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vonGenf

Ab dem 11. Jahrhundert bezeugte Genfer Dynastie, die im Mannesstamm 1394 ausgestorben ist. Die korrekte Übersetzung des Titels comes gebennensis lautet Graf von Genf, nicht etwa Graf des Genevois (comte de Genevois), wie es in der älteren, savoyischen und Genfer Historiografie oft heisst. Der Titel Graf von Genf wurde nach dem Aussterben des Geschlechts von Angehörigen des Hauses Savoyen geführt, denen die Region als Apanage übertragen wurde.

Die Familie, deren Ursprung im Dunkeln liegt, stellte 17 Grafen. Gérold, der erste als Graf von Genf belegte Familienangehörige, ist in der Mitte des 11. Jahrhunderts bezeugt. Er war ein Grossneffe Rudolfs III., des letzten Königs von Burgund. Die umfangreichen Besitzungen der Familie lagen im Bistum Genf zwischen dem Genfersee und dem Lac du Bourget, also in der Waadt, im Pays de Gex (vom jüngeren Sohn des Graf Amadeus I. stammen die Herren von Gex ab) und in den heutigen französischen Departementen Ain, Haute-Savoie und Savoie (mit dem Vallée de Chamonix, das 1090 der Abtei Saint-Michel-de-la-Cluse geschenkt wurde, und Michaille, Genevois sowie Annecy). Im Chablais und im savoyischen Bauges hatten die von Genf keinen Besitz. Als Wohltäter von Abteien und Prioraten erweiterten sie ihren Einflussbereich, indem sie Familienmitglieder im Alpen- und Rhonegebiet (Saint-Jean-de-Maurienne, Die, Viviers, Valence) sowie im Königreich Frankreich (Langres, Toul) in geistliche Ämter erhoben und mehrere von ihnen die Bischofswürde erlangten.

Ansicht von Schloss Annecy zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Nach einer Zeichnung von Claude Chastillon, erschienen 1641 als Stich im Werk Topographie française von Jean Boisseau (Bibliothèque de Genève).
Ansicht von Schloss Annecy zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Nach einer Zeichnung von Claude Chastillon, erschienen 1641 als Stich im Werk Topographie française von Jean Boisseau (Bibliothèque de Genève). […]

Die Frage nach den gräflichen Rechten über die Stadt Genf ist umstritten. Eine These geht dahin, dass sie bis 1124 bei den Grafen von Genf lagen, anders als in Sitten und Lausanne, wo der König von Burgund sie dem Bischof übergab. Andere Historiker sind der Ansicht, dass die Grafen von Genf gar nie die Herrschaft über die Stadt ausübten, deren Namen sie trugen; der Herr von Genf war vielmehr der Bischof, der unmittelbar dem Heiligen Römischen Reich unterstellt war. Jedenfalls bauten die von Genf die Burg bei Bourg-de-Four. Die bischöfliche Vormachtstellung mussten sie nach langwierigen Konflikten mit den Bischöfen Humbert von Grammont und Arducius von Faucigny in mehreren Verträgen anerkennen (1124 Seyssel, 1156 Saint-Simon, 1184 Aix-les-Bains und 1219 Desingy).

Bald darauf waren die von Genf mit der Expansion des Hauses Savoyen konfrontiert. Im 13. Jahrhundert bemächtigte sich Peter II. von Savoyen der Herrschaft über grosse Teile der Waadt. Ab 1250 hatten die Familie nördlich des Genfersees keinen Besitz mehr. Sie verlor die Burg bei Bourg-de-Four und ihre Rechte über verschiedene Dörfer auf der Genfer Landschaft, die sie dem Priorat Saint-Victor abtreten musste. Die territoriale Einkreisung der von Genf setzte sich fort, als das Haus Savoyen das Pays de Gex (1353) und das Faucigny (1355) erwarb. Die Grafen von Genf nahmen an den Feudalkriegen des 14. Jahrhunderts teil, zuerst als Verbündete der Faucigny und der Dauphins du Viennois gegen das Haus Savoyen, das sie dann in ihr Lager zog, worauf sie 1358 Vasallen des Hauses Savoyen wurden. Nach und nach zogen sich die von Genf nach Annecy zurück, wo sich ihr wichtigster Besitz konzentrierte.

Ihren ehemaligen Sitz, das Manoir du Novel, gaben die Grafen auf und bauten das Schloss Annecy zur mächtigen Festung aus, einem Hof- und Regierungssitz. Unter Amédée II. (1280-1308), Guillaume III. (1308-1320), dem Gatten der Agnès de Savoie, sowie Amédée III. (1320-1367), der Mahaut de Boulogne heiratete, setzte die institutionelle Zentralisierung ein. Trotz des Widerstands des Genfer Bischofs Alamand de Saint-Jeoire erhielt Amédée III. 1356 von Kaiser Karl IV. das Recht, in seiner Werkstätte im Palais de l'Isle von Annecy Münzen zu prägen. Die Region des Genevois – die Bezeichnung setzte sich nach und nach durch – konnte sich im 14. Jahrhundert behaupten, jedoch ohne den Glanz von benachbarten Herrschaften wie Savoyen oder der Dauphiné zu erreichen. Mit ihren rund 30 Mandements oder Kastlaneien erstreckte sich die Grafschaft im hochsavoyischen Vorderland von den Toren Genfs bis zum Lac du Bourget zwischen Rhone und Voralpen. Sie setzte sich zusammen aus den Landschaften Semine und Val des Usses, Plateau de la Borne, Pays de Thônes, Bassin und Cluse d'Annecy, Albanais sowie verstreuten Marktflecken und Dörfern (Château-Gaillard, La Roche, Thônes, Cruseilles, Chaumont, Seyssel, Alby und Rumilly).

Bis 1394 folgten die fünf Söhne von Amédée III. als Grafen nach: Aimon III., Amédée IV. Jean, Pierre und Robert, der spätere Gegenpapst Clemens VII.. Nach dessen Tod 1394 fiel die Grafschaft an Humbert de Thoire-Villars, einem Neffen von Pierre de Genève, der bis 1400 regierte. Anschliessend gelangte sie an Humberts Onkel Odon von Thoire, der die Rechte 1402 für 45'000 Francs d'or an Amadeus VIII. von Savoyen veräusserte. 1402-1424 gelang es diesem mittels zahlreicher Prozesse und Kämpfe, die Rechte aller Erbschaftsanwärter der Grafen von Genf zu kaufen. Von nun an bildete das Genevois die Apanage der jüngsten Söhne des Hauses Savoyen.

Quellen und Literatur

  • P. Duparc, Le Comté de Genève, 21979
  • Les pays romands au Moyen Age, hg. von A. Paravicini Bagliani et al., 1997, 185-190

Zitiervorschlag

Paul Guichonnet: "Genf, von", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.02.2010, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/019515/2010-02-11/, konsultiert am 19.03.2024.