Vaterschaft umfasst die Erzeugung und Erziehung der Kinder (Kindheit). Die biologische und die soziale Vaterschaft sind nicht immer identisch (Adoption). Rechtliche, kulturelle, soziale und religiöse Normen prägen die gesellschaftliche Bedeutung der Vaterschaft wie jene der Mutterschaft sowohl innerhalb wie auch ausserhalb der Ehe.
In der römischen Antike war Vaterschaft durch die rechtliche Vorrangstellung und die damit verbundene umfassende Macht des Pater familias geprägt. Im Christentum erhielt Vaterschaft zusätzlich eine religiöse Bedeutung, indem sich in der Bezeichnung Gottvater die väterliche Wesensart des dreieinigen Gottes manifestierte. In der ständisch-hierarchischen Gesellschaft des Mittelalters und während des Ancien Régime stand der Hausvater der Familie vor. Seine Autorität erstreckte sich auf die gesamte Hausgemeinschaft (Ganzes Haus) und war umfassend. Für den Unterhalt und die «Aufzucht» der Kinder waren beide Eltern verantwortlich.
Im Kontext der Industrialisierung wurde die väterliche Autorität innerhalb der Familie nach und nach eingeschränkt. Mit der Trennung von Erwerbs- und Familienarbeit verlor der Vater Kontrollmöglichkeiten und Erziehungskompetenzen. Als sich die bürgerliche Familie Ende des 18. Jahrhunderts allmählich herausbildete, spielte der Vater noch eine prominente Rolle in der Kinderstube. Johann Heinrich Pestalozzi richtete seine Erziehungsvorstellungen explizit an beide Eltern. Im Lauf des 19. Jahrhunderts wurde der Vater auf der normativen Ebene zunehmend an den Rand des häuslichen Erziehungsgeschehens gedrängt, während die Mutter zur zentralen Erzieherin avancierte. Für heranwachsende Knaben behielt der Vater als Autoritätsperson seine Erziehungsfunktion. Mit der Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) 1912 teilten sich die Eheleute die elterliche Gewalt, womit der Vater das alleinige Erziehungsrecht verlor, jedoch als Ernährer Familienoberhaupt blieb. Im Falle einer Scheidung erhielt in der Regel die Mutter das alleinige Sorgerecht, während der Vater zur Zahlung von Alimenten verpflichtet wurde.
Die zunehmende Psychologisierung der Mutter-Kind-Beziehung im Lauf des 20. Jahrhunderts führte dazu, dass die Rolle des Vaters für die Sozialisation der Kinder auf der Ebene wissenschaftlicher Diskurse kein Thema mehr war. Seit den 1960er Jahren wurde Kritik laut an der Reduktion des Vaters auf die Rolle als Alleinernährer. Im Gefolge der 1968er-Bewegung und der Neuen Frauenbewegung forderten Frauen und Männer die Beteiligung der Väter an der Erziehung und Betreuung der Kinder. Die verstärkte Präsenz der Väter in der Kinderstube wurde unter dem Schlagwort «Neue Väter» von den 1970er Jahren an zum öffentlichen Thema. Gesellschaft und Wissenschaft anerkannten allmählich die Rolle des Vaters bei der Sozialisation der Kinder, und die Kindererziehung wurde Teil des väterlichen Rollenverständnisses.
Im Alltagsgeschehen spielten Väter in allen gesellschaftlichen Schichten eine von der historischen Forschung oft unterschätzte Rolle in der Kindererziehung und -betreuung. Die Hauptlast trugen jedoch die Mütter, was sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch nicht geändert hatte. Probleme der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wie fehlende Teilzeitarbeitsmöglichkeiten und Kinderbetreuungsstrukturen stellten sich zunehmend auch für Väter, die sich in ihren Familien engagieren wollten. Bremsend wirkte weiter, dass väterliche Fürsorglichkeit noch wenig mit der auf berufliche Leistung basierenden männlichen Identität (Geschlechterrollen) zu vereinbaren war.
Bei ausserehelicher Zeugung wurde die gebärende Frau zur Feststellung der Vaterschaft bis ins 19. Jahrhundert hinein während der Wehen einem Verhör unterzogen, das eine Amtsperson durchführte. Wenn der Vater die Schwängerung unter Eid bestritt, konnte er bei einem Vaterschaftsprozess Zeugen für die Promiskuität der Mutter aufbieten. Die rechtliche Feststellung und Anerkennung der ausserehelichen Vaterschaft und die damit verbundene Standesfolge waren bis zur Einführung des ZGBs 1912 kantonal unterschiedlich geregelt (Illegitimität). Seit 1978 kann Vaterschaft gemäss ZGB (Artikel 256) durch Anerkennung oder durch das Gericht festgestellt werden, wozu in jüngster Zeit auch die DNA-Analyse eingesetzt wird (Familienrecht).