
17.11.1920 Genf, 4.3.2019 Morges, israelitisch, von Genf. Sohn des Aron, Arztes, und der Sulka geborene Frydman. Jacqueline H. Sirman. Studium der Geisteswissenschaften und der Medizin an der Universität Genf, 1957 Dr. phil., 1960 Dr. med. Praktika und Stellvertretungen in Baltimore, Lausanne und Basel. Nach einer Abhandlung über Montesquieu (1953) fand Jean Starobinski mit seiner Dissertation über Jean-Jacques Rousseau weltweite Beachtung. In dieser Studie verband er eine auch auf psychoanalytische Methoden zurückgreifende Interpretation der Persönlichkeit des jeweiligen Schriftstellers auf neuartige Weise mit einer subtilen Untersuchung dessen Sprachstils, ein charakteristisches Verfahren, das auch seine späteren Werke auszeichnen sollte. 1958 übernahm er einen Lehrstuhl für Medizingeschichte, Ideengeschichte und französische Literatur an der Universität Genf. Mit seinen Lehrern Georges Poulet und Marcel Raymond gilt er als einer der bedeutendsten Vertreter der sogenannten Genfer Schule. Er war ein hervorragender Kenner der Epoche der Aufklärung ("Die Erfindung der Freiheit, 1700-1789", 1964, französisch 1964; "1789, die Embleme der Vernunft", 1981, französisch 1973) und verfasste profunde Studien zum Thema der Melancholie (Charles Baudelaire, Søren Kierkegaard, Franz Kafka). Zu seinen Hauptwerken zählt die Monografie "Montaigne: Denken und Existenz" (1986, französisch 1982). Starobinski verfasste ausserdem zahlreiche Aufsätze, die thematisch 28 Jahrhunderte europäische Kulturgeschichte umspannen. Zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem 1984 den Premio Eugenio Balzan, und mehrere Ehrendoktorate.