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Grüne Parteien

Plakat der Grünen Partei Freiburg für die Nationalratswahlen 1987 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).
Plakat der Grünen Partei Freiburg für die Nationalratswahlen 1987 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).

Die Wurzeln der heutigen Grünen Partei der Schweiz (GPS) sind vielfältig und reichen in die 1970er Jahre zurück. In verschiedenen Kantonen entstanden aus der ökologischen Bewegung gegen Autobahnprojekte oder gegen Atomkraftwerke Gruppierungen (Antiatombewegung), die sich an kommunalen, kantonalen und nationalen Wahlen beteiligten. Da in der Deutschschweiz grüne Impulse von bestehenden Parteien oder Organisationen der Neuen Linken aufgenommen wurden, waren erste Erfolge von grünen Parteien in der Romandie zu verzeichnen. So reüssierte 1972 und 1976 in Neuenburg das Mouvement populaire pour l'environnement. Eine 1973 in Lausanne gegründete Gruppierung erarbeitete 1977 das erste grüne Programm, zog 1978 als Groupement pour la protection de l'environnement ins Kantonsparlament ein und stellte 1979 mit Daniel Brélaz den ersten grünen Nationalrat. Im Kanton Zürich hingegen erreichte eine Grüne Partei 1979 bei den kantonalen Wahlen nur 0,2% und war, nach Erfolgen in Gemeindewahlen, erst vier Jahre später im Kantonsrat vertreten.

Plakat der Grünen Partei Baselland für die Nationalratswahlen 1987 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).
Plakat der Grünen Partei Baselland für die Nationalratswahlen 1987 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).

Die grüne Bewegung zeichnete sich von Anfang an nicht nur durch eine förderalistische, sondern auch durch eine politische Vielfalt aus. Beim Versuch einer nationalen Bündelung der grünen Kräfte entstanden 1983 gleich zwei Formationen. Die gemässigten sogenannten Gurken-Grünen (aussen und innen grün), bestehend aus den erwähnten Gruppierungen und der unbedeutenden Grünen Partei Nordwestschweiz, positionierten sich ausserhalb des Links-Rechts-Schemas. Sie sammelten sich im Mai 1983 in der Föderation der Grünen Parteien der Schweiz, die 1986 in Grüne Partei der Schweiz umbenannt wurde. Bei den Nationalratswahlen 1983 gewann die GPS in Genf, in der Waadt und in Zürich je einen Sitz. Dazu kam 1984 ein weiterer der angeschlossenen Freien Liste Bern. Diese zog 1986 als erste grüne Gruppierung in eine Kantonsregierung ein, und zwar gleich mit zwei Sitzen. Eine rechtslastige, sogenannte kastanien-grüne (aussen grün, innen braun) Tessiner Gruppierung wurde 1991 aus der GPS ausgeschlossen.

Sitze und Stärke der GPS bei nationalen Wahlen 1975-2015

JahrStänderatNationalratWähleranteil (in %)
1975 00,1
1979 10,6
1983 3a1,9
1987 9b4,9
1991 146,1
1995 85,0
1999 85,0
2003 137,4
20072209,6
20112158,4
20151117,1

a Hinzu kommt ein Sitz der Freien Liste Bern.

b Hinzu kommen vier Sitze des Grünen Bündnisses Schweiz.

Sitze und Stärke der GPS bei nationalen Wahlen 1975-2015 -  Bundesamt für Statistik

Die klar links und basisdemokratisch orientierten sogenannten Melonen-Grünen (aussen grün und innen rot) wie die Demokratische Alternative in Bern, das Kritische Forum Ibach in Schwyz, Läbigs Zofige oder das Groupement autrement Vaud sowie die Grün-Alternativen in Zürich und Basel formierten sich im Juni 1983 als Grüne Alternative der Schweiz, blieben bei den Nationalratswahlen aber ohne Erfolg. Nach dem Anschluss der meisten Sektionen der Progressiven Organisationen (POCH) mutierten sie 1987 zum Grünen Bündnis Schweiz (GBS). Im Gefolge der ökologischen Sensibilisierung durch das Waldsterben und die Katastrophen von Tschernobyl und Schweizerhalle erreichte das GBS 1987 vier Nationalratssitze, während die GPS neun Sitze errang. 1991 erfolgte die Vereinigung in der GPS, die sich damit deutlicher auf der politischen Linken situierte und seit 1993 Grüne – Grüne Partei der Schweiz heisst. Mit dem Referendum zur NEAT und der Ablehnung des EWR-Beitritts manövrierte sich die GPS Anfang der 1990er Jahre in eine Abseitsstellung. Dies schlug sich bei den kantonalen und nationalen Wahlen nach 1991 in kontinuierlichen Verlusten nieder, die selbst durch die Zuwanderung weiterer Gruppierungen der Neuen Linken nicht wettgemacht wurden. Ab 1995 wandelte sich die GPS nach einer europapolitischen Kurskorrektur von einer Protest- zu einer Reformpartei und öffnete sich thematisch (Initiativen zum flexiblen Rentenalter und zur Sicherung der AHV durch ökologische Steuerreform). Damit leitete sie die Trendwende ein: 2003 knüpfte die GPS mit 13 Nationalratssitzen bei einem Stimmenanteil von 7,4% an die Erfolge von 1987 und 1991 an. Seit 1987 sind die Schweizer Grünen Mitglied der Föderation der Europäischen Grünen.

Sitze und Stärke der GLP bei nationalen Wahlen 2007-2015

JahrStänderatNationalratWähleranteil (in %)
2007131,4
20112125,4
2015 74,6
Sitze und Stärke der GLP bei nationalen Wahlen 2007-2015 -  Bundesamt für Statistik

Das Klima zu Beginn des 21. Jahrhunderts begünstigte den Umweltschutz mit einem wirtschafts- und sozialliberalen Ansatz. In diesem Umfeld entstand 2003 in der Westschweiz die Bewegung Ecologie libérale, 2004 die Grünliberale Partei Kanton Zürich und 2007 die Grünliberale Partei Schweiz (GLP). 2007 hielt die GPS mit zwei und die GLP mit einem Sitz im Ständerat Einzug, 2011 hatten dort beide Parteien je zwei Sitze inne. Die GPS verfügte 2012 über 24, die GLP über 15 Kantonalparteien. Im selben Jahr war die GPS praktisch in allen Exekutiven der grösseren Städte und in sieben Kantonsregierungen vertreten.

Quellen und Literatur

  • SPJ
  • L. Rebeaud, Die Grünen in der Schweiz, 1987
  • F. Müller-Rommel, Grüne Parteien in Westeuropa, 1993
  • Grün bewegt, hg. von H.B. Schaffner, 2003
  • Die Grünen in der Schweiz, hg. von M. Baer, W. Seitz, 2008
  • A. Ladner, M. Brändle, «Switzerland: the Green Party, alternative and liberal Greens», in Green Parties in Transition, hg. von E. Gene Frankland et al., 2008, 109-128
Von der Redaktion ergänzt
  • Bütikofer, Sarah; Seitz, Werner (Hg.): Die Grünen in der Schweiz. Entwicklung – Wirken – Perspektiven, 2023.
Weblinks

Zitiervorschlag

Ruedi Brassel-Moser: "Grüne Parteien", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.03.2017. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/017413/2017-03-20/, konsultiert am 19.03.2024.