Als Nation wird eine Bevölkerung bezeichnet, die eine gemeinsame, ethnisch (Herkunft, Sprache) oder kulturell-politisch (Geschichte, Traditionen, Religion) definierte Substanz aufweist und so in Kombination mit einem "Land" zu einem "Volk" wird. Während eine ältere Auffassung die Nation als eine natürliche, ursprünglich gegebene Grösse versteht, sieht ein jüngeres Konzept die Nation als Sekundärprodukt, das erst allmählich über den gesellschaftlichen Prozess des nation building zu einem nationalen Zusammengehörigkeitsgefühl findet. Ferner lässt sich eine in Diasporastrukturen stärker am Ethnischen orientierte Vorstellung von Nation (z.B. bei den Juden und Armeniern) von einem am Modell des homogenen Staats orientierten, territorialen Nationenverständnis (idealtypisch im Fall Frankreichs) unterscheiden.
Im Mittelalter verwendete man den Begriff der natio vor allem für die "im gleichen Land geborenen", aber nicht sich in diesem Land aufhaltenden Personen an Universitäten und auf Konzilien. Mittels der Zuschreibung von unverwechselbaren und zumeist positiven Landes- bzw. Bevölkerungseigenschaften erweiterten die Humanisten den Begriff, der dadurch an Breitenwirkung gewann.
Der ethnische oder wenigstens ethnisierende Ansatz wird bis heute je nach historischer Periode unterschiedlich stark vertreten. Obwohl sich das Nationenkonzept auf die Ebene der teilstaatlichen Grössen – etwa die Nation der Waadtländer, Glarner oder Baselbieter – oder auf jene der Landesteile übertragen liesse, entfaltete es sich bloss im nationalen Rahmen. Die ältere Auffassung findet sich zum Beispiel bei Johannes von Müller, der suggeriert, die Schweiz sei vor der Einwanderung der Helvetier leer gewesen. Als nationales Urvolk gelten seit dem späten 19. Jahrhundert bis heute auch die um 1854 "entdeckten" Pfahlbauer, obschon nie eine eindeutige Zuordnung zur Nationalidee erfolgte. In den 1930er Jahren hatte im Zug der Geistigen Landesverteidigung ein ethnisierendes Vergangenheitsverständnis Hochkonjunktur, das dazu führte, dass die bereits für die Zeit vor 1914 belegte Vorstellung eines spezifischen Homo alpinus wieder populär wurde. Ansonsten wird aber der schweizerische Bevölkerungsbestand ohne besondere Hervorhebung des Ethnischen als Schmelztiegel von Rätern, Galloromanen, Alemannen, Burgundern und Langobarden verstanden. In rudimentärer Form kommt ein Abstammungsnationalismus in der Idee des verpflichtenden Erbes der Ahnen und des Patriotismus aus Treue zu den Vorvätern (ohne weibliche Variante) zum Tragen.
Gegen Ende des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts manifestierte sich ein schweizerisches Sonderverständnis, das man als Ausdruck eines frühen Nationalbewusstseins deuten und ereignisgeschichtlich als Folge vor allem der Burgunder- und Schwabenkriege, politisch als Abwehr österreichisch-habsburgischer Geltungsansprüche und kulturell als transnationales Phänomen eines modernen, von Feudalgegebenheiten unabhängigen Länderverständnisses der humanistischen Elite verstehen kann. Aegidius Tschudi vertrat diese Auffassung. Der Mythos vom alteidgenössischen Freiheitskampf nahm einen wichtigen Platz ein und wurde zum Sockel eines historischen Nationalverständnisses, d.h. einer durch den Gang der Geschichte geprägten Idee der Schweiz. Aus dieser Zeit stammt die vom habsburgischen Adel negativ gemeinte und vom eidgenössischen Bund positiv umgedeutete und auch vom Stadtbürgertum beanspruchte Bezeichnung der Bauernnation (Hirtenvolk).
