Anlass zum G. vom 13.10.1909 gab der Rückkauf der schweiz. Eisenbahnen durch die Eidgenossenschaft. Aus wirtschaftl. und polit. Sicht erschien der Erwerb der Gotthardbahn zwingend; nach Auffassung der Bundesbehörden entsprach er einem souveränen Recht, das nicht der Einwilligung der Subventionsstaaten Deutschland und Italien unterlag. Obwohl diese ab 1904 vom Entscheid unterrichtet waren, erteilten sie erst am 11.2.1909 eine gemeinsame Antwort, worin sie erklärten, dass das Rückkaufsrecht von ihrer vorherigen Zustimmung abhängig sei. Eine Konferenz von Vertretern der drei Regierungen (24. März bis 20. April) endete mit der Unterzeichnung des Vertrags. Als Ausgleich für den Verzicht auf eine Kapital- und Betriebsgewinnbeteiligung erhielten Berlin und Rom Tarifvergünstigungen, die der Gewährung der Meistbegünstigungsklausel auf dem Transitverkehr dienenden nationalen Eisenbahnnetz gleichkamen.
Die Vertragsunterzeichnung, die als Einschränkung der nationalen Souveränität betrachtet wurde, hatte eine breite Protestbewegung zur Folge. Eine von 116'000 Bürgern unterzeichnete Petition wurde der Bundesversammlung überreicht. Nachdem der Nationalrat und anschliessend der Ständerat den Vertrag im April 1913 ratifiziert hatten, lancierte das Waadtländer Komitee gegen den G. eine Initiative zur Einführung des fakultativen Referendums für Staatsverträge, die auf unbestimmte Zeit oder für mehr als 15 Jahre abgeschlossen werden. Zur Initiative, die infolge des Weltkriegs zurückgestellt wurde, nahm der Bundesrat, der in der Zwischenzeit seine Haltung geändert hatte, in zwei Berichten Stellung. Mit grossem Mehr nahm das Schweizer Volk 1921 den neuen Verfassungsartikel (nBV Art. 141 Abs. 1d und 2) an.
Im 2. Weltkrieg stützte sich die offizielle Politik der Schweiz im Transitbereich auf Art. 3 des G.s, der es erlaubte, den Transit bestimmter Waren zu beschränken oder zu verbieten, und auf Art. 7 des Haager Vertrags von 1907. Der G. ist noch immer in Kraft.