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Beleuchtung

Der grösste Teil der menschlichen Geschichte war dominiert vom Gegensatz zwischen Tag und Nacht, Hell und Dunkel. Bis ins 19. Jahrhundert konnten lediglich – und oft nur rudimentär – die Innenräume künstlich erhellt werden. Die systematische Beleuchtung von Plätzen, Strassen und öffentlichen Gebäuden ermöglichte es dann, den prägenden Rhythmus von Tag und Nacht abzuschwächen. Damit hat die Nacht im 20. Jahrhundert viel von ihrer unheimlichen Seite verloren.

Allgemeines

Soweit die Helligkeit des offenen Herdfeuers nicht genügte, entfachte der Mensch in vor- und frühgeschichtlicher Zeit vor allem Kienspäne, Fackeln, Birkenrindenkerzen oder Pechpfannen. Bereits in vorgeschichtlichen Bergwerken, unter anderem im österreichischen Hallstatt (1000 v.Chr.), wurden massenweise Überreste von Kienspänen gefunden. Kienspanhalter sind aus römischer Zeit wie auch aus dem Mittelalter und aus der frühen Neuzeit erhalten.

Im Mittelalter erhellten in erster Linie Kerzen, vorab aus tierischen Fetten (Unschlitt, Talg), die Wohnhäuser. Stearin- und Paraffinkerzen kamen erst 1835 bzw. um 1850 in den Handel. Kerzengiessmaschinen wurden ab 1848 verwendet (Manchester). Talglampen bestanden ursprünglich aus einer flachen Schale mit schwimmendem Docht. Die Öllampe erfuhr in der frühen Neuzeit und im 19. Jahrhundert technische Verbesserungen: 1765 wurde in Meissen (Sachsen) die Pumplampe entwickelt und 20 Jahre später konstruierte der Genfer Physiker Ami Argand die sogenannte Argandlampe mit Hohldocht und Glaszylinder. 1809 folgte die ebenfalls in Genf entwickelte Astral- oder Sinumbralampe, die ein sternförmiges Licht ohne störende Schattenwürfe ausstrahlte und 1836 die Erfindung der Moderateur- oder Regulatorlampe (dosierte Brennstoffzufuhr mittels Steigrohr und Druckfeder). 1854 wurde in Pennsylvania (USA) die erste Petroleumgesellschaft gegründet.

1783 erzeugte der Holländer Jan Pieter Minckelaers aus Steinkohle ein brennbares, leuchtendes Gas. Der Engländer William Murdock erhellte 1792 sein Haus und 1798 die Fabrik von Boulton & Watt im Londoner Quartier Soho mit Gaslicht. Die Industrie förderte das Gaslicht, um auch nachts mit billigem Licht produzieren zu können. Gas war in England ein Abfallprodukt der Schiffbauindustrie, das bei der Herstellung von Steinkohleteer anfiel. Schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte sich in England und in den USA für Fabriken und Strassen die Gasbeleuchtung durch (zuerst offene Gasflamme, ab 1886 Gasglühstrümpfe, das sogenannte Auerlicht).

Elektrisches Bogenlicht, das bis zur Entwicklung des Dynamos durch Werner von Siemens (1867) ausschliesslich von galvanischen Elementen gespeist wurde, kam nach 1841 auf (Elektrifizierung). Das gleissende, scheinwerferartige Bogenlicht, das durch die Entladung von Kohlestäben entstand, eignete sich nicht für die Hausbeleuchtung. Schon 1854 stellte Heinrich Goebel eine elektrische Glühlampe her, und 1879 verhalf Thomas Edison der Glühbirne zum Durchbruch. Glühbirnen mit Metall- statt Kohlenfaden kamen 1902 in den Handel. 1910 wurden die gasgefüllte Glühlampe und die Neonlampe (seit 1930 innen beschichtet) entwickelt, 1911 die Glühbirnen normiert (25, 40, 60, 100 und 125 Watt). Weitere Innovationen waren um 1950 die Spotlampe, um 1960 die Halogenlampe und um 1980 die Energiesparlampe.

Die Beleuchtung in der Schweiz

Öllampen kamen im Gebiet der heutigen Schweiz erst in römischer Zeit auf. Der bisher grösste Fundkomplex (rund 3000 Stück) stammt aus dem Legionslager Vindonissa. Die weiteste Verbreitung fanden Schalenlampen mit schnabelförmigen Brennöffnungen (sogenannte Schnauzen), zum Teil mit Bildstempeln versehen. In Vindonissa, in Lousonna sowie in Bern-Engehalbinsel gab es Lampentöpfereien. Für den nächtlichen Ausgang dienten Handlaternen (Bronzelaterne aus dem Versteckfund eines Arztes in Kaiseraugst).

