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Unternehmen

Unternehmen sind dauerhafte wirtschaftlich-rechtlich organisierte Gebilde, die Waren produzieren oder Dienstleistungen erbringen und damit einen Ertrag anstreben. Während im allgemeinen Sprachgebrauch die Abgrenzung zum Begriff Betrieb unscharf blieb, erfasst die schweizerische Statistik Unternehmen als nächsthöhere rechtliche Einheiten. Sie können aus keinem (z.B. Holdinggesellschaften), einem oder mehreren Betrieben bestehen, die zudem unterschiedlichen Branchen angehören können. Als Betriebe gelten dabei jene Örtlichkeiten, an denen mit Produktionsmitteln (Roh- und Hilfsstoffe, Arbeitskraft) Waren erzeugt, repariert und vermittelt oder Dienstleistungen erbracht werden. In den 1970er Jahren verdrängte in der Statistik der enger gefasste Begriff der Arbeitsstätte den des Betriebes. In der Regel gilt als Arbeitsstätte ein Gebäude, ein Grundstück oder eine andere abgegrenzte Räumlichkeit.

Eng mit dem Unternehmen verbunden ist der Unternehmer, der es plant, gründet und unter persönlichem Risiko verantwortlich leitet. Seine Funktion umfasst die Erfindung, Verbesserung, Herstellung und Verbreitung von Produkten, die Ein- und Weiterführung von Technologien und betrieblicher Organisationsformen, die Erschliessung von Bezugsquellen und Absatzmärkten sowie Rekrutierung und Organisation des Einsatzes von Arbeitskräften.

Bis ins 19. Jahrhundert fielen Eigentum und Unternehmerfunktion meist zusammen; im 20. Jahrhundert übernahmen letztere zunehmend angestellte Direktoren. Die ökonomische Theorie prägt Joseph Alois Schumpeters Unterscheidung zwischen den Pionierunternehmern, die Innovationen durchsetzen und damit das wirtschaftliche Gleichgewicht stören, und den konservativen Betriebsleitern, die es durch allgemeine Verbreitung der Innovationen wieder herstellen. Das positive Bild des Pionierunternehmers bewirkte seit der Krise der 1970er Jahre eine Aufwertung des Begriffs, was sich im neuen Selbstverständnis ehemaliger Handwerksmeister als Unternehmer und ihrer Gewerbebetriebe als kleine und mittlere Unternehmen (KMU) niederschlug.

Wirtschaftliche Entwicklung

Es fällt nicht leicht, den modernen Unternehmer von den Kaufleuten abzugrenzen, die seit dem Mittelalter auch von schweizerischen Städten aus operierten. Bereits diese verfügten über gute Kenntnis der Märkte und des Finanzwesens, bildeten Gesellschaften, verwalteten Lager, kauften und verkauften Waren. Andererseits fehlte ihnen die Erfahrung mit Produktionstechnologien und Personalführung, weil sie bei Produzenten einkauften. Ab dem späten 16. Jahrhundert begannen Kaufleute vor allem in Genf und Zürich, seltener in Basel, die Textilproduktion selbst im Verlagssystem zu organisieren und für gewisse Prozesse (z.B. Färberei, Seidenzwirnerei) zentrale Manufakturen zu errichten. Im ausgehenden 17. Jahrhundert fingen ländliche Krämer, Wirte, Bäcker usw. an, ihre Klientel mit protoindustrieller Arbeit zu versorgen, nicht selten, damit diese ihre Waren bezahlen konnte (Protoindustrialisierung). Auch Weber stiegen in dieses Geschäft ein. So entstand bereits vor der Industrialisierung ein breites Wissen über Produkte, Märkte, Verfahren und Produktionsorganisation. Den Verlagsunternehmern fehlte aber die direkte Kontrolle über die Heimarbeiter. Über diese verfügten dagegen die Manufakturunternehmer, die Ende des 18. Jahrhunderts bereits beachtliche Betriebe auf die Beine gestellt hatten. Die Fabrique-Neuve in Cortaillod, eine Indienne-Druckerei, beschäftigte über 700 Arbeiter.

