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Untertan

Untertan (lateinisch subditus) bezeichnete im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit die der Territorialherrschaft unterworfene Person. Als Sammelbegriff meint Untertanen Gruppen mit sozioökonomisch und rechtlich unterschiedlichem Status. Ab dem 16. Jahrhundert sprach die Obrigkeit auch die Hintersassen von Zwischengewalten, zum Beispiel einer Grund- oder Gerichtsherrschaft (Herrschaft), als Untertanen an.

Als Landesangehöriger unterschied sich der Untertan vom politisch vollberechtigten Bürger bzw. Landmann und vom rechtlosen Fremden. Er schwor der Obrigkeit Treue und Gehorsam (Huldigung), wogegen sich die Obrigkeit zu seinem Schutz, zur Wahrung der lokalen Rechte und Freiheiten sowie zu einem fürsorglichen Regiment (Paternalismus) verpflichtete. Mandate und Predigten normierten den Lebenswandel der Untertanen im Sinne der christlichen Tugendlehre. Grundsätzlich zwar ohne rechtliche Teilhabe an der höchsten politischen Gewalt, wurden die Untertanen der Städteorte im 15. und 16. Jahrhundert zu Fragen der Landespolitik angehört (Ämteranfragen). In der landesherrlichen Vogteiverwaltung konnten Untertanen, zum Beispiel als Untervögte, die Landvögte vertreten. Gewaltsamer Widerstand von Untertanen gegen die Intensivierung der staatlichen Herrschaft war häufig (Soziale Konflikte, Ländliche Unruhen, Städtische Unruhen). Huldrych Zwingli und calvinistische Staatstheoretiker räumten Untertanen bzw. nachgeordneten Obrigkeiten theoretisch ein Widerstandsrecht gegen eine Herrschaft ein, die göttliche Gebote verletzte.

Mit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert löste der Staatsbürger mit konstitutionellen Menschen- und Bürgerrechten den Untertan als Bezeichnung für die zentrale politische Angehörigkeitsbeziehung im Staat ab. Die Helvetische Republik beseitigte 1798 die Untertanengebiete ebenso wie die Gemeinen Herrschaften. Nach der Restauration hoben die liberalen Kantonsverfassungen 1831 und die Bundesverfassung 1848 (Artikel 4) die Untertanenverhältnisse und alle ständischen Vorrechte der Geburt, Person oder Familie definitiv auf.

Quellen und Literatur

  • Idiotikon 13, 1-17
  • C. Simon, Untertanenverhalten und obrigkeitl. Moralpolitik, 1981
  • A. Holenstein, «Polit. Partizipation und Repräsentation von Untertanen in der alten Eidgenossenschaft», in Landschaften und Landstände in Oberschwaben, hg. von P. Blickle, 2000, 223-249
  • Enz. der Neuzeit 13, hg. von F. Jaeger, 2011, 1095-1101
Weblinks

Zitiervorschlag

André Holenstein: "Untertan", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 29.08.2016. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/016356/2016-08-29/, konsultiert am 05.10.2024.