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Henzi-Verschwörung

1749 versuchte in Bern die im Rat nicht vertretene Bürgerschaft das regierende Patriziat, das damals ca. 80 der insgesamt 350 Burgerfamilien umfasste, zu stürzen. Dieser Machtkampf, der in Bern zunächst als «Burgerlärm» fortlebte – die Bezeichnung Henzi-Verschwörung kam erst etwas später in ausländischen Zeitungen auf –, war ähnlich gelagert wie andere städtische Unruhen in den patrizischen Orten des 17. und 18. Jahrhunderts; er richtete sich gegen die Alleinherrschaft einer immer kleiner werdenden Zahl an Familien, welche die Ratsstellen und damit auch die lukrativen Staatsämter monopolisierten. Unzufriedenheit zurückgesetzter Bernburgerfamilien hatte sich schon 1710, 1735 und 1744 in Denkschriften geäussert, die eine Änderung des Wahlmodus für den Grossen Rat und die Öffnung des Patriziates durch Zulassung aller Burgerfamilien zum Regiment forderten. Die Patrizier hatten vor allem 1744 mit harten Strafen reagiert; unter anderem war auch Samuel Henzi, der damals die Denkschrift verfasst hatte, verbannt worden.

Urheber der Verschwörung 1749 waren Handwerker sowie Gewerbetreibende wie Gabriel und Emanuel Fueter, Niklaus Wernier, Gottfried Kuhn, die den schreibgewandten Henzi einbezogen. Dieser entwarf in einem erneuten Memoriale eine Neuordnung Berns, die traditionelle (Zunftverfassung) und revolutionäre Elemente (Gemeindeversammlung als oberstes Organ, Amtszeitbeschränkung für vom Volk gewählte Magistrate, Neuorganisation des Kleinen Rats, jährlichen Abrechnung der Staatskasse, Öffnung der Archive) beinhaltete. Die Verschwörung, am 25. Juni 1749 in der Indiennefärberei des Johann Friedrich Küpfer im Sulgenbach initiiert, wurde bereits am 2. Juli durch den Theologiestudenten Friedrich Ulrich verraten, als erst ein vager Umsturzplan vorlag. Die Regierung handelte aus Furcht vor einem landesweiten Aufstand rasch: Nach geheimen Nachforschungen in Bern am 3. Juli liess sie anderntags die Stadt militärisch sichern und ca. 70 Verschwörer verhaften; von den Anstiftern konnten nur Gabriel Fueter und Gottfried Kuhn entkommen. Obschon die Verschwörung damit zerschlagen war, fiel das Strafgericht exemplarisch aus: Henzi, Wernier und Emanuel Fueter wurden am 17. Juli enthauptet, die andern Verschwörer unter Hausarrest gestellt oder verbannt. Damit war die Opposition gegen das Patriziat für lange mundtot gemacht. Erst 1779 erhielten die Nachfahren der Verschwörer das Burgerrecht zurück; 1780 durften die Verschwörer selbst zurückkehren.

Die Verschwörung fand vor allem in der ausländischen Presse grosse Beachtung und wurde dort mitunter regelrecht verklärt. Lessing regte sie zu einem Drama an, das 1753 als Fragment veröffentlicht wurde.

Quellen und Literatur

  • Feller, Bern 3, 447-463
  • A. Würgler, Unruhen und Öffentlichkeit, 1995, v.a. 99-106, 207-212, 240-243
  • U. Hafner, «Auf der Suche nach Bürgertugend. Die Verfasstheit der Republik Bern in der Sicht der Opposition von 1749», in Republikan. Tugend, hg. von M. Böhler et al., 2000, 283-299
Weblinks

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Henzi-Verschwörung", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 30.08.2006. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/017206/2006-08-30/, konsultiert am 16.10.2024.