Mit der Mechanisierung der Baumwollspinnerei (1801 St. Gallen, 1802 im Hard in Wülflingen) begann eine neue Etappe der Unternehmensgeschichte. Anstelle meist dezentraler handwerklicher Produktion trat die zentralisierte in Fabriken mit spezialisierten Maschinen. Unternehmer mussten neben kaufmännischen zunehmend auch technische Kenntnisse haben. Zudem standen die Arbeitskräfte nun unter ihrer direkten Kontrolle. Um Investitionen möglichst auszulasten, stellten Fabrikunternehmer wesentlich strengere Anforderungen als Verleger. Ordnung, Pünktlichkeit und Disziplin setzten sie mit drakonischen Massnahmen durch. Anfänglich lassen sich noch eher kaufmännisch von eher technisch orientierten Unternehmern unterscheiden. Erstere setzten die Priorität auf Kenntnis der Rohstoff- und Absatzmärkte und auf billige Arbeitskräfte, Letztere auf die Optimierung der Produktionsprozesse; ab den 1860er Jahren wirkten dann in der Baumwollspinnerei beide Typen zusammen. Der bedeutendste Unternehmer in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der "Spinnerkönig" Heinrich Kunz, baute 1811-1851 ein Imperium aus neun Betrieben auf, die er alle persönlich leitete.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden, vor allem im Maschinenbau, zunehmend anspruchsvollere Produktionsprozesse entwickelt, die technisch begabten Persönlichkeiten mit Erfindergeist Aufstiegschancen eröffneten. Die Kombination von technischen mit kaufmännischen Kenntnissen gewann auch in diesen neuen Branchen rasch an Gewicht. Gelegentlich gründeten deshalb Wissenschaftler oder Ingenieure gemeinsam mit Kaufleuten Unternehmen, was sich in Firmennamen wie Sandoz (Kfm.) & Kern (Chemiker) niederschlug. Die Finanzierung und die Leitung der grössten und technisch-organisatorisch anspruchsvollsten Unternehmen, der Eisenbahngesellschaften, überforderten bereits Mitte des 19. Jahrhunderts einzelne Unternehmer oder Familien. Die verschiedenen Bahnen entstanden rechtlich als Kapitalgesellschaften, die ihr Kapital überregional beschafften und betriebswirtschaftlich als Managerunternehmen organisiert waren, deren Leitung angestellte Direktoren innehatten. Dieses Modell fand bei Grossunternehmen an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zunehmend Verbreitung; in der Basler Chemie wurden zum Beispiel die Ciba 1884, die Sandoz 1895, die Geigy 1901 und die Roche 1919 zu Aktiengesellschaften. Nicht wenige Firmen blieben allerdings auch unter der neuen Rechtsform in Familienbesitz. Die Unternehmensstrukturen differenzierten sich mehr und mehr aus; neben der älteren Teilung in einen technischen und einen kaufmännischen Bereich entstanden hierarchische Abstufungen (Generaldirektor, Direktoren, Vizedirektoren, Werkleiter, Abteilungsleiter, Prokuristen) sowie funktionale Gliederungen (Personalwesen, Buchhaltung, Forschung und Entwicklung, Marketing usw.); die Büroabteilungen wuchsen allgemein an. Die operationelle Leitung durch das Management ergänzte die strategische durch den Verwaltungsrat.

