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Schweizerischer Katholischer Volksverein (SKVV)

Die Bestrebungen, das katholische Organisationswesen zu modernisieren, führten 1904 zur Gründung des Schweizerischen Katholischen Volksvereins (SKVV) und damit zum Zusammenschluss von Schweizerischem Katholikenverein (Nachfolger des Piusvereins), dem Verband der Männer- und Arbeitervereine sowie der Fédération des cercles et sociétés de la Suisse romande. Auslöser bildeten zum einen der erste Schweizerische Katholikentag 1903 in Luzern, zum anderen ein Artikel von Hans von Matt im «Vaterland» vom 12./13. April 1904.

Der in Ortsvereine und Kantonalverbände gegliederte SKVV sah sich als Dachverband des katholischen Vereinswesens und übernahm die kirchlich-religiöse und kulturelle Bildungsarbeit. Gleichzeitig sollte er eine Einheit zwischen Stammlanden und Diaspora schaffen. Eindrücklichste Manifestation des durch den SKVV verkörperten Organisationskatholizismus waren die Katholikentage (insgesamt zehn zwischen 1903 und 1954). Der nur Männern offenstehende SKVV regte 1912 die Gründung des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes an, um eine vollständige Sammlung der katholischen Bevölkerung zu erreichen. Im gleichen Jahr wurden auch enge Bande zu den christlichsozialen Organisationen geknüpft und die Beziehungen zum Schweizerischen Arbeiterbund aufgelöst.

Der Episkopat verhielt sich lange Zeit dem SKVV gegenüber reserviert; erst in den 1930er Jahren erfolgte durch die Einführung der Katholischen Aktion die Unterordnung des SKVV und damit der Katholikentage unter die kirchliche Hierarchie. SKVV und Konservative Partei (gegründet 1912) waren die beiden tragenden Säulen des politischen und sozialen Katholizismus zwischen 1920 und 1950. Ab Ende der 1950er Jahre erfolgte eine schleichende Auflösung der «katholischen Sondergesellschaft». Auf pfarreilicher Ebene traten den Vereinen die Seelsorge- und Pfarreiräte zur Seite, und auf kantonaler, diözesaner und nationaler Ebene übernahmen Arbeitsgemeinschaften und Stabsstellen der Bischofskonferenz weitgehend die Aufgaben, die früher der SKVV und seine Mitgliederverbände erfüllt hatten. Sprachregional entwickelte sich der Verbandskatholizismus unterschiedlich. In der französischen Schweiz organisierten sich die Vereine als Katholische Aktion in der Communauté romande de l'apostolat des laïcs und in der Unione popolare cattolica ticinese, in der deutschen und rätoromanischen Schweiz bildete sich die Arbeitsgemeinschaft katholische Organisationen. Die Jugendorganisationen fanden sich 1981 im Schweizerischen Katholischen Jugendverband zusammen. Als Folge dieser Neugliederung wandelte sich der SKVV 1991 in einen Förderverein.

Quellen und Literatur

  • U. Altermatt, Der Weg der Schweizer Katholiken ins Ghetto, 1972 (31995)
  • R. Weibel, Schweizer Katholizismus heute, 1989
  • R. Weibel, «Was hält den Schweizer Katholizismus zusammen?», in Herder-Korrespondenz, H. 10, 1994
Weblinks

Zitiervorschlag

Alois Steiner: "Schweizerischer Katholischer Volksverein (SKVV)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.03.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/017381/2015-03-18/, konsultiert am 28.03.2024.