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Gewerkschaft Textil, Chemie, Papier (GTCP)

GTCP hiess ab 1963 der Schweiz. Textilarbeiterverband (ab 1937 Schweiz. Textil- und Fabrikarbeiterverband, STAV/STFV), bis er 1993 mit der Gewerkschaft Bau und Holz zur Gewerkschaft Bau und Industrie fusionierte.

Obwohl die Textilindustrie bis zur Weltwirtschaftskrise die meisten Beschäftigten zählte, fassten in diesem Bereich die Gewerkschaften erst Ende des 19. Jh. zögerlich Fuss. In Basel und der Region Zürich lebende, meist in Fabriken arbeitende Färber und Posamenter einerseits sowie Heimarbeiter aus Stickerei und Weberei der Ostschweiz anderseits vereinten 1903 ihre Organisationen zu einer losen Föderation, aus der 1908 der STAV als Einheitsverband hervorging. 1914 wies der Schweizerische Gewerkschaftsbund diesem die Chemie-, 1926 die Papierarbeiter vom aufgelösten Verband der Papier- und graf. Hilfsarbeiter zu. 1915 spalteten sich die Heimarbeiter von den sich an der sozialist. Bewegung orientierenden Fabrikarbeitern ab und gründeten einen eigenen Verband, der 1948 grösstenteils zum Schweiz. Textil- und Fabrikarbeiterverband zurückkehrte.

Der STAV blieb lange unstabil. 1915-19 wuchs der Bestand von 2'231 auf 23'991 Mitglieder, fiel dann bis 1925 auf 7'626, bis 1940 gar auf 6'890. Die Wende brachten die zuvor kaum organisierten Arbeiter der Chemischen Industrie, die ab 1940 den Industriearbeiterverband aufbauten und diesen im Okt. 1941 als stabilen Kern in den Schweiz. Textil- und Fabrikarbeiterverband einbrachten. Die Mitgliederzahl erreichte mit 38'648 Personen (ohne Heimarbeiter) 1946 ihren Höhepunkt. Bis 1955 sank der Bestand rasch auf 23'884, dann bis 1991 langsam auf 11'581 Mitglieder. 1917-25 überwogen Frauen, was sich allerdings nicht in den Organen der Gewerkschaft niederschlug.

Abgesehen von den Jahren 1943-47 blieben Streiks selten. Als Verhandlungspartner wurde der STAV erst 1919 breit anerkannt. In der Chemiebranche schloss der Verband 1945 den ersten umfassenden Gesamtarbeitsvertrag für eine schweiz. Exportindustrie überhaupt ab. Danach verbreiteten sich solche Verträge auch in der Textilindustrie. Deren Niedergang und die Verschiebung von Arbeiter- zu Angestelltenberufen in der Chemiebranche schwächten die GTCP in den 1970er und 80er Jahren, so dass sie Anschluss an einen starken Partner suchte.

Quellen und Literatur

  • Sozarch
  • E. Marti, 50 Jahre Schweiz. Textil- und Fabrikarbeiter-Organisation, 1903-53, 1954
  • Gruner, Arbeiterschaft 2
  • R. Fluder et al., Gewerkschaften und Angestelltenverbände in der schweiz. Privatwirtschaft, 1991
  • T. Gerlach, Ideologie und Organisation, 1995
Weblinks

Zitiervorschlag

Bernard Degen: "Gewerkschaft Textil, Chemie, Papier (GTCP)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.11.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/016489/2010-11-18/, konsultiert am 18.04.2024.