Die neuen Organisationsformen wirkten sich innerbetrieblich aus. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg kannten einige Unternehmen das amerikanische Scientific Management und experimentierten mit Zeitstudien (Taylorismus). Nach dem Krieg gewann die Rationalisierung an Gewicht, wenn auch vorerst auf der diskursiven Ebene mehr als auf der praktischen. Fliessarbeit blieb relativ selten und kam vor allem in der Apparate- und in der Bekleidungsindustrie vor. Nachdem die Chemische Industrie seit Ende der 1880er Jahre wissenschaftlich-technische Abteilungen eingerichtet hatte, bauten seit der Zwischenkriegszeit auch andere Unternehmen, vor allem im Maschinenbau, selbstständige Forschungsabteilungen auf. Allgemein verbreiteten sich solche allerdings erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Gegenüber der Arbeiterschaft wahrten nicht zuletzt die Grossunternehmen der Exportindustrie eine patriarchalische Haltung. Mit den Gewerkschaften trafen sie zwar in Einzelfragen Absprachen; die Ära der Gesamtarbeitsverträge setzte aber erst 1945 ein. Bereits in der Zwischenkriegszeit hatten allerdings viele Unternehmen mit betrieblicher Sozialpolitik versucht, die Belegschaft in die Betriebsgemeinschaft einzubinden. Daraus entwickelten sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts umfassende Konzepte der Unternehmenskultur.

In der Industrie, für welche die umfassendsten Zahlenreihen vorliegen, stieg 1929-1975 die Zahl der Beschäftigten pro Unternehmen im Mittel von 8 auf 17. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich der Anteil der Grossunternehmen mit 500 oder mehr Arbeitskräften an der industriellen Gesamtbeschäftigung von 22% auf 30%. Die statistisch erfassten Unternehmen im Dienstleistungssektor blieben kleiner; sie wuchsen 1929-1975 durchschnittlich von fünf auf sieben Beschäftigte. Vor allem in den 1960er und 1970er Jahren kam es in einer Übernahmewelle zu vielen Konglomeratsbildungen (z.B. Oerlikon-Bührle); diese erwiesen sich jedoch nicht als dauerhaft, weil die von der Diversifikation erwarteten Vorteile nicht eintrafen.

Auf die schwere Strukturkrise der 1970er Jahre folgte eine Anfang des 21. Jahrhunderts noch nicht abgeschlossene Periode grundlegender Umschichtung. Die Zahl der Unternehmen stieg im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts um fast die Hälfte, wozu vor allem die kleinsten Betriebe mit bis zu neun Angestellten beitrugen. Die mittlere Zahl der Beschäftigten im 2. und 3. Sektor sank 1975-1998 von zehn auf neun. Durch die Fokussierung auf das Kerngeschäft – nicht dieses betreffende Unternehmensteile wurden abgestossen – und die Auslagerung (Outsourcing) von Funktionen wie Transport, Lagerung oder Datenverarbeitung versuchten viele Unternehmen, ihre Position in ausgewählten Märkten zu stärken. Renommierte Firmen fusionierten zu grösseren Einheiten wie zum Beispiel Ciba, Geigy und Sandoz zu Novartis oder Schweizerischer Bankverein und Schweizerische Bankgesellschaft zu UBS; andere verloren an Bedeutung, wurden wie die Alusuisse von ausländischen Konzernen übernommen oder brachen wie die Swissair zusammen. Im Dienstleistungssektor bildeten sich dagegen neue Riesen heraus (z.B. Metro, Adecco). Grossunternehmen bestanden lange vorwiegend in der Industrie. 1965 gehörten drei Viertel, 1975 noch immer zwei Drittel aller Grossunternehmen zum 2. Sektor; im folgenden Jahrzehnt aber sank dieser Anteil auf zwei Fünftel. 1991 zählte man 502 Grossunternehmen, mehr als je zuvor, 1998 aber nur mehr deren 425, von denen 277 aus dem Dienstleistungssektor stammten. 2000 waren Nestlé und Asea Brown Boveri, die 218'112 bzw. 151'454 Personen, allerdings vorab im Ausland, beschäftigten, die mit Abstand grössten Arbeitgeber. Im Inland waren die Migros mit 55'774 und die Post mit 44'950 die Unternehmen mit den meisten Angestellten.

