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Eingabe der Zweihundert

Die Eingabe der Zweihundert, die am 15. November 1940 an den Bundesrat gerichtet wurde, rief zur Wahrung der Neutralität auf, forderte aber vor allem im Pressewesen eine verstärkte Anpassung an das nationalsozialistische Deutschland (Zensur). Die Erstunterzeichner stammten aus dem Umfeld des 1921 gegründeten germanophilen Volksbundes für die Unabhängigkeit der Schweiz.

Die Eingabe der Zweihundert wurde von 173 Personen aus rechtsbürgerlichen akademischen, politischen und wirtschaftlichen Kreisen unterschrieben, darunter 80 Offizieren. Für die Wahrung der Freiheit und die Pflege guter Beziehungen zu allen Nachbarn wurde die "Ausmerzung" jener Presseorgane gefordert, die im Dienste fremder politischer Gedanken stünden und beherrscht seien von der "nebelhaften Vorstellung einer internationalen Weltdemokratie". In einem internen Papier des Volksbundes waren vorher namentlich die Chefredaktoren der NZZ, des "Bund" und der "Basler Nachrichten" sowie "Die Weltwoche", die "National-Zeitung" und "Die Nation" aufgeführt worden. Der mit der Eingabe der Zweihundert ausgeübte politische Druck deckte sich inhaltlich mit den Anpassungsforderungen von deutscher Seite (Intervention des deutschen Presseattachés Georg Trump im Juli 1940) und ist in direktem Zusammenhang mit den Treffen zwischen den Bundesräten Marcel Pilet-Golaz und Ernst Wetter und Anführern der äussersten Rechten vom August 1940 zu sehen.

Der Bundesrat nahm 1941 mündlich Stellung, trat aber nicht auf die Eingabe der Zweihundert ein. Publik gemacht wurde sie erst 1946, nachdem der Bundesrat innenpolitisch unter Druck geraten war. Die Kritik an anpasserischen, antidemokratischen Tendenzen in der Schweiz konzentrierte sich in der Folge auf die "Zweihundert", denen die Rolle von Sündenböcken zukam, während die zumindest ambivalente Haltung der Behörden in den Hintergrund rückte.

Quellen und Literatur

  • G. Waeger, Die Sündenböcke der Schweiz, 1971
Weblinks

Zitiervorschlag

Ruedi Brassel-Moser: "Eingabe der Zweihundert", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 07.05.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/017341/2010-05-07/, konsultiert am 18.03.2025.