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Verkehrsvereine

Für Werbung und Entwicklung waren touristisch geprägte Orte (Tourismus) lange auf die Unterstützung ihrer auswärtigen Partner wie Reisebüros, Reiseführer und Eisenbahngesellschaften angewiesen. Als die Konkurrenz ab den 1880er Jahren zunahm, suchten sie nach Möglichkeiten, selbst Besucherinnen und Besucher anzulocken. In Berggemeinden wie Zermatt und Grindelwald, in denen der Alpinismus einen grossen Aufschwung erlebte, vermittelten Büros von Bergführervereinigungen Unterkünfte, aber auch Stellen. Daneben vertraten sie den Berufsstand nach aussen, beeinflussten die lokale Tourismuspolitik aber nicht direkt.

Auf Druck der Hotelbranche (Gastgewerbe) entstanden in den Tourismusorten Verkehrsvereine als Fördervereine. Sie vertrieben Reiseführer, Pläne, Karten, Informationen und unterhielten Büros, die diese Unterlagen zur Verfügung stellten. Um möglichst viele Gäste anzuziehen, förderten sie auch den Ausbau der nötigen Infrastruktur und der Sehenswürdigkeiten. Die ersten Städte mit Verkehrsvereinen waren 1885 Zürich und Lausanne sowie 1889 Genf, gefolgt von anderen Städten und Bergdörfern. Die Aktivitäten der Verkehrsvereine richteten sich dabei nach der touristischen Bedeutung des jeweiligen Orts. 1893 entstand zur besseren Koordination auf nationaler Ebene der Verband Schweizerischer Verkehrsvereine, dem zu Beginn neun Verkehrsvereine beitraten. Die Rivalität unter den Mitgliedern hielt den Verband lange klein, die wachsende Konkurrenz ausländischer Destinationen stärkte aber seine Bedeutung: 1914 bestand er aus 88 Verkehrsvereinen und 30'000 Einzelmitgliedern, 1993 aus 220 Verkehrsvereinen und 100'000 Einzelmitgliedern. Diese Bedeutung vermochte er aber nicht zu halten. Als Verband Schweizer Tourismusmanager präsentiert er sich seit 2003 vor allem als Berufsverband. Die 1917 gegründete Schweizerische Verkehrszentrale, die mit ihren Zweigstellen im Ausland für den Tourismus in der Schweiz warb, baute ihren Einfluss hingegend laufend aus und ist seit 1996 als Schweiz Tourismus tätig.

Als Interessengruppen verfochten die Verkehrsvereine auch eine Politik der Stadtentwicklung, indem sie den Bau von Trottoirs, Quais, Promenaden, Parks und Plätzen forderten. Sie engagierten sich für bauliche Massnahmen zur Verbesserung der Hygiene, etwa mit dem Bau von Kanalisationen, für die Verschönerung der Ortsbilder und die Regulierung des lokalen Verkehrs. Als Anfang des 20. Jahrhunderts der Wintersport aufkam, setzten sie sich für den Bau von Skipisten, Ski- und Sesselliften sowie Eisbahnen ein. Während der Saison organisierten sie Konzerte, Ausflüge, Turniere und Feste. Sie bemühten sich um die Kontrolle der Konkurrenz vor Ort und erliessen in Zusammenarbeit mit den Behörden entsprechende Reglemente, zum Beispiel zur Einschränkung der Hotelpatente oder Bau- und Renovationsrichtlinien. Auch die Verbesserung der Verkehrsanbindung machten sie sich zur Aufgabe. Die Beiträge privater Partner (Hoteliers, Geschäftsbesitzer) sicherten die Existenz der Verkehrsvereine und die von Gemeinden und Kantonen eingeführten Kurtaxen liessen sie zu festen Einrichtungen werden. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts verfügten die Verkehrsvereine über beachtliche Mittel und waren nicht mehr nur für den Tourismus, sondern für die gesamte Freizeitgestaltung der Gemeinden unentbehrlich.

Quellen und Literatur

  • P. Huber, Luzern wird Fremdenstadt, 1986
  • H. Rathgeb, Die Schweiz als Ferienland und Lebensraum, [1993]
  • S. Bavaud, L'action de la Société de développement de la ville de Fribourg (1899-1960), Liz. Freiburg, 1998
Weblinks

Zitiervorschlag

Laurent Tissot: "Verkehrsvereine", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 28.03.2013, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/016456/2013-03-28/, konsultiert am 18.04.2024.