Schweizerische Unternehmen richteten ab dem zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts Betriebe im Ausland ein, wobei anfänglich oft nur lose Beziehungen zwischen Mutter- und Tochterhaus bestanden. Ab den 1870er Jahren gewann die Verlagerung der Produktion wegen der Schutzzollpolitik, zu der viele Länder übergingen, und wegen des Lohngefälles gegenüber der Schweiz stark an Bedeutung. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg besassen zahlreiche Unternehmen der Chemie-, der Textil-, der Maschinen- und der Nahrungsmittelindustrie Filialen im Ausland. Der breite Durchbruch der multinationalen Unternehmungen erfolgte aber erst in den 1950er und 1960er Jahren. Im ausgehenden 20. Jahrhundert beschleunigte sich diese – jetzt als Globalisierung bezeichnete – Entwicklung erheblich. So stieg bei den Direktinvestitionen der Auslandskapitalbestand im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt von 21% 1980 über 29% 1990 auf 62% 1997.

Das von der Asea Brown Boveri geprägte Quartier in Baden. Luftaufnahme, 1991 (Historisches Archiv ABB Schweiz, Baden).
Das von der Asea Brown Boveri geprägte Quartier in Baden. Luftaufnahme, 1991 (Historisches Archiv ABB Schweiz, Baden). […]

Eine Sonderstellung nahmen schweizerische Unternehmen lange bezüglich der Kontrolle durch Einheimische und der Konzentration des Eigentums ein. Erstere ermöglichte nicht zuletzt die seit Ende des 19. Jahrhunderts angewandte und anlässlich der Revision des Obligationenrechts 1936 ausgebaute Möglichkeit zur Vinkulierung der Aktien, d.h. zur Abweisung nicht genehmer – vor allem ausländischer – Investoren. Erst seit Ende der 1980er Jahre rücken die Unternehmen von dieser Praxis ab (Pionier: Nestle 1988). In den 1990er Jahren verbreitete sich die Einheitsaktie rasch. Die Konzentration des Eigentums an bedeutenderen Unternehmen war um 1990 nur in wenigen modernen Volkswirtschaften höher. Namentlich Familien und Einzelne verfügten in weit überdurchschnittlichem Masse über die Kontrolle, während Kleinaktionären nur bescheidene Rechte zugestanden wurden. Aber auch hier zeichnet sich im Rahmen der sogenannte Globalisierung seit den 1990er Jahren eine Wende ab.

Rechtsformen

Bis 1882 bestand keine einheitliche Regelung der Rechtsform von Unternehmen; kantonale Vorschriften fehlten oder blieben dürftig. Eine systematische Registrierung kannten nur wenige Kantone, zum Beispiel Genf ab 1698 und St. Gallen ab 1712. Seit Inkrafttreten des Obligationenrechts 1883 werden die Firmen unter Oberaufsicht des Eidgenössischen Amts für das Handelsregister nach einheitlichen Grundsätzen in öffentlichen kantonalen Handelsregistern erfasst. Dabei geht es vor allem um Haftungs- und Vertretungsverhältnisse, nicht aber um die wirtschaftliche Lage der Unternehmen. Die Publikation von Mutationen sowie weiteren wichtigen Informationen erfolgt im "Schweizerischen Handelsamtsblatt".

Im Handelsregister eingetragene Firmen 1883-2010

 EinzelKollektivKommanditAGGenossenschaftGmbHAndereTotal
188324 0233 6661 497 2 55431 740
189028 4204 2822 956 3 08238 740
190032 7356 0495 843 3 13047 757
191035 8807 8813 9147 453 5 00160 129
192042 14610 4717 33711 505 6 20977 668
193049 33310 71114 00011 696 6 31892 058
194054 3019 83318 28711 5603834 90499 268
195070 7289 9203 36121 30312 2561 39810 872129 838
196077 03710 0153 73033 88312 9151 64815 856155 084
197084 78811 1003 92765 38313 5082 76724 963206 436
198086 91210 8543 495107 64313 4913 03531 181256 611
1990111 91915 4233 349160 54113 8582 75634 851342 697
2000142 31416 3603 118171 98413 59046 03537 349430 750
2010157 31913 1192 310189 51510 423124 82638 579536 458
Im Handelsregister eingetragene Firmen 1883-2010 -  Historische Statistik der Schweiz; Schweizerisches Handelsamtsblatt