Die Vertreter der Aufklärung schwankten zwischen kosmopolitischen und patriotischen Haltungen, doch war für sie die Nation eine wichtige Bezugsgrösse ihrer Reflexionen. Dies belegen die Schrift "Vom Nationalstolz" (1758) des Brugger Arztes Johann Georg Zimmermann oder die Aktivitäten der 1762 gegründeten Helvetischen Gesellschaft. Die patriotische Reformbewegung der bürgerlichen Elite des 18. Jahrhunderts definierte die schweizerische Nation über Moral und Geschichte und kombinierte beides in historischen Lehrstücken, so in den Geschichten über Arnold Winkelried, Benedikt Fontana oder die Kappeler Milchsuppe, nicht aber über den Bauernkrieg von 1653. Mit der Öffnung der demokratischen Rechte und der jetzt benötigten Legitimation des Staats und der Herrschaft wurde die Nationalidee und die damit verbundene Vorstellung einer grossfamiliären Gemeinschaft ein wichtiges Vehikel der politischen Kohäsion.

Nach einer neueren Auffassung in der Geschichtswissenschaft geht die Schaffung einer politisch-administrativen Einheit dem Nationalverständnis voran. Dieses hatte demnach seine bescheidenen Anfänge in der Helvetik (1798-1803), wurde in der Mediation – zum Beispiel mittels der Hirtenfeste in Unspunnen von 1805 und 1808 – weitergetragen, gewann in der Restaurations- und Regenerationszeit an Schubkraft, gelangte nach der Schaffung des Bundesstaats 1848 zur vollen Entfaltung und erreichte 1891 mit der ersten Bundesfeier seinen Höhepunkt. Dieser Prozess des nation building in der Schweiz verlief parallel zu anderen europäischen Gesellschaften und empfing zusätzliche Impulse durch die Gründung 1861 des italienischen und 1871 des deutschen Nationalstaats. Bereits Zeitgenossen sahen den Ablauf der entstehenden Grössen in der Reihenfolge zuerst Staat, dann nationale Identität. So bemerkte der schweizerische Universitätslehrer Paul Seippel in seinem für das grössere Publikum herausgegebenen Werk "Die Schweiz im neunzehnten Jahrhundert" (3 Bde., 1899-1900), dass das Schweizervolk erst im Laufe dieses Jahrhunderts entstanden sei und sich selbst, im Vertrauen auf seine nationale Kraft und in dem Wollen, eine nationale Einheit zu bilden, geschaffen habe.
Die These, wonach das voll entfaltete Nationalbewusstsein die Nation zur Voraussetzung habe (und nicht umgekehrt), behauptet nicht, dass die Nation aus dem Nichts geschaffen werde und ihrerseits nicht eine minimale Zusammengehörigkeitsvorstellung zu Grunde läge. Dass dieser Prozess aber nicht nur auf Bundesebene, sondern gleichzeitig da und dort auch auf kantonaler Ebene ablief, zeigen als aussagekräftige Beispiele die Verhältnisse in den ehemaligen Untertanengebieten des Aargaus und Tessins, wo sich aus verschiedenen Verwaltungseinheiten eine kantonale Identität entwickelte. Der gesamtschweizerische Nationalismus stösst übrigens im kantonalen oder sprachterritorialen Geltungsanspruch (Territorialitätsprinzip) an seine Grenzen.
Über den Vorgang der Nationalpropaganda inszenierte die politische Elite halb bewusst, halb unbewusst mit verschiedenen Instrumenten die Nation: mit Hilfe der frühen gesamtschweizerischen Vereine, der schweizerischen Offizierslager ab 1820, der in den Schützenfesten und in der Armee wichtiger werdenden Schweizerfahne (Schweizerkreuz), von Münzen und Briefmarken, von Schulbüchern, der Landesausstellungen, der Zentenarfeste, des Rütlikults (Rütli), der ersten Bundesfeier von 1891 und ab 1899 einer bescheidenen Nationalfeier (1. August) sowie einer erst nach langer Diskussion gewählten Nationalhymne. Aber auch moderne Institutionen wie die gesamtschweizerische Post mit ihren eindrücklichen Repräsentationsbauten stifteten nationale Identität, desgleichen die kartografischen Vermessungen ab 1838. Die von Wilhelm Oechsli und anderen Historikern in auflagestarken Büchern vermittelte "Schweizergeschichte" – eine sonderbare Wortschöpfung, wie sie für andere Nationalgeschichten nicht existiert – schuf einen gemeinsamen Wissensbestand, der zu einem wichtigen Element des inneren Zusammenhalts wurde.