Archäologische und Bildquellen liefern Informationen zur Beleuchtung der Häuser in der mittelalterlichen Schweiz. Eiserne Lampenschalen mit Hängevorrichtungen (12. Jh. und später) kamen bei archäologischen Untersuchungen von Burgen zum Vorschein, unter anderem in Nänikon (Gemeinde Uster) und Madeln (Gemeinde Pratteln). In repräsentativen Räumen befanden sich häufig Nischen für Kerzen und Lampen. Spätmittelalterliche Schrift- und Bildquellen aus Städten liefern zahlreiche Hinweise auf die Verwendung von Talgkerzen und -lichtern, seltener von Öllampen. Noch im frühen 20. Jahrhundert berichten Gewährsleute aus dem Bündnerland und aus dem Tessin von Birkenrindenkerzen.

Die Lampe. Öl auf Leinwand von Giovanni Giacometti, 1912 (Kunsthaus Zürich).
Die Lampe. Öl auf Leinwand von Giovanni Giacometti, 1912 (Kunsthaus Zürich). […]

Der Umgang mit Petrollicht im Alltag um 1900 ist im Kanton Basel-Landschaft exemplarisch erforscht: In der Regel waren nur die Küche und die Stube beleuchtet. Über die Verwendung des Lichts entschieden die Haushaltsvorstände. Die Familie versammelte sich am Abend im Lichtfeld einer einzigen Lampe, und beim Zubettgehen wurde das Licht ins Schlafzimmer getragen. Elektrischer Strom war in der Anfangszeit sehr teuer und deshalb ausgesprochenes Luxusgut. 1884 kostete zum Beispiel in Lausanne der Betrieb einer Edisonlampe von 16 Kerzen Lichtstärke 9 Rp. pro Stunde bzw. 1,35 Fr. pro Kilowattstunde, was dem vierfachen Stundenlohn eines gelernten Arbeiters entsprach. Erst die Rationierung fossiler Brennstoffe im Ersten Weltkrieg und die forcierte Nutzung der einheimischen Wasserkraft leiteten den Umschwung zugunsten der elektrischen Hausbeleuchtung ein.

Ein Laternenbenz (Laternenbetreuer) in den Strassen von Bern, gezeichnet von Karl Howald in einer Randspalte des vierten Bandes seiner Stadtbrunnenchronik, um 1840 (Burgerbibliothek Bern, Mss.h.h.XXIb.364, S. 128).
Ein Laternenbenz (Laternenbetreuer) in den Strassen von Bern, gezeichnet von Karl Howald in einer Randspalte des vierten Bandes seiner Stadtbrunnenchronik, um 1840 (Burgerbibliothek Bern, Mss.h.h.XXIb.364, S. 128).

Nicht nur praktischen, sondern auch verschiedenen symbolischen Zwecken diente die Beleuchtung von sakralen Räumen. Im 1961 entdeckten spätantiken Silberschatz von Kaiseraugst (Mitte 4. Jh.) befand sich ein Kerzenleuchter von 117 cm Höhe, der wie ein sakraler Gegenstand anmutet. Schon vor der Jahrtausendwende entstanden christliche Nachbildungen des jüdischen siebenarmigen Leuchters. Hängende Rad- oder Kronleuchter, welche das himmlische Jerusalem symbolisierten, galten als Prunkstücke. Daneben gab es auch einfachste Kerzenstöcke und Lichtrechen, wie sie heute noch in katholischen Kirchen stehen. Neben Wachskerzen erleuchteten Öl- und Talglampen die Gotteshäuser. Dafür gibt es Hinweise in schriftlichen Quellen (u.a. Fraumünster Zürich), Bildquellen (Glasfenster von Königsfelden) wie auch aus Bodenfunden (Überreste von Talglampen bei den archäologischen Untersuchungen der Stadtkirchen St. Johann in Schaffhausen und St. Laurentius in Winterthur). An die eindrückliche vorreformatorische Kirchenbeleuchtung erinnert der Zürcher Chronist Gerold Edlibach: An Samstagen und Feiertagen brannten über 70 Ampeln ums Grossmünster. Im Kult verwendete man zudem tragbares Licht wie Wandelkerzen, Kerzenstangen (vorab Bruderschaften und Zünfte) und Laternen.