Obwohl nur unter gewissen Bedingungen (Handel, Fabrikation, Führung nach kaufmännischer Art) meldepflichtig, stellten Einzelfirmen bis in die 1970er Jahre die grösste Gruppe. Besitz und Leitung liegen in den Händen der gleichen Person, die mit ihrem ganzen Vermögen haftet, aber auch den ganzen Gewinn einstreicht. Oft stand nicht dessen Maximierung, sondern der sichere Lebensunterhalt im Vordergrund. Vor allem im 19. Jahrhundert handelte es sich lange nicht immer um Kleinbetriebe, sondern zum Teil um grosse Unternehmungen.

Wenn Kapital oder Leitungskapazitäten einer Person nicht ausreichen, können sich mehrere zu einer Kollektivgesellschaft zusammenschliessen. Diese Form war vor der Industrialisierung besonders im Fernhandel verbreitet, der nicht selten auf verwandtschaftlicher Basis betrieben wurde. In der einfachen Kollektivgesellschaft haften alle Teilhaber mit ihrem ganzen Vermögen. Sie spielte vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert eine wichtige Rolle. So produzierten drei der zehn grössten Maschinenfabriken 1905 unter dieser Rechtsform; auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts findet man sie bei bedeutenden Unternehmen, wie bei Privatbanken oder Handelsfirmen.

Bereits im Mittelalter entwickelte sich die spezielle Form der Kommanditgesellschaft. Sie kennt ebenfalls unbeschränkt haftende Gesellschafter; dazu kommen Kommanditäre, die nur mit ihrer eingelegten Kommanditsumme haften und sich an der Unternehmensleitung nicht beteiligen. Diese Rechtsform gewann gegen Mitte des 19. Jahrhunderts stark an Bedeutung und erreichte in der Zwischenkriegszeit ihre grösste Verbreitung. Heute kennen sie unter anderem drei Viertel der Mitglieder der Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers. Den Übergang zu den eigentlichen Kapitalgesellschaften bilden die in der Statistik nicht besonders ausgewiesenen Kommanditaktiengesellschaften, deren Kommanditsumme in handelbare Aktien aufgeteilt ist. Sie sind in vielen Bereichen den Aktiengesellschaften gleichgestellt und blieben immer relativ selten; eine Zusammenstellung ergab 1901 nur 26 solche Gesellschaften.

Die Aktiengesellschaft (AG), in Italien seit dem 15. Jahrhundert bekannt, kam in der Schweiz erst im 19. Jahrhundert vermehrt auf. Ihr zum Voraus bestimmtes Kapital ist in Teilsummen (Aktien) zerlegt, wobei die Aktionäre nicht persönlich für Verbindlichkeiten haften. Der breite Durchbruch erfolgte gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Von den 1901 eingetragenen 2056 Aktiengesellschaften entstanden drei vor 1800 – darunter als älteste die Société des eaux thermales de Loèche-les-Bains –, weitere 27 von 1800-1850, 228 von 1850-1870, 699 von 1871-1890 und 1092 nach 1891; bei sieben ist das Gründungsjahr unbekannt. Der steilste Anstieg erfolgte von den 1960er bis in die 1980er Jahre, nicht zuletzt, weil das Mindestkapital von 50'000 Fr. in Folge der Inflation in dieser Zeitspanne leichter zu beschaffen war.