Eine spezielle Kategorie des nation building stellte der Umgang mit Naturkatastrophen (z.B. 1806 Goldauer Bergsturz) dar. Diese bildeten mit anderen Katastrophen (u.a. 1798 Nidwaldner Schreckenstage, 1861 Brand von Glarus) an Stelle von Kriegserlebnissen zentrale Mobilisationsereignisse für die Sache der Nation. Zwar fusste die nationale Solidarisierung auf einem minimalen Zusammengehörigkeitsgefühl, doch dieses wurde durch das konkrete Handeln während der Unglücksfälle gestärkt. Ihren Niederschlag findet die Solidarität in Artikel 21 der Bundesverfassung von 1848, der dem neuen Staat die Kompetenz einräumte, "öffentliche Werke" zu finanzieren.
Während die Instrumente und Artikulationsformen für die Propagierung des Nationalbewusstseins erstrangige Bedeutung haben, sind die Inhalte des schweizerischen Selbstbilds zum Teil zwar älter, aber letztlich sekundär. Zu Letzteren gehört die Vorstellung, als Hüter der Freiheit ein auserwähltes Volk zu sein – wobei allerdings die kollektive und nicht die individuelle Freiheit gemeint ist. Ein wichtiges Komplementärelement dazu ist das Prinzip der vom einzelnen Bürger mitgetragenen Wehrhaftigkeit (Wehrpflicht). Der Föderalismus und der konfessionelle wie sprachliche Minderheitenschutz – wiederum in der kollektiven und nicht in der individuellen Variante – benennen weitere Hauptelemente des nationalen Selbstverständnisses. Das Verhältnis zur Aussenwelt wird durch die Idee der kleinstaatlichen Selbstbescheidung, des Republikanismus (Republik) im Gegensatz zu den Monarchien und der Nichteinmischung in fremde Händel (Neutralität) bestimmt. Aus dem Vergleich mit den grösseren, monarchischen, homogeneren und politisch ambitiöseren Nachbarstaaten ergab sich daraus die naheliegende Vorstellung vom Sonderfall Schweiz.

Die Vorstellung, dass eine Gesellschaft über die tägliche oder im akuten Bedarfsfall eingelöste Solidarität eine staatlich verfasste und über Verfassungspatriotismus getragene Willensnation formt, geht ebenfalls über die Auffassung einer gemeinsamen Abstammung und einer natürlich gewachsenen Nation hinaus. Das Selbstbild als Willensnation machte die schweizerische Nation integrationsfähig. So hielt Gottfried Keller 1841 und sogar noch 1872 es durchaus für möglich, dass die Schweiz und Deutschland in ein gemeinsames republikanisches Gebilde aufgehen könnten. In den späten 1880er Jahren vertrat der Staatsrechtler Carl Hilty die Meinung, die Schweiz sei zwar ein Reich Gottes im Kleinen, als das aber ein vorläufiges Gebilde, das einmal in einer grösseren Friedensordnung aufgehen könnte.
Das Konzept der Willensnation geht davon aus, dass der Kreis der Bewohner und der Kreis der Bürger übereinstimmen. Angehöriger der Nation wird man nur über die Einbürgerung und bleibt unter Umständen selbst dann höchstens ein "Papierlischwiizer" (mit Schweizer Pass, aber ohne Verbundenheit mit dem Land), so die nationalistische Polemik. Allerdings sieht das in der Schweiz geltende Bürgerrecht nicht das Gebietsprinzip (ius soli) vor. Da das Abstammungsprinzip (ius sanguinis) die Nationalität definiert, gründet das Bürgerrecht auf ethnischen Kategorien. Wo immer Kinder von Auslandschweizern auf der Welt leben, werden sie als Teil der schweizerischen Nation verstanden, während in der Schweiz geborene Kinder mit nichtschweizerischer Staatsbürgerschaft keine "Landeskinder" sind. Eine Entwicklung hin zu einer gesamteuropäischen Nation ist nicht vorgesehen, obwohl es im Prozess der Gemeinschaftsbildung im schweizerischen und im europäischen Rahmen – im einen Fall unter den Kantonen, im anderen Fall unter den Nationen – durchaus Parallelen gibt. Die Europäische Union wird wohl nie ein Nationalstaat sein und ein föderatives Gebilde sui generis bleiben, hat sie doch das Wesen einer Willensnation.