Laterne am Fröschengraben in Zürich. Mit GIB signierte Zeichnung von 1813 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Laterne am Fröschengraben in Zürich. Mit GIB signierte Zeichnung von 1813 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

Spärlich war die öffentliche Beleuchtung in vorindustrieller Zeit. In den spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten richtete sich das Alltagsleben nach der natürlichen Helligkeit. Es war Sache der Hausbewohner oder allenfalls von Nachbarschaften, abends eine Laterne vor dem Haus brennen zu lassen. Davon zeugen sogenannte Lichthäuschen (mit Windschutz). Der Schein dieser Hauslaternen diente indes lediglich als Positionslicht. Wer nachts die Strasse betrat, musste ein Handlicht tragen, das den ehrlichen Stadtgänger kennzeichnete. Wer ohne Licht im Dunkeln ging, machte sich krimineller Absichten verdächtig und konnte nur schon deswegen bestraft werden. Die sporadische Beleuchtung des öffentlichen Raums, zum Beispiel bei Festen, bei Bränden usw., erfolgte mit Fackeln, Pechpfannen oder – wenn auch verboten – mit einem brennenden Strohwisch. Die regelmässige, mit Steuern oder Abgaben finanzierte Strassenbeleuchtung (Öllampen) kam erst im ausgehenden Ancien Régime auf. Sie war Bestandteil der «Guten Polizey» (öffentliche Wohlfahrtspflege). Das Licht erleichterte der Obrigkeit auch die soziale Kontrolle. Genf und Bern führten die Strassenbeleuchtung Mitte des 18. Jahrhunderts ein. Zürich machte erst 1778 einen bescheidenen Anfang und erhob ab 1806 eine Lampensteuer.

Ausschnitt eines Plakats von Oskar Zimmermann aus dem Jahr 1927 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Ausschnitt eines Plakats von Oskar Zimmermann aus dem Jahr 1927 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste). […]

Die Einführung der Strassenbeleuchtung war nicht unumstritten. Konservative Kräfte sahen im künstlichen Licht einen Eingriff in die göttliche Ordnung. Ein handfester Lampenstreit (1819-1821) zwischen Liberalen und Konservativen ist aus Winterthur überliefert. Noch vor der Mitte des 19. Jahrhunderts führten die ersten Schweizer Städte die Gasbeleuchtung ein: Bern 1843, Genf 1844, Lausanne 1848. Basel folgte 1852, Zürich 1856. Die elektrische Beleuchtung mit Bogenlicht wurde der Schweizer Bevölkerung an Festen und Ausstellungen vorgeführt, zum Beispiel 1877 an der Landwirtschaftsausstellung in Freiburg, 1880 am Eidgenössischen Sängerfest in Zürich sowie selbenorts an der Landesausstellung 1883. Elektrische Beleuchtungen kamen in den 1880er Jahren vor allem in städtischen Zentren und an Fremdenverkehrsorten (z.B. St. Moritz 1879, Luzern 1886) auf, wo sie vorerst repräsentativen Zwecken dienten. Mit der Zeit wurde die öffentliche Beleuchtung immer weniger als Luxusgut betrachtet. An Anlässen wie der Zürcher Lichtwoche von 1932 wurden der Bevölkerung moderne Stadt- und Überlandstrassen-Beleuchtungen vorgeführt und die Fassaden historischer und repräsentativer Bauten angestrahlt. Zudem hielt die Lichtreklame (Neon) Einzug. Licht diente fortan auch städtischer Selbstdarstellung und der Werbung: Hell erleuchtete Etagen in finsterer Nacht laden zum Konsum ein, städtische Wahrzeichen und öffentliche Repräsentationsbauten werden nachts angestrahlt.

Quellen und Literatur

  • A. Leibundgut, Die röm. Lampen in der Schweiz, 1977
  • R. Michel, Die Beleuchtung des Bürgerhauses im SpätMA, Liz. Zürich, 1986
  • M. Savoy, Lumières sur la ville: introduction et promotion de l'électricité en Suisse, l'éclairage lausannois 1881-1921, 1987
  • K. Eder Matt, D. Wunderlin, Weil noch das Lämpchen glüht, Ausstellungskat. Basel, 1988
  • A. Reinle, Die Ausstattung dt. Kirchen im MA, 1988, 108-119
  • N. Ulmi, «Les immenses avantages de la clarté", ou comment la ville de Genève décida de s'éclairer au gaz (1838-1843)», in Bull. du département d'histoire économique de l'université de Genève, 1991-92, Nr. 22, 33-56
  • K. Egger, Von der Gaslaterne zum Erdgas, 1993, 14-29
  • M. Suter, «Winterthur 1798-1831», in Njbl. der Stadtbibliothek Winterthur 323, 1993, 275-278
  • F. Blumer-Onofri, Die Elektrifizierung des dörfl. Alltags, 1994
  • B. Gnädinger, G. Spuhler, Frauenfeld, 1996, 80-96
  • D. Gugerli, Redeströme, 1996
Weblinks

Zitiervorschlag

Martin Illi: "Beleuchtung", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 25.02.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/016232/2011-02-25/, konsultiert am 21.03.2025.