Die Rechtsform der Genossenschaft wurde bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum Teil ähnlich wie die der AG verwendet, weshalb die Statistik die beiden Gesellschaftstypen erst seit 1902 unterscheidet. Die Genossenschaft hatte – ideelle Motive werden hier ausgeklammert – den Vorteil, dass das Grundkapital nicht zum Voraus feststand und dass Genossenschafter zu Zusatzleistungen wie zum Beispiel zur Lieferung oder zum Bezug von Waren verpflichtet werden konnten. Die Rechtsform der Genossenschaft erlebte in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg einen Aufschwung; danach stagnierte die Entwicklung zahlenmässig. Sie wurde nicht nur von Grossunternehmen im Detailhandel wie Coop und Migros, sondern auch von solchen im Finanzbereich wie der Schweizerischen Volksbank, der Rentenanstalt (bis 1997) oder der Mobiliar gewählt.

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nahm das Obligationenrecht erst 1936 auf; schon früher wurden allerdings Niederlassungen ausländischer Firmen registriert. Jeder Gesellschafter ist mit einer Stammeinlage am Stammkapital beteiligt und haftet über diese hinaus für Verbindlichkeiten bis höchstens zum Betrag des eingetragenen Stammkapitals. Die GmbH fand anfänglich keine grosse Verbreitung; seit aber 1992 das Mindestkapital für Aktiengesellschaften auf 100'000 Fr. erhöht wurde, weichen viele Unternehmer auf die billigere GmbH aus, für welche das Gesetz ein Mindeststammkapital von 20'000 Fr. vorsieht.

Neben den privaten gibt es auf verschiedensten Ebenen (Bund, Kanton, Gemeinde, Region, Ortsbürgergemeinde) öffentliche Unternehmen. Dabei sind reine Verwaltungsunternehmen (z.B. kantonale Brandversicherungen), verselbstständigte öffentliche Unternehmen (Post-, Telefon- Telegrafenbetriebe PTT), solche in privatrechtlicher Form (SBB seit 1999) und gemischtwirtschafliche Unternehmen zu unterscheiden. Sie fanden in der Schweiz vor allem in den Bereichen Versorgungswirtschaft (Elektrizität, Gas, Wasser, Müll), Verkehr, Telekommunikation, Finanzdienstleistungen (Nationalbank, Kantonalbanken, Postgiro) und Versicherungswesen (AHV, IV, Suva, ALV, Gebäudeversicherung) Verbreitung. Ab den 1980er Jahren setzte sich die Tendenz zunehmend durch, öffentliche Unternehmen vermehrt in privatrechtliche oder gemischtwirtschaftliche Formen zu überführen oder gar zu privatisieren.

Quellen und Literatur

  • HSVw 2, 478-484
  • H. Siegenthaler, «Zur Gesch. der industriellen Unternehmung der Schweiz», in Die Unternehmung 32, 1978, 85-100
  • F. Höpflinger, Das unheiml. Imperium, 1980
  • H. Siegrist, Vom Familienbetrieb zum Managerunternehmen, 1981
  • B. Veyrassat, Négociants et fabricants dans l'industrie cotonnière suisse 1760-1840, 1982
  • D. Buchwald et al., Öffentl. Unternehmungen in der Schweiz, 1985
  • R. Jaun, Management und Arbeiterschaft, 1986
  • P. Dudzik, Innovation und Investition, 1987
  • A. Glatthard, Unternehmenskonzentration in der Schweiz, 1987
  • H.G. Schröter, Multinationale Unternehmen aus fünf kleinen Staaten vor 1914, 1993
  • U. Pfister, «Entstehung des industriellen Unternehmertums in der Schweiz», in Zs. f. Unternehmensgesch. 43, 1997, 14-38
  • Schweizer Unternehmen im Ersten Weltkrieg, hg. von R. Rossfeld, T. Straumann, 2007
  • T. David et al., «The questioning of selective protectionism in Switzerland», in Pathbreakers: Small European Countries Responding to Globalisation and Deglobalisation, hg. von M. Müller et al., 2008, 449-476.
Weblinks

Zitiervorschlag

Bernard Degen: "Unternehmen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.01.2014. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014174/2014-01-14/, konsultiert am 19.03.2024.