de fr it

Feiertage

Feiertage sind bei uns meist kirchlichen Ursprungs, einige haben vorchristliche Wurzeln. Bis heute gibt es je nach Konfession und Landesgegend Unterschiede im Festkalender. Die christlichen Feiern haben sich in einem jahrhundertelangen Prozess entwickelt (Kirchenjahr). Vor dem 4. Jahrhundert hatte der Sonntag als wiederkehrendes Osterfest den Charakter eines Feiertages. Im 4. Jahrhundert erfolgte aufgrund einer zunehmend historisierenden Sicht die Aufteilung der Osterfeier (Ostern) in Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag und Ostersonntag. Weihnachten wird seit dem 5. Jahrhundert gefeiert. Ausserdem gelangten mit der stärkeren Orientierung an der Liturgie der römischen Stadtkirche, den römischen Liturgiebüchern und dem Reliquienkult auch die Heiligenfeste (Heiligenverehrung) in die Schweiz; bis zum 13. Jahrhundert waren es rund 85 Tage. Während des ganzen Mittelalters hatte der Bischof das Recht, für seine Diözese die Feiertage zu bestimmen.

Die hohe Zahl von Heiligenfesten veranlasste die Reformatoren, nur noch neutestamentlich begründete Feste zu feiern. In Zürich wurde 1530 mit einem grossen Mandat eine strengere Festordnung eingeführt. Im 19. Jahrhundert wurde der Karfreitag in vielen reformierten Gebieten zum wichtigsten kirchlichen Feiertag. Aus lokalen Gedenktagen zur Einführung der Reformation bildete sich ebenfalls im 19. Jahrhundert das Reformationsfest am Sonntag nach dem 31. Oktober.

Einen Einschnitt in den katholischen Festkalender brachte die Reduktion der Heiligenfeste durch Papst Pius V. im Jahr 1570. In den kommenden Jahrhunderten nahm die Zahl der katholischen Feste vorerst wieder zu. Im Kanton Luzern wurden im 17. Jahrhundert 40 gebotene, 20 halbe und bis zu 16 lokale Feiertage begangen. In der Aufklärung reduzierten Bischöfe und städtische Obrigkeiten den katholischen Festkalender gegen den Widerstand von Landbevölkerung und Landklerus (Chenaux-Handel). 1911 verminderte Papst Pius X. die Anzahl der Feiertage rigoros. Anders als in den reformierten Gebieten wurde der Karfreitag nur ausnahmsweise zum Feiertag erhoben. Das barock geprägte Fronleichnamsfest zu Ehren der Altarsakramente stand im Vordergrund. In den letzten Jahren verloren weitere Feiertage den allgemein gültigen Charakter, so gelten zum Beispiel der Josefstag (19. März) oder Mariä Empfängnis (8. Dezember) nur noch in wenigen Kantonen als Feiertage.

Bereits im Mittelalter griff die Obrigkeit lokal mit disziplinierenden Regelungen ein, welche die Heiligung der Feiertage forderten oder Verbote (z.B. Marktfahren an Feiertagen) enthielten. Im 16. und 17. Jahrhundert verstärkte sich dieser Zugriff auf das Verhalten der Bürger, was sich auch in Mandaten über die Feiertagsruhe oder das Kleidertragen beim Kirchgang äusserte.

Zu den Feiertagen, die den Feiertagsordnungen der Landeskirchen entsprachen, kam 1832 durch einen Beschluss der Tagsatzung der eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag (Bettag) am 3. Septembersonntag hinzu. In Genf wurde erstmals 1567 ein Fast- und Bettag gefeiert, der ohne Regelmässigkeit an wichtigen Ereignissen der Lokalgeschichte wiederholt wurde. Die evangelischen Stände und ihnen zugewandte Orte begingen den Tag ab 1639 (ohne fixiertes Datum).

Im 19. Jahrhundert erfuhr der Festkalender eine zunehmende Säkularisierung. Schlachtfeiern (Schlachtjahrzeiten) wurden als Mittel zur nationalen Integration wieder belebt, wodurch neue Feiertage entstanden, zum Beispiel die Murtener Schlachtfeier (22. Juni). Ferner beging man Gedenktage historischen oder politischen Charakters als Feiertage, etwa die Fête de la République in Neuenburg (1. März) oder die Escalade in Genf (Wochenende um den 11. Dezember). Der 1979 gegründete Kanton Jura feiert sein Unabhängigkeitsfest (23. Juni) anstelle des Johannistages (24. Juni). Der Erste Mai, der 1890 aufgrund eines Beschlusses der Zweiten Internationale erstmals gefeiert wurde, gilt nicht als Feiertag, sondern in einzelnen Kantonen als Ruhetag. Anders der 1. August (Bundesfeier), der seit der eidgenössischen Volksabstimmung 1993 arbeitsfreier Bundesfeiertag ist. Verschiedene Feiertage, deren Wurzeln oft im mittelalterlichen Brauchtum liegen, wurden im 19. Jahrhundert wieder belebt, zum Beispiel das Sechseläuten (3. Montag im April) in Zürich. Sie gelten lokal als Ruhetage.

Kantonale Feiertage 2003
Kantonale Feiertage 2003 […]

Das eidgenössische Fabrikgesetz von 1877 bestimmte, dass die Kantone acht Feiertage im Jahr bezeichnen konnten, die als Sonntage galten. Diese Regelung wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ins Arbeitsgesetz übernommen und in kantonale Ruhetagsgesetzgebungen umgesetzt. Infolge kantonaler und lokaler Regelungen bestehen zwischen den Kantonen und sogar den Gemeinden innerhalb des gleichen Kantons Differenzen bezüglich der Anzahl der Feiertage. Während der religiöse Inhalt der Feiertage an Bedeutung verloren hat, werden in jüngster Zeit vor allem Ostern, Pfingsten und Weihnachten touristisch und kommerziell genutzt. Die Feiertage bieten Gelegenheit für ein verlängertes Wochenende oder werden zu einer Ferienwoche ausgedehnt.

Quellen und Literatur

  • H. Stokar, Sonntagsgesetzgebung im alten Zürich, 1949
  • Das Jahr der Schweiz in Fest und Brauch, hg. von R. Thalmann, 1981
  • R. Pfister, Kirchengesch. der Schweiz 3, 1984, 346-351
  • H. Wicki, Staat, Kirche, Religiosität, 1990, 352-357
  • LThK 3, 1250-1258
Weblinks

Zitiervorschlag

Andrea Weibel: "Feiertage", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.09.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/016124/2008-09-02/, konsultiert am 19.03.2024.