. Tanner et al., 1998, 117-132
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