Der noch junge statistische Begriff des Haushaltsbudgets beschreibt, wie die privaten Haushalte ihre Konsumausgaben während einer bestimmten Zeit auf die verschiedene Produktegruppen verteilen. Die Erfassung des Konsumverhaltens dient der Gewichtung der Lebenskostenindizes, der Schätzung des Gesamtkonsums für die nationale Buchhaltung oder Marketingzwecken.
Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Haushaltsbudget ist aus der sozialen Frage des 19. Jahrhunderts hervorgegangen; der erste internationale Statistikkongress (Brüssel 1853) offenbarte die Heterogenität der ab dem 18. Jahrhundert erhobenen Daten und zugleich die Notwendigkeit vergleichender Studien. 1857 wies der Deutsche Ernst Engel den Einfluss der Haushaltszusammensetzung auf den Konsum nach und formulierte das Gesetz, wonach der für die Ernährung aufgewendete Anteil mit steigendem Einkommen sinkt. Um die Armutsgrenzen bestimmen zu können, analysierte Emile Cheysson (1890) die Ausgaben von hundert Arbeiterfamilien verschiedener Länder und Benjamin Seebohm Rowntree (1901) die Existenzbedürfnisse der Familien von York. Dank der Arbeiten von Jon Sigbert Prais und Hendrik Samuel Houthakker (1971) sowie von Gary Stanley Becker (1981) über die ökonomische Rationalität nicht kommerzieller Transaktionen innerhalb der Familie erfuhr die Analyse der Haushaltsbudgets seit 1950 einen Aufschwung.
In der Schweiz publizierte der Genfer Gustave Moynier schon 1867 einige Resultate, die sich auf das ganze Land bezogen. Die Arbeiterbudgets in Basel und im Thurgau studierten 1873 der Zürcher Professor Victor Böhmert und Ende 19. Jahrhundert Carl Landolt und Emil Hofmann. Aber die systematische Erfassung der Ausgaben privater Haushalte entwickelte sich parallel zur Berechnung des Landesindexes der Konsumentenpreise (Konsumentenpreisindex), der 1922 eingeführt und seither mehrfach revidiert wurde (1926, 1939, 1966, 1977, 1982, 1993, 2000). Zur Zusammenstellung des Warenkorbs mit repräsentativen Gütern und Dienstleistungen führte das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (Biga) 1975-1786 jährliche Erhebungen zu den Budgets von ungefähr 500 Haushalten durch; seit 1987 obliegen diese dem Bundesamt für Statistik. Die Erhebung von 1990, die sich auf 1994 Angaben für das ganze Jahr und 10'177 Monatsaufstellungen stützte, lieferte zum ersten Mal ein repräsentatives Bild des Konsumverhaltens. Der Warenkorb, welcher der Berechnung des Landesindexes der Konsumentenpreise 1993-2000 zu Grunde lag, enthielt 276 gewichtete Positionen von Gütern und Dienstleistungen, gruppiert in acht Kategorien. Um dem veränderten Konsumverhalten Rechnung zu tragen, wurden 2000 die Bedarfsgruppen, nunmehr zwölf, neu strukturiert. Mit dem steigenden Wohlstand ist der prozentuale Anteil jener Artikelgruppen, welche die lebensnotwendigen Güter betreffen, seit 1945 ständig gesunken. Das grosse Gewicht der Posten Wohnen und Energie (2005 25,8%) und Gesundheitspflege (16,3%) sind schweizerische Besonderheiten. Der aktuelle Warenkorb weist einige Mängel auf: Die Gewichtungskoeffizienten sind Mittelwerte und vernachlässigen die Zusammensetzung der Haushalte. Der Anteil der Ausgaben für Nahrung, Wohnen oder Gesundheit nimmt aber mit steigender Personenzahl zu, während er für andere Posten, zum Beispiel Mobilität und Steuern, sinkt. Noch gravierender ist der Umstand, dass wichtige Rubriken (Ersparnisse, Steuern, Sozialversicherungen) fehlen. Und schliesslich bedarf es auch einer Analyse der Einnahmequellen, um ein vollständiges Bild von der Buchhaltung privater Haushalte zu gewinnen.
Historiker haben versucht, Haushaltsbudgets früherer Zeiten in groben Zügen zu rekonstruieren. Doch es ist schwierig, die Preise und auch die oft teilweise in Naturalien ausgerichteten Löhne zu eruieren. Man nimmt im Allgemeinen an, dass in einer vorindustriellen Gesellschaft 70% der Ausgaben für die Ernährung aufgewendet wurden. In der Schweiz von 1912 war dieser Anteil auf ca. 44% für einen Arbeiter- und 36% für einen Angestelltenhaushalt gesunken; am Anfang des 21. Jahrhunderts lag er im Durchschnitt bei 11-12%.