17.2.1740 Conches (Gemeinde Chêne-Bougeries), 22.1.1799 Genf, reformiert, von Genf. Sohn des Nicolas (->). 1765 Albertine Amélie Boissier, Tochter des Jean Jacques André, Enkelin des Ami Lullin. 1759 promovierte Horace Bénédict de Saussure an der Akademie von Genf mit einer Dissertation über das Feuer. 1762-1786 hatte er dort den Lehrstuhl für Naturphilosophie inne. Sein Onkel Charles Bonnet lenkte sein wissenschaftliches Interesse zunächst auf die Pflanzenphysiologie, Albrecht von Haller auf die systematische Botanik. Ab 1760 unternahm er jährliche Reisen in die Alpen, die seinen Ruhm als Pionier der physikalischen Geografie begründeten. De Saussure entwickelte seine Thesen aufgrund minutiöser und systematischer Beobachtungen vor Ort. 1768-1769 bereiste er Frankreich und England, 1772-1773 hielt er sich in Italien auf und bestieg den Ätna. Zur Erforschung der Alpen und weiterer Gebirgsmassive erklomm er immer höher gelegene Aussichtspunkte und erreichte schliesslich im August 1787 den Gipfel des Mont-Blanc. Die Publikation seiner «Essais sur l'hygrométrie» (1783) und seine Expedition zum Col du Géant bei Chamonix lieferten die Grundlage für einen physikalischen Ansatz der Meteorologie. Ab 1774 befasste sich Saussure mit der Messung der Erd-, See- und Meertemperaturen sowie der Bestimmung der Feuchtigkeit und Elektrizität der Atmosphäre, indem er die Verdampfung und die Wolkenbildung untersuchte und alle Parameter miteinbezog, die sich im Verhältnis zur Höhe verändern. Er erfand bzw. verbesserte verschiedene Messinstrumente, so zum Beispiel das Heliothermometer (1774) oder das Haarhygrometer (1775). Der erste Band seiner «Voyages dans les Alpes» (1779) ist gleichsam die Geburtsstunde der alpinen Geologie. Im zweiten Band (1786) entwickelte Saussure die Theorie der alpinen Orogenese (Gebirgsentstehung). Die mit Hilfe seines Sohnes Nicolas Théodore (->) herausgegebenen Bände 3 und 4 (1796) enthalten einen grossen Teil seiner meteorologischen Beobachtungen und physikalischen Versuche. Seine Theorie zur Erdentstehung, die nach den Aufzeichnungen seines Skizzenbuchs (1796) eine Synthese seiner Forschungen hätte bilden sollen, blieb im Projektstadium stecken.
Als Rektor der Genfer Akademie (1774-1776) verfasste Saussure 1774 ein «Projet de réforme pour le collège de Genève», das die Pädagogik auf empirischer Grundlage neu begründen sollte, doch liessen Widerstände das Projekt scheitern. 1776 gründete er die Genfer Société des Arts (Präsident 1793-99), die sich die Förderung nützlicher Erfindungen und die Zusammenarbeit zwischen Gelehrten, Handwerkern und Agronomen zur Aufgabe machte. Saussure, der 1782-1792 Mitglied des Rats der Zweihundert und 1789-1792 Mitglied des Rats der Sechzig war, bekämpfte den Umsturzversuch von 1782, nahm aber 1793-1794 eine versöhnlichere Haltung ein. Als Referent des Ausschusses für das öffentliche Bildungswesen setzte er einen Teil seiner pädagogischen Grundsätze durch, doch wurde ihre Umsetzung aus finanziellen Gründen aufgeschoben. Der Wertzerfall der französischen Renten vernichtete sein Vermögen und 1794 sowie 1796 erlitt Saussure einen Schlaganfall; daher konnte er den Rufen, die er von Paris, Göttingen und Clermont-Ferrand erhielt, nicht mehr nachkommen. 1788 Mitglied der Royal Society in London, 1790 ausländisches Mitglied der Pariser Akademie der Wissenschaften.